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Darum soffen die Innsbrucker Haie ab

LAOLA1-Scout Freimüller mit einer Analyse der Saison des HC Innsbruck:

Darum soffen die Innsbrucker Haie ab Foto: © GEPA

Während die Saisonen in Villach und Graz unter den Erwartungen blieben, kam das Abschneiden der Innsbrucker Haie in der bet-at-home ICE Hockey League eher nicht überraschend.

Die Tiroler belegten in der Qualifikationsrunde nur den fünften und vorletzten Platz, ein einziger Punkt trennte sie vom Schlusslicht, den Graz99ers - dafür derer gleich sechs vom Playoff-Platz.

Ein Rückblick von LAOLA1-Scout Bernd Freimüller auf die Saison des HC Innsbruck:

Schon früh in der Saison stellte sich heraus, was die Stärken und Schwächen der Haie waren. Zwei sehr gute Sturmlinien konnten Spiele entscheiden. Wie in der Vergangenheit mussten die Gegner "outscored" werden, da weder die Defensive noch der Torhüter guten Ligastandards entsprachen.

Wie so oft mussten sich die Haie zur Weihnachtszeit von jeder Hoffnung auf die Top-6 verabschieden – auch wenn eine große Verletzungsserie oder langfristige Ausfälle heuer ausblieben, stieß der dünne Kader in der spielintensiven Zeit schnell an seine Grenzen. In der äußerst engen Qualification Round fehlte ab und an nur ein Alzerl, die beiden Toplinien mussten weiter viel Eiszeit schultern, was aber auf Kosten ihrer Produktivität ging. So waren die Haie das erste Team, das sich auch von theoretischen Playoff-Chancen verabschieden musste, auch aufgrund vieler Ein-Tore-Niederlagen.

Es gab auch Volltreffer im Kader

Die Einkaufspolitik des letzten Sommers präsentierte sich nach Mannschaftsteilen höchst unterschiedlich. Tom McCollum konnte sich zwar in der zweiten Saisonhälfte steigern, war aber nie der benötigte Spitzengoalie, ließ viel zu viele Scheiben nah seinem Körper durchrutschen. Innsbrucker Schlussmänner werden natürlich nie die statistischen Werte ihrer Amtskollegen in Bozen oder Klagenfurt erreichen, McCollum konnte die Torhütermisere in Innsbruck aber auch nicht beheben.

Von den vier neuen Defendern konnte Kevin Tansey vielleicht noch die beste Balance zwischen Defensive und Offensive finden, einen Großteil seiner 28 Punkte verdankte er aber auch seine Rolle als Rammbock im Powerplay. Colton Saucermann wirkte zeitweise unkonzentriert, war aber die gefährlichste Schusswaffe und ein offensives Antriebsrad. Gegen diese beiden fielen Jonathan Racine (mit großen Zuordnungsproblemen) und Adrian Danielsen (in keiner guten Verfassung) stark ab. Danielsen musste nach einer Verletzung auch Mathias Porseland Platz machen. Der einzige Legionärstausch der Saison musste nach Porselands Ausfall wieder rückabgewickelt werden. Jan Lattner durfte bei Vollbestand sogar wieder in den Angriff wechseln, er legt seine Defenderrolle ohnehin immer sehr freizügig aus.

Mit dem aus Norwegen gekommenen Duo Braden Christoffer und Daniel Ciampini gelangen den Haien zwei Volltreffer. Christoffer, ein ungemein wuchtiger Center, der nur ab und an überdrehte, und Ciampini (starke Hände im Verkehr, kann Goalies mit seinem genauen Schuss selbst bei freier Sicht überwältigen) haben sich für bessere Teams oder gar bessere Ligen qualifiziert. Ebenfalls stark: Das Duo Sam Herr (vereint gute Physis mit Abschlussqualitäten) und dem aus Szekesfehervar gekommenen Felix Girard, einem der besten Faceoff-Spieler der Liga.

Das leidige Thema der Österreicher

Coach Mitch O'Keefe – für (fast) alle Legionärsverpflichtungen zuständig – holte mit Deven Sideroff und Max Gerlach noch zwei Flügel, die auch ohne dem Zusatz "U24-Legionäre" durchaus positive Saisonen hinlegten. Sideroff war zwar kein großer Puckeroberer, aber mit einem guten Touch um das Tor herum, Gerlachs Mangel an Größe und Defensivspiel standen seine starken Hände gegenüber.

Christoffer und Ciampini waren Lichtblicke
Foto: © GEPA

O'Keefe bot diese sechs Stürmer meist in den ersten beiden Linien auf, auch wenn dieses Konzept immer wieder aufgeweicht wurde. Aber der Österreicher-Stamm in Innsbruck ist halt weiterhin überschaubar, Christof Kromp war hier mit fünf Treffern schon der Highscorer. Die beste Aufteilung seiner in- und ausländischen Kräfte wird O'Keefe auch in der nächsten Saison beschäftigen.

Kein anderes ICE-Team würde daran denken, regelmäßig ältere Spieler aus der AlpsHL zu holen, die Haie taten das in den beiden letzten Saisonen gleich viermal. Christian Jennes und Thomas Mader riefen auch ihr erwartetes (überschaubares) Niveau ab, Henrik Hochfilzer (allerdings bald verletzt) und Felix Brunner war die ICE mindestens eine Nummer zu groß. Luis Ludin kam während der Saison aus Freiburg zurück, ist körperlich stärker als viele seiner Altersgenossen und hat Potential nach oben. Dario Winkler ließ ab und an Talent aufblitzen, Lukas Bär (wechselte nach seiner Verletzung zwischen Defensive und Offensive hin und her) und Clemens Paulweber mühten sich nach Kräften.

Ein besserer oder zumindest größerer Österreicher-Kern ist wie jeden Sommer das Ziel, Innsbruck gilt allerdings nicht gerade als begehrtes Ziel unter den einheimischen Mid-Level-Kräften.

Hoffnung durch Liga-Erweiterung?

Mitch O'Keefe und sein Assistent Flo Pedevilla konnten die seit Jahren bestehenden Innsbrucker Probleme natürlich nicht ausmerzen, allerdings präsentierte sich die Truppe doch meist als Einheit, die halt an zu geringer Quantität und Qualität scheiterte. Die beiden sind auch nächste Saison am Ruder, von O'Keefe wird ein ähnlich gutes Händchen bei der Legionärsauswahl benötigen wie heuer, in der Defensive wären aber bessere Defensiv-Defender als Racine und Danielsen notwendig.

Die Haie, nie mit großen Mitteln ausgestattet, brachten die Corona-Saison einigermaßen stabil über die Bühne. Durch die Ausweitung der Liga in der nächsten Saison könnten einige Gegner ihrer Kragenweite dazukommen. Um diese (und andere Teams) hinter sich lassen zu können, müssen die (finanziellen) Weichen aber schon bald gestellt werden…

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