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Dominic Thiems wiedergefundene Leichtigkeit des Seins

Nach schwierigen eineinhalb Jahren schwimmt Österreichs Tennis-Ass endlich wieder obenauf. Thiem reflektiert mit großer Freude und Demut.

Dominic Thiems wiedergefundene Leichtigkeit des Seins Foto: © GEPA

Viel zu lachen hatte Dominic Thiem in den vergangenen eineinhalb Jahren aus sportlicher Sicht wahrlich nicht.

Nachdem er sich im Mai 2021 seine Verletzung am rechten Handgelenk zuzog, fand der ehemalige Weltranglisten-Dritte nach seinem Comeback im Frühjahr 2022 nur langsam wieder zurück in die Erfolgsspur.

Erst seit dem Sommer bewegte sich die Formkurve langsam wieder nach oben. Nachdem es in kleinen Schritten wieder aufwärts ging, erinnerten vor allem die letzten beiden Wochen wieder an den Dominic Thiem früherer Tage.

Bei seinen Halbfinal-Einzügen in Gijon und Antwerpen sorgte er nicht nur mit spektakulären Schlägen, sondern auch endlich mit einer erhöhten Konstanz für Furore.

Eine Entwicklung, die bei Thiem sichtlich für Freude sorgte. Selten sah man den Lichtenwörther in diesem Jahr so oft lachen wie in den letzten 14 Tagen.

"Da verliert man schon ein bisschen die Sicht auf die Realität"

LAOLA1 wollte wissen, ob er die Erfolge nach den schwierigen eineinhalb Jahren nun anders genießen könne als früher.

"Definitiv", antwortete Thiem. "Schließlich ist es vor der Handgelenksverletzung jahrelang bergauf gegangen. Ich war ab Mitte 2016 in den Top Ten und bin es bis zu meiner Verletzung geblieben. Es war vieles selbstverständlich."

Es war selbstverständlich, dass ich bei den French Open und allen anderen Grand-Slam-Turnieren außer Wimbledon jährlich als Mitfavorit hingefahren bin. Da verliert man schon ein bisschen die Sicht auf die Realität und die wirkliche Tennis-Welt", reflektiert Thiem die vergangenen Jahre nun aus einem für ihn gänzlich neuen Blickwinkel.

"Wobei das natürlich auch normal ist, wenn man nie etwas anderes gehabt oder erlebt hat. Die Verletzung hat mir diese Realität aufgezeigt und mir gezeigt, wie schwer es ist und wieviel Arbeit dahintersteckt, an die Spitze zu kommen bzw. sich überhaupt in die Position zu bringen, Matches auf der ATP-Tour zu gewinnen", sagte Thiem, der sich nach den Erfolgen der letzten Wochen mittlerweile wieder auf Position 113 im ATP-Ranking nach vorne gearbeitet hat.

Für einen ehemaligen Weltranglisten-Dritten und Grand-Slam-Sieger wirken diese Erfolge zwar nicht berauschend, für Thiem haben diese Siege aber durch die lange Durststrecke trotzdem eine große Bedeutung.

"Fühlt sich besser an wie eine zweite Grand-Slam-Woche"

"Zwei Wochen wie Gijon und Antwerpen fühlen sich besser an als früher ein 1000er-Viertelfinale oder eine zweite Woche bei einem Grand-Slam-Turnier. Ich bin einfach nur froh darüber, dass ich diese schwierige Zeit schön langsam hinter mir habe. Ich weiß nun alles viel mehr zu schätzen", erklärt Thiem demütig.

Denn nicht nur mancher Kritiker, auch er selbst habe vor allem nach dem bitteren Erstrunden-Aus bei den French Open schon langsam an einer erfolgreichen Rückkehr an die Weltspitze zu Zweifeln begonnen.

"Die French Open waren mein absoluter Tiefpunkt. Da konnte ich auch alle Kritiker verstehen. Es war wirklich ein Graus wie ich gespielt habe. Es hat sich auch richtig schlecht angefühlt. Natürlich habe ich da gezweifelt, weil ich ein paar Monate davor schon voll trainiert habe. Ich habe es aber auch immer schon im Training gesehen, weil ich da keinen Trainingssatz gewinnen konnte und ich merkbar weit weg war. Da habe ich schon darüber nachgedacht, was ich jetzt noch machen muss. Ich habe ja trotzdem jeden Tag trainiert und hart gearbeitet", so Thiem, der nach Roland Garros die Reißleine zog und sich nach sieben Erstrunden-Niederlagen in Folge wieder eine Turnierpause verordnete.

"Der lange Trainingsblock nach Paris war dann sehr wichtig. Da hat es im Training einen Klick gegeben und es sich danach endlich wieder so wie früher angefühlt. In Bastad war dann der erste Sieg auf der ATP-Tour extrem wichtig. Da habe ich gesehen, dass ich endlich auch wieder gegen solche Leute gewinnen kann. Danach ist es dann eh die meiste Zeit wieder in die richtige Richtung gegangen."

Bei allem gewonnenen Selbstvertrauen weiß Thiem allerdings auch, wie wichtig es nun ist, weiterhin auf dem Boden zu bleiben. Daran ändert auch die Rückkehr in die Wiener Stadthalle nichts, wo die Erwartungshaltung der heimischen Fans traditionell noch einmal Stückchen höher ist.

"Seit 2016 bin ich immer als Top-Ten-Spieler hergekommen und da immer mit dem Ziel, ganz weit zu kommen bzw. vielleicht sogar wie 2019 den Titel zu holen. Heute bin ich aber schon froh, wenn ich mein Erstrunden-Match am Dienstag gegen Tommy Paul (nicht vor 17:30 Uhr im LIVE-Ticker und auf ServusTV) gewinne. Das wäre für mich schon eine große Sache."

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