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Was hinter Red Bull München steckt

Schwesternklub Salzburgs unter der Lupe! So sind CHL-Kontrahenten verbunden:

Was hinter Red Bull München steckt

"El Dosico" am Eis – Red Bull Salzburg gegen Red Bull München! Die Champions Hockey League bekommt im Halbfinale (Hinspiel am Dienstag ab 19:30 Uhr im LIVE-Ticker) das "Schwesternduell" der beiden Bullen-Klubs serviert.

Nach den ersten Spielen zwischen Salzburg und Leipzig im Fußball treffen auch die beiden Vertreter im Eishockey erstmals aufeinander.

 Die Sorgen vor "Stallorder" wurden auf dem Grün mit zwei Salzburger Erfolgen ausgeräumt, auch auf dem Eis wird damit nicht zu rechnen sein – zu viel Prestige steckt für beide Klubs, die grundsätzlich getrennt sind,  in der Sache.

Dennoch gibt es klare Verbindungen zwischen Salzburg und München. LAOLA1 mit einer kleinen Übersicht über den Münchner Zwillingsklub und wo sich die Zusammenarbeit verorten lässt:

Die Übernahme des EHC München

Eishockey in der höchsten Spielklasse des Landes war im Falle des EC Red Bull Salzburg, ähnlich wie im Fußball-Bereich, eine Herzensangelegenheit von Dietrich Mateschitz. So wurde im Jahr 2000 der EC Salzburg übernommen, vor der Saison 2004/05 gelang der Aufstieg in die EBEL.

Der Rest ist bekannt: Fünf EBEL-Titel, aktuell zumindest der Status als österreichischer Meister, nachdem man im letztjährigen Finale dem HC Bozen unterlag.

Salzburg ist als Liga-Krösus in Sachen Finanzen jener Klub mit dem am breitesten aufgestellten Kader und "prominentesten" Ex-NHLern, wie zuletzt etwa Peter Mueller, Rob Schremp und Chris VandeVelde.

Die Hintergründe hinter der Übernahme des EHC München waren andere: Es wurde eine günstige Gelegenheit ergriffen. Auf der Suche nach einer Einstiegsmöglichkeit in den sportlich und geschäftsstrategisch größeren Markt der DEL bzw. Deutschlands kam der strauchelnde Verein aus der bayrischen Landeshauptstadt gerade richtig.

Der "alte" EHC steckte in Geldproblemen
Foto: © GEPA

Die Münchner waren 2010 in die höchste Spielklasse aufgestiegen, doch die finanzielle Lage war eine schwierige: Drei Millionen Euro Miese schrieb man pro Saison. Im Mai 2012 drohte das Aus, Präsident Jürgen Bochanski sprach bereits vom "endgültigen Tod". Eine günstige Gelegenheit, nachdem ein Einstieg bei den Starbulls Rosenheim mit möglichem Aufbau von unten nicht auf großes Gegeninteresse stieß.

Kurz darauf: Die große Aufbruchsstimmung in Bayern. Red Bull stieg als Haupt- und Namenssponsor ein, nachdem die Verhandlungen des EHC mit städtischen Betrieben gescheitert waren. Die Politik sah sich nicht dafür verantwortlich, einen Profiverein zu retten.

Man gab dem nunmehrigen EHC Red Bull München ein "Übergangsjahr" Zeit, in der man das sportliche Potenzial unter Beweis stellen durfte – bis zu einer kompletten Übernahme durch den Getränkehersteller.

Die passierte im März 2013, und es wurde kräftig umgekrempelt. Pierre Page, zuvor Head Coach und Head of Hockey Operations in Personalunion bei Salzburg wurde Cheftrainer, Rene Dimter, zuvor Chef der Eishockey-Aktivitäten in der Mozartstadt zum (Mit-)Geschäftsführer ernannt und ein Großteil der Mannschaft ausgetauscht.

Nur ein Jahr später kehrte Page für Nachwuchs-Angelegenheiten nach Österreich zurück. Don Jackson, der seinen Platz in Salzburg eingenommen hatte, wurde neuer Cheftrainer. Und unter dem mehrfachen Meistertrainer der Eisbären Berlin wird seither Erfolgsgeschichte geschrieben: 2017/18 holte der EHC Red Bull München bereits seinen dritten DEL-Titel in Folge.

Der Standort München mag sich für Red Bull zufällig aufgetan haben, ungünstig ist er nicht: So ist München auch für das Unternehmen Red Bull Dreh- und Angelpunkt des deutschen Markts, die "Red Bull Deutschland GmbH" sitzt in der Stadt, 90 Minuten Fahrzeit nach Salzburg kommen praktischerweise dazu.

                                                                                                                               

Wo liegen die direkten Verbindungen?

Wer zu Beginn des Red-Bull-Eishockey-Projekts in München befürchtete, dass Salzburg in Zukunft alle Leistungsträger mittelfristig abhandenkommen würden, wurde eines Besseren belehrt.

Die direkten (und dauerhaften Transfers) zwischen den Profi-Abteilungen lassen sich an zwei Händen abzählen. Einzig in den Anfangsjahren gab es nennenswerte Bewegungen, so wanderten etwa der heutige Grazer Evan Brophey oder Ryan Duncan, der bald wieder zurückkehren sollte, nach München. Seit dem Jahr 2014 sind die Transfers gestandener Spieler zwischen Salzburg und München gänzlich eingestellt.

Don Jackson ist Serien-Meistermacher
Foto: © GEPA

Hinter der Bande bzw. den Kulissen waren und sind die Verbindungen mit Pierre Page, Ex-Coach Don Jackson und Rene Dimter größere.

Das "Mastermind" hinter den Red-Bull-Nachwuchstätigkeiten im Eishockey, Pierre Page, hat mit der Akademie ein Grundgerüst aufgebaut, von dem beide Vereine gleichermaßen und stark miteinander verbunden profitieren. 2016 verließ der Kanadier die RB-Organisation, um sich anderen Projekten zuzuwenden. Der ehemalige deutsche National-Torhüter Helmut de Raaf ist seither für den Nachwuchsbereich in Salzburg zuständig, er war zuvor Assistant Coach unter Page und Jackson beim EHC.

Im Profibereich ist Rene Dimter, früher die rechte Hand von Pierre Page, Hauptverantwortlicher für die Eishockey-Machenschaften des Konzerns. Zwar wirtschaften und treffen die beiden Vereine ihre Kaderentscheidungen getrennt voneinander, beim "Managing Director" laufen die Fäden über Budgetentscheidungen jedoch zusammen. Er kann im Zweifelsfall die letzte Entscheidung treffen.

 

Die gemeinsame Academy

Das Herzstück der Red-Bull-Eishockey-Welt: Die gemeinsame Akademie in Salzburg, die sich zudem ein Gebäude mit dem Fußball-Nachwuchs teilt.

Rund 200 Meter von der Saalach und der österreichisch-deutschen Grenze entfernt, reifen hier Talente aus beiden Ländern (je 40 Prozent Anteil) ebenso wie internationale Youngster (20 Prozent) zu Profis heran.

Schon 2007, sieben Jahre vor der Eröffnung des jetzigen Gebäudes, führte Pierre Page das "International Icehockey Development Model", kurz IIDM, zur Entwicklung von 14-20-jährigen Talenten ein.

In den Jahren darauf fanden viele Nachwuchsspieler den Einstieg ins Profigeschäft, darunter etwa die Goalies Luka Gracnar und Thomas Höneckl. Das erklärte Ziel Pages war es jedoch, am Ende ihrer Entwicklung sogar Spieler in die NHL zu bringen.

Die RB-Akademie für Fußball und Eishockey
Foto: © GEPA

Seit dem Einstieg Red Bulls profitiert auch der EHC München von der Arbeit, die in der Salzburger Akademie verrichtet wird. Schon ab 2013/14 fanden erste Absolventen ihren Einstieg bei den Profis nicht beim EC Red Bull Salzburg, sondern in München – etwa die Deutschen Andreas Eder und Jakob Mayenschein, die nun mit dem EHC Salzburg im CHL-Halbfinale gegenüberstehen.

Insgesamt 35 Cracks debütierten nach ihrer Zeit in der Salzburger Akademie beim EC Red Bull Salzburg im Profibereich, darunter mit Dominique Heinrich, Florian Baltram und Peter Hochkofler Leistungsträger der gegenwärtigen EBEL-Mannschaft. Auf Seiten der Münchner umfasst die Liste 14 Spieler.

Mit dem Ende Pages in der Organisation und der Übernahme der Nachwuchs-Angelegenheiten durch Helmut de Raaf ist auch offiziell ein Philosophie-Wechsel vollzogen, die Ausbildung von Spielern speziell für die Klubs in Salzburg und München oberste Prämisse der Academy.

Aufgrund der nationalen Beschränkungen hinsichtlich der eingesetzten Legionäre ist die Herangehensweise naheliegend: So finden Nachwuchsspieler deutscher Abstammung tendenziell den Weg nach München, während Österreicher in Salzburg verbleiben. Internationale Spieler nutzen die Salzburger Akademie häufig als Zwischenstation in ihrer Ausbildung.

Der Unterbau der eingesetzten Mannschaften ist aber derselbe: Dazu zählen die Nachwuchsteams der U15, U16 und U18 (in der tschechischen U19-Liga) und die Red Bull Hockey Juniors in der Alps Hockey League als "Farmteam" Salzburgs, auf dessen Spieler auch der deutsche Ableger nach Rücksprache zurückgreifen kann.

Mit dem SC Riessersee verfügt der EHC auf deutscher Seite ebenfalls über einen Partnerklub, der eher zum Ersatz und Wiederaufbau verletzter Spieler herangezogen wird.

 

Das Stadionprojekt als Münchner Zukunftshoffnung

Mit dem sportlichen Erfolg des EHC Red Bull München wurde auch die Politik wieder auf den Klub aufmerksam. Der ausdrückliche Wunsch Red Bulls bzw. von Dietrich Mateschitz, am Standort München eine neue Halle in Angriff zu nehmen, hat in jüngerer Vergangenheit neue Impulse bekommen.

 Momentan spielt der EHC Red Bull München nämlich im 50 Jahre alten, mit nur ca. 1.500 Sitzplätzen ausgestatteten Olympia-Eissportzentrum.

Im Juli 2018 beschloss der Münchner Stadtrat einstimmig die Errichtung einer neuen Multifunktions-Arena, die neben den Eishockey-Bullen auch die Basketballer des FC Bayern München beherbergen soll.

Die alte Olympiahalle hat bald ausgedient
Foto: © GEPA

Seitens Red Bull wurde für dieses Projekt die "Red Bull Stadion München GmbH" gegründet, Red Bull wird als Investor auch die Kosten des Projekts tragen und laut Medienberichten rund 100 Millionen Euro reinstecken, während die Bayern und die Stadt München als Mieter fungieren.

Auch "SAP", die Software-Firma von Hoffenheim-Eigentümer Dietmar Hopp, ist in das Projekt involviert und soll als Technologiepartner agieren. Dazu hat man die Namensrechte inne, der Bau soll aber nicht "SAP-Arena" heißen.

Die neue Spielstätte, deren Eröffnung für 2021 anvisiert ist, soll 11.500 Plätze bieten, dazu kommen eine Tiefgarage und ein Restaurant. Neben der Halle entstehen drei Trainingsflächen.

Zu finden sein wird das neue Gebäude im Olympiapark an der Stelle des alten Radstadions. Die Pläne werden demnächst fixiert, im Sommer könnte der Spatenstich erfolgen.

Und mit der millionenschweren Investition soll dem Eishockey in München, zuvor stiefmütterlich behandelt, nach den sportlichen Erfolgen endgültig die große Initialzündung gegeben werden.

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