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Die Transferprobleme im Eishockey

Die Teams hatten sich im Sommer mit allerlei Widrigkeiten herumzuschlagen.

Die Transferprobleme im Eishockey Foto: © GEPA

Nachdem auch die Graz99ers mit Petr Kolouch und die Black Wings Linz mit Graham Knott auf ihrer monatelangen Centersuche fündig wurden, dürften die Kader für das Auftaktwochenende der win2day ICE Hockey League stehen.

In der DEL dagegen könnte sich noch etwas tun, grundsätzlich sind die Transferaktivitäten in Europa aber großteils beendet.

Ein Blick auf einen Transfersommer mit alten und neuen Problemen - von LAOLA1-Experte Bernd Freimüller:

Alt: Die eierlegende Wollmilchsau

Ein Sportmanager, der bei einem Agenten nach einem rechtsschießenden Offensivverteidiger anfragt, erntet bestenfalls ein müdes Lächeln, im schlimmsten Fall hat er sich als Berufsanfänger geoutet. Und ja, defensiv solid, wenn möglich physisch im Rahmen des Erlaubten und nicht zu alt soll er auch sein.

Diese Spezies ist nur absoluten Großbezahlern vorbehalten und selbst diese müssen oft Abstriche machen. Vergiss einmal die Schlägerseite, aber was ist eigentlich ein Offensivverteidiger? Ein Puckträger wie Alex Wall von den Vienna Capitals, dem es aber wiederum an Schussstärke hapert? Ein PP-Schütze von der rechten Halfwall wie Ryan Culkin, der aber bei Fünf-gegen-Fünf weniger produziert und defensiv luftig agiert? Ein Mann wie Carl Ackered, der in der Slowakei Playstation-Zahlen aufwies, in Graz aber kaum auffiel?

Bei T.J. Brennan würde es natürlich am meisten Übereinkunft geben – seine Qualität, bei Gleichstand als auch im Powerplay Gegner auszutanzen und sich damit freie Schussbahn zu schaffen, ist unbestritten, noch dazu verteidigte er ausnehmend gut. Paul Postmas Schussqualitäten sind auch offensichtlich, er ist ohne Zweifel ein Spitzenmann im Powerplay und der einzige Rechtsschütze in dieser Aufzählung. Dafür muss man bei ihm bei jedem Zweikampf – so er diese überhaupt bestreitet – zittern, dass er nicht wieder das Krankenbett aufsuchen muss.

PP-Quarterbacks – wie sie oft von den Fans gefordert werden, als ob die Teams nur im nächsten Billa-Regel zugreifen müssten – sind eine seltene Spezies, die besten Legionäre bleiben ohnehin drüben und sei es als jahrelange (hochbezahlte) AHL-Veterans.

Ligen wie die ICE müssen sich eben mit Lösungen, bei denen nicht alle Boxen (oder gar sehr wenige) angekreuzt werden können. Teams wie Villach, die Black Wings Linz oder die Graz99ers (so Gustav Bouramman nicht einschlägt) könnten heuer überhaupt ohne den vielzitierten "Einser-Verteidiger" für das Powerplay dastehen.

Alt und neu: Die Centerposition

Egal, ob man mit Teamvertretern oder Agenten sprach – die Centersuche wird von Jahr zu Jahr schwerer. Da reden wir natürlich von Leuten für die ersten beiden Linien, nicht Grindern oder Defensivspezialisten.

Pustertal etwa war sich dieser Problematik schnell bewusst, schlug deswegen bei Marc-Olivier Roy, der letzte Saison bis zum Ausstieg der Bratislava Capitals sehr positiv auffiel, schnell zu und nahm auch den öfters ausklinkenden Daniel Catenacci (seit heuer Italiener im Sinne der ICE) unter Vertrag. Aaron Luchuk wiederum gehört zu der Spezies an AHL/ECHL-Borderlinern, die aufgrund der angespannten Centerlage größere Preise aufrufen können als noch vor wenigen Jahren.

So schnell Pustertal agierte, so lange brauchten eben Teams wie Graz oder Linz, auch Bozen ließ sich von Wunschspieler Mitch Hults (kam dann mit seinem Bruder Cole als Doppelpack) lange hinhalten und verfügt weiterhin nur über drei gelernte Mittelstürmer.

Die angespannte Centerlage führte zu einigen Wahrheits-Unschärfen: Spieler, die jahrelang schon als Flügel spielten, werden als gelernte Pivots angepriesen, selbst wenn sie diese Position zuletzt im Juniorenbereich gespielt haben. Da hofft man halt darauf, dass die Bezeichnung "W/C" bei Eliteprospects für einige Teams schon genügt und keine weiteren Nachforschungen betrieben werden.  

Wohlgemerkt, die Positionen im heutigen Eishockey verschwimmen immer mehr, gerade in der Offensivzone. Nur: Faceoffs sind weiter entscheidend und gerade im defensiven Stellungsspiel unterscheidet sich die Center-Spreu vom Weizen, müssen sie doch weit mehr Arbeit unterhalb der Bully-Punkte bzw. gar der Torlinie absolvieren als die Winger.

Neu: Bizarre und reale Absagegründe

"Ich spiele in keinem Kriegsgebiet", schmetterte ein Übersee-Spieler einem interessierten Manager entgegen. Wohlgemerkt, nicht Michalovce oder einem anderen slowakischen Team im Osten des Landes und damit in der Nähe der Ukraine. Da hätte man die Bedenken, auch wenn sie natürlich unbegründet sind, noch mit einer geografischen Unschärfe abtun können. Nein, ein DEL-Team musste sich diese Absage anhören.

Corona und die dazugehörigen Maßnahmen der letzten Jahre haben auch einige Spieler abgeschreckt, noch dazu, wenn man diese mit denen in den USA vergleicht. Warum eventuell wieder mit Masken herumrennen, vielleicht gar seinem Gehalt nachlaufen, wenn es zuhause viel einfacher geht? Doch dieses Thema gerät immer mehr in den Hintergrund – im Gegensatz zur ICE, die es nach dem Fiasko des Vorjahres wieder mit Covid-Waivern probiert, macht die DEL keine allgemeinen Vorgaben mehr.

Ein Thema, das im Frühjahr noch gar keines war, geriet im Laufe des Sommers immer mehr in den Vordergrund und wird auch in den nächsten Jahren zu einem Problem werden: Die 3ICE.

Dabei handelte es sich um ein erstmals durchgeführtes Sommerturnier, wo in den USA sechs Teams Drei-gegen-Drei-Eishockey ausspielten. Dabei waren auch Cracks, die seit Jahren erstmals wieder die Schlittschuhe schnürten oder Randerscheinungen, aber doch auch Spieler, die in Europa Engagements hatten oder anstrebten.

Im Allgemeinen nichts Schlechtes dabei, wenn sich Spieler so fit halten. Das Problem dabei: Die Liga begann am 18. Juni, das Finalturnier stieg am 20. August in Las Vegas. Die Camps in Europa – fast alle Ligen beginnen am Wochenende 15.-17. September - starteten Anfang August, die Überschneidung liegt auf der Hand.

Einige Cracks realisierten erst weit nach ihrer Unterschrift in Europa, wieviel Geld sie mit diesem Turnier eigentlich verdienen könnten. Mit Siegesprämien kommt man da schon auf mindestens 40.000 bis 50.000 Dollar, bei einem Finalsieg insgesamt fast auf unglaubliche 200.000 Dollar! Und das noch beim derzeit sehr harten Dollar! Da kann man durchaus Verständnis dafür aufbringen, dass so manchem Spieler dieses Geld mit leichtem Sommerhockey wichtiger war als weit weniger Penunze für die ganze Saison.

Die Vienna Capitals trennten sich aus diesem Grund von Mark Auk, der nicht Anfang Juli nach Europa kommen wollte, jetzt aber mit diesem Geld und seinem neuen Vertrag in Norwegen sicher sehr gut aussteigt. DEL2-Team Bad Nauheim hingegen erlaubte es Tim Coffman, erst nach dem 3ICE-Finale anzureisen, wohl im Wissen, dass es sich bei ihm auch mit weniger Mannschaftstraining um einen Spitzenmann handle.

Die 3ICE wird – so sie nicht den Weg allen Fleisches geht – auch in den nächsten Jahren ein Thema sein, noch dazu, wo sie jetzt sicher in aller Spieler Munde ist und bessere Cracks rekrutieren kann. Alle europäischen Teams sollten also im nächsten Jahr bei nordamerikanischen Spielern sicherstellen, dass diese beim Trainingsauftakt auf der Matte stehen oder mit Verspätungen klarkommen. Umgekehrt könnten 3ICE-Teilnehmer in Zukunft zu Spielern werden, die sehr spät in Europa angeboten werden und erst knapp vor Saisonbeginn auf der Dacke stehen...

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