Auf der Suche nach Verstärkung auf der Torhüter-Position ist Österreichs Eishockeyverband im Vorjahr in Salzburg fündig geworden. Atte Tolvanen, seit September 2021 in Österreich, hat der Einbürgerung zugestimmt und steht nun vor seinem Karriere-Highlight.
Der 30-Jährige könnte kommenden Freitag in Stockholm ausgerechnet gegen sein Heimatland Finnland und seinen Bruder Eli im ÖEHV-Dress sein WM-Debüt geben. Falls nicht ein privates Glück dazwischenkommt.
Es sind emotionale Wochen für Tolvanen. In seiner vierten Saison in Salzburg hat er die Roten Bullen zum vierten Meistertitel geführt und ist zum dritten Mal zum wertvollsten Spieler im Play-off gekürt worden. Am Sonntag gibt es in Wien die WM-Generalprobe gegen Rekordweltmeister Kanada, danach geht es zur Weltmeisterschaft nach Schweden.
Tolvanen füllt Torhüter-Loch
Während des Turniers könnte ein Abstecher nach Helsinki folgen, steht doch - geplant am 13. Mai - die Geburt seines ersten Kindes bevor. Für Teamchef Roger Bader eine Selbstverständlichkeit, dass Tolvanen dafür freigestellt wird. "Es gibt nichts Schöneres, als ein Kind zu bekommen. Das ist wichtiger als Eishockey", sagte der Teamchef.
Bader war seit dem Karriereende von Bernhard Starkbaum auf Torhüter-Suche. "Ich war immer superhappy, wenn wir mit Starkbaum und David Kickert in eine WM gegangen sind. Nach dem Rücktritt von Starkbaum konnte das Loch nicht gleich gefüllt werden. Von daher sind wir froh, dass wir mit Tolvanen über einen zusätzlichen sehr guten Torhüter verfügen", erklärte Bader.
Im Frühjahr 2024 hat man Tolvanen kontaktiert, der sich rasch für eine Zusage entschied. "Ich habe keine Nachteile gesehen. Für mich war es die Chance, in einem Nationalteam und bei einer WM zu spielen. Und so wie es nun vielleicht passiert, dass ich gegen meinen Bruder spiele. Das waren coole Gedanken, ich hatte nie gedacht, dass so etwas für mich möglich wäre", sagte Tolvanen im APA-Gespräch.
Nur kein Tor vom Bruder bekommen
Tolvanen, seit Dezember Österreicher, debütierte im Februar beim Turnier in Oslo, nun ist die Vorfreude auf Kanada groß. "Es macht Spaß und ist für uns ein richtig guter Test gegen die Besten der Welt", meinte Tolvanen. Der absolute Höhepunkt soll dann am Freitag im Globen von Stockholm folgen.
"Mein ganzes Leben habe ich für dieses Trikot - das finnische Nationaldress - spielen wollen und in der NHL, aber ich wusste, dass es wahrscheinlich nie passieren wird", erklärte der 30-Jährige. Nun stellt er sich auf "seltsame Gefühle" ein, wenn "viel Familie und viele Freunde im Stadion sind und ich auf der anderen Seite spiele".
Und gegen seinen um vier Jahre jüngeren Bruder Eli, Stürmer des NHL-Clubs Seattle Kraken. "Ich wünsche ihm nur das Beste, aber in diesem Spiel will ich kein Tor von ihm bekommen. Ich weiß, er würde den ganzen Sommer darüber reden", sagte Tolvanen.
Letztes Jahr sensationeller Sieg Österreichs
Der Ehrgeiz im Bruderduell war schon in der Jugend da. "Ich habe gegen ihn immer voll gespielt, damit er mich nicht bezwingt. Er hat immer gegen Größere gespielt, vielleicht hat ihm das auf seinem Weg geholfen, weil er einen Weg finden musste, Erfolg zu haben."
Im Vorjahr sind die beiden Brüder während der WM gemeinsam mit ihrem Vater zusammengesessen und haben sich im Fernsehen angeschaut, wie Österreich gegen Finnland eine Sensation schaffte und durch ein Tor 0,2 Sekunden vor der Schlusssirene 3:2 gewann. "Ich hatte eine Wette mit meinem Bruder und er musste mir am nächsten Tag das Mittagessen zahlen", erzählte Tolvanen.
Die "Leijonat" (Löwen) sind also vorgewarnt. Heuer sind zwar neue Trainer und neue Spieler am Werk, aber auf die leichte Schulter werden sie das ÖEHV-Team nicht nehmen.
Klassenerhalt, dann Viertelfinale als Ziel
Aber auch Tolvanen hat mit Österreich viel vor: "Das erste Ziel ist der Klassenerhalt, und natürlich wollen wir in einem nächsten Schritt ins Viertelfinale. Wir haben eine gute Mannschaft, wir müssen gut spielen und die richtigen Spiele gewinnen".
Tolvanen wird in Stockholm mit David Kickert das Torhüter-Gespann bilden. So wie in Salzburg, wo der Austro-Finne die Nummer eins ist und seinen Vertrag schon verlängert hat.
Kickert wird aber auch seine Partien bekommen, Bader hat seine starken Leistungen bei der WM im Vorjahr nicht vergessen. "Die beiden Partien gegen Finnland und Norwegen haben wir auch wegen der Weltklasseleistungen von Kickert gewonnen", stellte er klar.
Erste Einbürgerung seit 2008
Tolvanen ist nicht der erste Finne, der für das ÖEHV-Team eingebürgert wurde. Pentti Jussi Hyytiäinen spielte 1978 die C-WM in Las Palmas, erst danach begann die Zeit der Austros. Rund 45 eingebürgerte Nordamerikaner verstärkten rund drei Jahrzehnte lang das österreichische Team.
Die bis Tolvanen letzte Einbürgerung erfolgte im Dezember 2008 (Mickey Elick), der letzte WM-Einsatz 2011 in Person von Darcy Werenka. Seitdem kam Verstärkung aus Nordamerika nur noch durch die zweite Generation der Austros, also durch Brian Lebler, der heuer sein WM-Comeback gibt, Layne Viveiros und Steven Strong.