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Reinhard Divis: Seine Einschätzung zu Österreichs Torhütern

Der ehemalige NHL-Goalie analysiert Österreichs aktuelle Torhüter-Riege. Vom Routinier bis zum jungen Herausforderer. Wer überzeugt, wer noch Potenzial hat.

Reinhard Divis: Seine Einschätzung zu Österreichs Torhütern Foto: © GEPA

Atte Tolvanen, David Kickert und Florian Vorauer - dieses Trio hat Österreichs Tor sowohl bei der erfolgreichen Weltmeisterschaft in Stockholm als auch beim Deutschland-Cup gehütet. Die ausführliche Analyse zum ÖEHV-Team >>>

In ihrem Windschatten ordnen sich weitere Torhüter ein, die in den letzten Monaten im Nationalteam oder im Ausland auf sich aufmerksam gemacht haben.

Einer, der sie alle kennt, ist Reinhard Divis - Österreichs ehemaliger NHL-Goalie und aktueller Tormanntrainer des ÖEHV-Nationalteams. Für LAOLA1 schätzt er die aktuelle Torhüter-Riege ein.

Atte Tolvanen

Atte Tolvanen
Foto: ©GEPA

30 Jahre, EC Red Bull Salzburg, 3 Länderspiele

Der gebürtige Finne wurde im Dezember 2024 eingebürgert. Im November 2021 ist Tolvanen nach Salzburg gekommen, seither hexte er die "Bullen" zu vier Meisterschaften und war dreimal der Playoff-MVP.

Reinhard Divis sagt: "Er hat unbestritten seine Klasse in den letzten Jahren gezeigt. Er ist ein sehr mobiler Goalie, technisch gut ausgebildet – wie alle Skandinavier. Er ist ein ruhiger Typ und ein Vollprofi, weiß, wie er auf seinen Körper schauen muss. Er kann sich relativ schnell auf neue Umstände anpassen, das zeugt von Klasse."

David Kickert

David Kickert
Foto: ©GEPA

31 Jahre, EC Red Bull Salzburg, 73 Länderspiele

Der Wiener hat zur Saison 2022/23 in Salzburg unterschrieben und mimt beim Serienmeister den Backup für Tolvanen. Ausgebildet wurde er bei den Vienna Capitals, der Tormann spielte außerdem beim VSV, den Black Wings Linz und kurze Zeit in Augsburg.

Reinhard Divis sagt: "Ich arbeite schon lange mit ihm zusammen, in Wien haben wir sogar noch zusammengespielt, als er ein junger Bursche war. Das Talent ist unbestritten, technisch hat er alles, was man braucht. Er hat die Größe von einem internationalen Tormann, von der Statur her ist er für einen Torhüter noch prädestinierter als Tolvanen. Wenn er Probleme hat, dann hat es nur einen Grund: Weil er zu tief im Tor steht. Wenn er das Vertrauen in sich selbst hat, die Position zu halten, wo er stehen muss, dann hat man bei den letzten Weltmeisterschaften gesehen, wozu er fähig ist. Er ist unbestritten ein ausgezeichneter Goalie, wenn er es schafft, so zu spielen, wie er es kann und muss."

Florian Vorauer

Florian Vorauer
Foto: ©GEPA

25 Jahre, KAC, 7 Länderspiele

Der Klagenfurter hat sich beim KAC vom Nachwuchs über das damalige Farmteam in der Alps Hockey League bis zu den Profis hochgespielt. In der Saison 2019/20 hat er sein erstes Spiel in der win2day ICE Hockey League absolviert.

Reinhard Divis sagt: "Ich kenne ihn, seit er 14 Jahre alt ist. Er war nie sehr muskulös und biologisch ein Spätzünder, was diese Aggressivität, die man beim Torwartspiel braucht, angeht. Körperlich hat er sich mittlerweile stark aufgebaut, außerdem haben wir es geschafft, dass er in seiner Grundposition tiefer steht. Er ist noch größer als Kickert und wenn er aufrecht spielt, kommt er nicht so schnell runter. Das war anfangs sein Problem - bei einem schnellen Release, wie ihn ein Brian Lebler hat, hatte er bei halbhohen Schüssen keine Chance. Jetzt steht er in seiner Grundposition tiefer, spielt weiter draußen und setzt taktische Vorgaben gut um. Das ist seine Stärke, technisch ist er ebenfalls gut ausgebildet."

Benedikt Oschgan

Benedikt Oschgan
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20 Jahre, Västeräs IK (Schweden), 0 Länderspiele

In der Eishockeyakademie Oberösterreich ausgebildet, hat es der Linzer über das ehemalige Farmteam der Black Wings Linz im Sommer 2024 nach Schweden geschafft. Nach einem Jahr in der U20 der Växjö Lakers spielt er nun in der zweitklassigen HockeyAllsvenskan.

Reinhard Divis sagt: "Dass er letztes Jahr nach Schweden gegangen ist, war für ihn der richtige Schritt. Ich kenne ihn noch aus meiner Zeit in Linz, da war er 10 Jahre alt und flog immer etwas unter dem Radar. Er ist ein harter Arbeiter, ein ruhiger und lieber Bursche, aber noch kein Mann. Er spielt jetzt Männer-Eishockey in Västeräs und hat einen Torwart-Trainer. Er hat seinen Stil in Schweden etwas geändert. Für mich ist er mit den Beinen immer zu breit gestanden, jetzt steht er etwas enger. Dadurch kann er aggressiver und schneller die Richtung wechseln oder sich wegdrücken. Wir werden nach dem Jahr schauen, wie seine Entwicklung weitergeht."

Sebastian Wraneschitz

Sebastian Wraneschitz
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23 Jahre, Vienna Capitals, 2 Länderspiele

Finnland, Schweden, USA, Kanada - Wraneschitz hat als Jugendlicher enorm viel Erfahrung gesammelt. 2023 kehrte er nach Wien zurück, hatte heuer einen starken Saisonstart. Vor der Länderspielpause erlitt er eine Unterkörperverletzung und fällt nun mehrere Monate aus.

Reinhard Divis sagt: "Die Verletzung ist schade, weil er mehrere Spiele hintereinander absolviert und tolle Leistungen gebracht hat. Athletisch ist er solide. Er ist zwar schon lange im Geschäft, hat aber nie wirklich gespielt, weil er entweder krank oder verletzt war. Ich habe keinen Einblick, weshalb diese körperlichen Probleme auftreten. Wie seine Entwicklung weitergeht, ist schwierig vorherzusehen. Warten wir ab, in welcher Form er zurückkommen wird."

Nicolas Wieser

Nicolas Wieser
Foto: ©GEPA

28 Jahre, Graz99ers, 1 Länderspiel

In Villach geboren und aufgewachsen, ging es für ihn im Oktober 2014 in die Red Bull Akademie. Sein erstes ICE-Spiel in Salzburg bestritt er im Jänner 2020, zur Saison 2022/23 zog es Wieser nach Graz.

Reinhard Divis sagt: "Er hat eine tolle Entwicklung hingelegt, in Graz sind sie sehr zufrieden mit ihm. Wenn er gespielt hat, dann immer gut. Er ist ein sehr athletischer und sportlich begabter Goalie. Am Eis ist sein Spielstil hingegen strukturiert, da gibt es wenig Spektakuläres. Heuer kriegt er ein paar mehr Spiele als in der Vergangenheit, letztes Jahr hat er in einer schwierigen Phase für Graz sehr gut gespielt. Auch das Feedback der Spieler, das für einen Goalie wichtig ist, ist positiv. Es hat niemand ein Problem, wenn er mal einspringt, weil sie wissen, dass er gut spielen wird. Ein größeres Lob kann man gar nicht kriegen."

Jakob Brandner

Jakob Brandner
Foto: ©GEPA

24 Jahre, HC Innsbruck, 3 Länderspiele

Der Grazer hat einen ungewöhnlichen Karriereweg hingelegt, spielte zwei Jahre in der dritthöchsten Liga Finnlands und später in Slowenien bei HK Celje. Innsbruck holte ihn vergangene Saison eigentlich nur kurzfristig, doch mit guten Leistungen erspielte er sich einen Vertrag.

Reinhard Divis sagt: "Ich habe ihn damals mit 16 Jahren nach Klagenfurt geholt. Er hat die Größe, ist sehr athletisch. Sein größtes 'Problem': Er ist so ehrgeizig, dass er aufpassen muss, davon nicht aufgefressen werden. Ehrgeiz und der Wille zu arbeiten, sind extrem wichtig. Aber als Goalie brauchst du auch eine gewisse Lockerheit. Ich habe zuletzt vor zwei, drei Jahren mit ihm zusammengearbeitet und kann nicht beurteilen, wie er sich seither persönlich entwickelt hat. Aber mein letzter Stand war, dass er fast zu professionell ist. Er muss aufpassen, dass er nicht zu viel macht. Ich vergleiche ihn ein wenig mit mir, als ich jung war. Ich hatte viele Spiele, in denen ich lange kein Tor bekommen habe, mir aber mein Shutout in den letzten Minuten vermasselt habe. Einmal ist Ralph Krueger zu mir gekommen und hat gesagt: 'Reinhard, relax. Du kannst nicht über drei Stunden hinweg durchgehend konzentriert sein – wenn Drittelpause ist, musst du entspannen.' Das muss er auch noch lernen."

Max Zimmermann

Max Zimmermann
Foto: ©GEPA

26 Jahre, Gap (Frankreich), 1 Länderspiel

Der Wiener hat seine Ausbildung bei den Vienna Capitals genossen und 2017/18 zwei EBEL-Einsätze gesammelt. Diese blieben auch die einzigen, 2021 ging er den Schritt zurück in die AlpsHL nach Zell/See. Heute spielt er beim französischen Erstligisten Gap.

Reinhard Divis sagt: "Er hat die Größe, die technische Ausbildung - er hätte eigentlich alles, was man braucht. In meinen Augen ist er aber zur falschen Zeit in den Kader der Vienna Capitals aufgestiegen. Er ist später nach Zell am See gegangen und war dort der beste Goalie in der Alps Hockey League. Es gibt aber einen riesigen Unterschied von der AlpsHL in die win2day ICE Hockey League und von dort ins Nationalteam und zu einer Weltmeisterschaft. In Frankreich spielt er wieder auf höchstem Liga-Level, dort wird er sich menschlich weiterentwickeln und zählt als Ausländer, muss sich also durchsetzen. Ich finde es toll, dass er den Mut hatte, diesen Schritt nochmal zu machen. Trotzdem muss man seine weitere Entwicklung erst abwarten.

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