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Trattnig über CHL-Halbfinale: "Noch kein Erfolg"

Salzburg-Leithammel Matthias Trattnig vor dem CHL-Showdown im Interview:

Trattnig über CHL-Halbfinale: Foto: © GEPA

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Heute Mittwoch (ab 20:20 Uhr im LIVE-Ticker) entscheidet es sich: Red Bull Salzburg spielt gegen Red Bull München um die Teilnahme am Finale der Champions Hockey League.

Nach dem intensiven 0:0 im Hinspiel geht es in der Mozartstadt im zweiten "Bruderduell" mit "dem anderen Red-Bull-Klub" um alles. International ist es jetzt schon der größte Erfolg der Vereinsgeschichte und eine historische Marke für das österreichische Eishockey im fünf Jahre alten Bewerb.

Salzburg ist als Gründungsmitglied der CHL Stammgast und war bei allen fünf Auflagen dabei. Eine der Fixgrößen im Kader: Der Kapitän, Matthias Trattnig.

Der 39-Jährige ist seit 2005 beim Verein und feierte alle großen Erfolge, vor allem die sechs EBEL-Titel, mit. Im April wird "der Büffel" 40 Jahre alt und seine Karriere nach der laufenden Spielzeit beenden - vielleicht nach einem der denkwürdigsten Meilensteine seiner Laufbahn.

Im LAOLA1-Interview spricht der Defensiv-Routinier über das Rückspiel gegen München, die Vorzüge der Red-Bull-Organisation für einen Spieler und den Stellenwert der Champions Hockey League.

LAOLA1: Das Duell mit Red Bull München wurde heiß erwartet, das Hinspiel war hart umkämpft. Mit welchen neuen Erkenntnissen geht ihr jetzt in die Entscheidung?

Matthias Trattnig: Wenn man gegen eine neue Mannschaft spielt, weiß man nie ganz, wo man steht. Wir haben gewusst, dass München ein sehr gutes Team ist, aber schwer mit unseren bisherigen CHL-Gegnern zu vergleichen. Wir haben ein sehr gutes Spiel gemacht, es gab auf beiden Seiten viele Chancen. Das Rückspiel ist ein "Spiel sieben" – es geht um alles, da sind einzelne Erkenntnisse wurscht. Wir wissen, dass wir eisläuferisch auf einer Höhe sind. In solchen Spielen ist es auch ziemlich egal, ob man daheim spielt. Es war gut, unsere letzte EBEL-Partie das Heimspiel gegen die Black Wings Linz war, dadurch waren wir jetzt nicht viel mit dem Bus unterwegs. Außerdem gab es einen Tag mehr Ruhepause. Seit Oktober haben wir fast jede Woche drei Spiele, dementsprechend ist das für uns ein kleiner Vorteil, dass wir nicht anreisen müssen.

LAOLA1: Eine kurze Einschätzung über das Red-Bull-Engagement im Eishockey ganz allgemein - was sind die größten Vorteile, die der einzelne Spieler in dieser Organisation genießt?

 

>>> Das CHL-Halbfinal-Rückspiel RB Salzburg - RB München ab 20:20 Uhr im LIVE-Ticker <<<

Ich kann noch nicht sagen, dass es ein Erfolg ist. Wir haben bis jetzt eine gute Leistung gezeigt. Aber Erfolg heißt für mich eigentlich, dass man den Titel gewinnt.

Trattnig: Das Umfeld ist 100 Prozent professionell. Eigene Physiotherapie, eigene Teamärzte, zwei Fitnesstrainer nur bei uns, Sommertraining - wenn es darum geht, dich zu verbessern, gesund zu bleiben oder wieder zu werden, hast du hier alle Möglichkeiten. Ich war in Schweden und Deutschland, aber hier bei Red Bull hat man einzigartige Trainingsmöglichkeiten.

LAOLA1: Ist das in München 1:1 zu vergleichen?

Trattnig: Ich weiß, dass sie ähnlich aufgestellt sind wie wir. Aus ihrer alten Halle haben sie alles herausgeholt. Wir haben den Vorteil, dass die Akademie in Salzburg steht und wir diese Räumlichkeiten auch mit den Profis nutzen können. Zwei Eisflächen, eine Schwimmhalle und eine Sauna, Therapieräume... wir haben hier alle Vorteile der Nachwuchseinrichtungen. Aber grundsätzlich denke ich, dass den Spielern dort ähnlich viel geboten wird. Von der Struktur her gibt es zwischen München und uns sicher nicht viele Unterschiede.

LAOLA1: Die direkten Berührungspunkte auf der Profi-Ebene sind zwischen den Teams aber enden wollend.

Trattnig: Wir sehen uns zwei Wochen im Sommer, wenn beide Teams die Akademie nutzen, und jetzt zum ersten Mal in der CHL, das war es eigentlich. Es ist wirklich stark getrennt, weil jeder Verein seinen Staff hat.

LAOLA1: Also ist die Brisanz des Duells gar nicht auf persönlichen Verbindungen gefußt.

Trattnig: Das braucht es auch gar nicht. Die Spieler kennen sich von den Nationalmannschaften, zumindest die älteren. Aber das Prestige innerhalb von Red Bull reicht aus. Jeder möchte hier die Nummer eins sein, und die tatsächliche sportliche Nummer eins wird am Eis entschieden. Ich weiß nicht, ob es dieses Duell überhaupt je wieder geben wird. Das darf man nicht unterschätzen.

LAOLA1: Wie hast du den damaligen Einstieg von Red Bull in München gesehen? Befürchtungen wegen der neuen internen Konkurrenz?

Trattnig: Nein, ich finde das sehr gut. Ich hoffe, dass Red Bull noch weitere Vereine im Eishockey unterstützt oder gar kauft. Für das Eishockey in Österreich war und ist es ein riesiger Push, auch für das Eishockey in Deutschland ist es gut, wenn eine Firma mit so einem professionellen Auftritt engagiert ist. Alles, was dazu kommt, ist nur gut für die Organisation. Ich habe das damals nur positiv gesehen, warum nicht? Ich bin natürlich Eishockey-Fan, wenn sich so eine Weltmarke, so ein Weltkonzern diesem Sport widmet, dann ist das nur positiv.

LAOLA1: Von außen betrachtet ergibt es ein wenig schiefe Optik, wenn zwei so stark miteinander verbundene Vereine miteinander konkurrieren müssen. Diese Situation gab es zwischen Salzburg und Leipzig nun auch schon im Fußball. Wie lautet deine Meinung dazu?

Trattnig: Ich verstehe diese Leute nicht, die auch Dinge behaupten, dass man etwa in den Playoffs ein Spiel abschenkt, um noch einmal daheim zu spielen und die Einnahmen zu haben. Das ist kompletter Blödsinn. Ich kann mir das gar nicht vorstellen, dass da jemand hereinkäme und ein Spiel absprechen will. Das gibt es einfach nicht. Vielleicht in anderen Ländern, aber bei uns sicher nicht. Die eine Mannschaft spielt in der DEL, die andere in Salzburg, wer oder was dahinter steht: Jeder Spieler möchte am Eis unbedingt gewinnen, überhaupt wenn es um so viel geht. Also wer auch immer davon redet, dass das komisch sein soll… der kennt sich im Profisport nicht aus.

LAOLA1: Ihr seid Stammgast in der CHL und schneidet immer gut ab, zumindest im Vergleich zu anderen EBEL-Teams. Warum ist die CHL so eine Salzburger Spezialität?

Trattnig: Salzburg ist ein Gründungsmitglied, wir waren von Anfang an dabei und der Stellenwert ist bei uns immer groß gewesen. Was uns sehr zugute kommt, ist die körperliche Fitness. Angefangen bei unseren Fitnesstrainern über den ganzen Verein ist das die Jahre über sehr forciert worden. Das ist für uns international ein Vorteil, dass wir über drei Drittel ein sehr hohes Tempo mitgehen können.

LAOLA1: Die K.o.-Runden in der CHL werden in zwei Spielen entschieden. Was ist der grundlegende Unterschied zu Sieben-Spiele-Serien?

Trattnig: Die Playoffs sind was ganz besonderes im Eishockey, so eine "Best-of-seven"-Serie gegen eine andere Mannschaft, das ist... ich würde fast sagen, wie Krieg. Im Eishockey kann die Scheibe in einem Spiel für eine Mannschaft springen. Man kann das bessere Team nicht mit ein, zwei Spielen herausfinden. Wir können eine Mannschaft 5:0 schlagen und übermorgen verlieren wir gegen sie 1:4. Der Kick ist in der CHL mit Hin- und Rückspiel natürlich höher.

LAOLA1: Ändert das etwas an der sportlichen Wertigkeit der CHL?

Für uns Spieler ist es lustig zu spielen, wir haben im Sommer weniger Vorbereitungsspiele, die nichts wert sind, sondern spielen gleich um etwas gegen gute Mannschaften. Es muss von den Fans nur noch besser angenommen werden.

Trattnig (überlegt): Nein, würde ich nicht sagen. Man kennt das Format im Vorhinein. In einer EBEL-Saison muss man auch schauen, dass man es unter die ersten Acht schafft und dann in einem Monat seine ganze Leistung abruft. In der CHL musst du das eben in jedem Spiel. Es erinnert mich etwas ans College, da hat man auch sehr wenige Spiele. Bei einem Hin- und Rückspiel kann man sich nicht ausruhen. Man hat schon in München gesehen, welche Intensität da drin ist, wie sich die Spieler in Schüsse reinhauen. Ich kann beiden Formaten sehr viel abgewinnen.

LAOLA1: Wie siehst du die Entwicklung der CHL in den ersten fünf Jahren?

Trattnig: Schwer zu sagen, weil ich sehr voreingenommen bin – wir stehen im Halbfinale! Allein dadurch gibt es für mich persönlich eine hohe Aufwertung. In den letzten Jahren habe ich das Geschehen nach unserem Ausscheiden immer ein wenig aus den Augen verloren. Ich glaube, die CHL ist zukunftsträchtig, ich finde die Spiele unglaublich eng und gut anzusehen. Es ist ein wenig Playoff-Eishockey schon während der Saison. Ich finde den Modus gut, ich denke auch nicht, dass es überhaupt einen anderen bei den regulären Meisterschaften geben könnte. Für uns Spieler ist es lustig zu spielen, wir haben im Sommer weniger Vorbereitungsspiele, die nichts wert sind, sondern spielen gleich um etwas gegen gute Mannschaften. Es muss von den Fans nur noch besser angenommen werden. In Bern ist die Halle randvoll, woanders ist wenig los. Da muss man auch die Vereine in die Pflicht nehmen, es richtig zu verkaufen. Ein europäischer Vergleich kann für die Fans eigentlich nur interessant sein.

LAOLA1: Wie ist der Halbfinal-Einzug vor dem momentanen Standing im Vergleich zu anderen Erfolgen, die du mit Salzburg schon feiern durftest, einzuschätzen?

Trattnig: Ich kann noch nicht sagen, dass es ein Erfolg ist. Wir haben bis jetzt eine gute Leistung gezeigt. Aber Erfolg heißt für mich eigentlich, dass man den Titel gewinnt. Es ist auf jeden Fall sehr hoch einzuschätzen, aber noch nicht mit etwas zu vergleichen, wo du wirklich als Sieger hervorgehst. Es hätte sich keiner gedacht, dass eine österreichische Mannschaft ins Halbfinale kommt, darauf können wir schon sehr stolz sein. Ich glaube jedoch, das Standing wird immer höher. Die Gruppenphase fängt schon im Sommer an, Eishockey im Sommer ist immer ein zweischneidiges Schwert, man muss erst in Form und die Zuschauer in die Halle kommen. Aber der Andrang steigt. Man merkt, dass die Leute interessiert sind. Am Ende geht es um Entertainment. Es bringt nichts, wenn man um den WM-Titel spielt und eine Person schaut zu. Und sportlich? Kärpät führt die finnische Liga deutlich an!

LAOLA1: Die Doppelbelastung war bei euch über die ganze Saison ein Thema.

Trattnig: Ja, das habe ich ein wenig unterschätzt. Zwei Spiele in der Woche sind wenig. Aber wenn du jede Woche noch Dienstag oder Mittwoch Spiele hast, dazu weit weg... Wir waren in Rouen, unser Flug ist ausgefallen, 13 Stunden mit dem Zug, dreimal umsteigen mit der Eishockey-Tasche - ist auch geil, aber irgendwann zieht es sich schon. Es ist eine Erfahrung. Es gibt im Februar eine Nationalteam-Pause, wo wir verschnaufen können, aber es hört nicht auf. Wir haben anstrengende Wochen, es ist eine sehr spezielle und anstrengende Saison, eben durch die CHL-Spiele. Aber die heiße Phase in der Meisterschaft kommt erst, wir haben noch sieben Spiele im Grunddurchgang und sind acht Punkte vom Strich entfernt.

Ich habe immer zum jeweiligen Zeitpunkt die beste Entscheidung getroffen, die zu treffen war. Salzburg ist eine Mannschaft, bei der man immer die Chance hat, zu gewinnen, es gibt auch europäische Ziele. Das hat für mich immer gepasst.

LAOLA1: Deine Karriere neigt sich dem Ende zu, die letzten 14 Jahre hast du in Salzburg verbracht. Hast du im Nachhinein das Gefühl, etwas versäumt zu haben?

Trattnig: Überhaupt nicht. Ich war neun oder zehn Jahre im Ausland, auf der High School, im College, der AHL, Schweden und Deutschland... Ich habe immer zum jeweiligen Zeitpunkt die beste Entscheidung getroffen, die zu treffen war. Salzburg ist eine Mannschaft, bei der man immer die Chance hat, zu gewinnen, es gibt auch europäische Ziele. Das hat für mich immer gepasst. Es war nicht so, dass ich unbedingt 14 Jahre hier spielen wollte, das hat sich einfach so ergeben, weil es immer die beste Situation und beste Lösung für mich war. Wie viele Spieler gibt es, die so lange bei einem Verein, und dann noch bei so einem erfolgreichen, bleiben dürfen? Da bereue ich überhaupt nichts.

LAOLA1: Und was kommt danach für dich? Nur mehr das Hotelier-Geschäft oder wirst du auch dem Eishockey erhalten bleiben?

Trattnig: Die Hotelier-Sache geht jetzt schon seit ein paar Jahren auch nebenbei. Wir haben zum Glück nur neun Monate Saison. Das ist die eine Seite, die ist ungefähr vorprogrammiert, aber das ist auch keine große Belastung und zudem mein eigener Wunsch. Was dann mit Eishockey passiert, weiß ich noch nicht, aber im April ist es erst einmal aus. Der Sommer geht sowieso immer schnell vorbei, da möchte ich einmal gar nichts machen. Ich brauche ein bisschen Zeit für mich, um alles zu sortieren und abzuschalten, im Winter mal den Winter genießen. Dann wird sowieso die Zeit kommen, wo mir mal richtig fad ist – oder auch nicht. Und dann bin ich bereit, etwas Neues zu entscheiden. Ob das was mit Eishockey zu tun haben wird, sieht man dann. Ich möchte erst einmal wirklich den Cut machen, bei Null anfangen und alles ruhen lassen. Ich bin im April 40 Jahre alt, mit 15 Jahren ins Ausland gegangen, das sind dann 25 Jahre im Eishockey. Es wird sicher eine interessante, auch schwere Zeit danach. Ich lasse alles auf mich zukommen und werde dann schauen, was, wann und wo.

 

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