Endstand
3:2
3:6 , 3:6 , 6:4 , 6:4 , 6:3
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Wie sein Team Sinner zum Winner formte

Der erste Grand-Slam-Titel des jungen Südtirolers hat viele Baumeister im Hintergrund.

Wie sein Team Sinner zum Winner formte Foto: © getty

Es ist vollbracht! Mit 22 Jahren darf sich Jannik Sinner endlich Grand-Slam-Sieger nennen (Spielbericht>>>).

Für den Südtiroler war es bei den Australian Open zwar sein erstes Major-Endspiel, mit einem Halbfinal-Einzug und schon vier Viertelfinali klopfte er aber auch schon in den vergangenen ein paar Mal am großen Triumph an.

Für viele Experten stand sowieso schon seit Jahren fest, dass der etwas schüchtern wirkende Rotschopf aus den italienischen Alpen einmal eine Major-Trophäe in die Höhe stemmen würde.

Sinner bedankt sich bei Eltern und Medvedev

Sinner lobte bei seiner Siegeransprache zunächst Medvedev für sein tolles Turnier. "In jedem Match gegen dich finde ich etwas, wo ich mich verbessern kann, du machst mich zu einem viel besseren Spieler."  

Zudem hob der Südtiroler auch die vielen Stunden des Russen auf dem Platz in den vergangenen zwei Wochen hervor. "Und doch bist du so viel gelaufen. Ich hoffe, du wirst die Trophäe auch einmal holen."

Der neue Champion bedankte sich vom australischen Sommer auch bei seinen Eltern, bei denen es zu Hause gerade minus 20 Grad habe. "Meine Eltern haben mich immer aussuchen lassen, was ich machen will. Ich hoffe, dass viele Kinder diese Freiheit haben."

Medvedev: "Besser im Finale verlieren als vorher"

Medvedev hatte Sinner schon zuvor gelobt. "Gratuliere, Jannik. Du hast heute wieder gezeigt, warum du es verdienst. Du hast dein Level enorm gesteigert", sagte Medvedev, der nun Dritter im ATP-Ranking bleibt. "Es waren tolle zwei Wochen, auch wenn es wehtut, im Finale zu verlieren. Aber vermutlich ist es besser, im Finale zu verlieren, als vorher", sorgte der sportliche Verlierer für Gelächter.

Seine Frau und seine erst einjährige Tochter waren diesmal nicht mit vor Ort. "Ich hoffe, sie haben nicht den Fernseher abgedreht", scherzte der Russe. "Ich werde es beim nächsten Mal wieder versuchen."

Gut möglich, dass sich ihm beim nächsten Mal erneut Sinner in den Weg stellen könnte. Der Italiener hat in den letzten Monaten einen beachtlichen Weg hinter sich gebracht und stand in Melbourne schon vor dem Turnierstart für viele als erster Titelkandidat fest.

Djokovic verweist auf "tolles Team" von Sinner

Auch Novak Djokovic musste im Halbfinale die Überlegenheit des Südtirolers anerkennen und zog vor der Entwicklung Sinners den Hut: "Er ist auf einem sehr guten Weg. Sein Aufschlag hat sich sehr verbessert. Er trifft gut in die Ecken und er hat auch sein Tempo erhöht. Er serviert jetzt stärker und präziser", sagte Djokovic.

"Seine Bewegung insgesamt und seine mentale Stärke sind besser. Er war immer sehr ruhig, sehr gelassen auf dem Platz, aber ich glaube, er hatte Probleme, die großen Matches zu gewinnen, die großen Momente. Aber jetzt läuft es für ihn zusammen", lesen sich die Worte des Serben beinahe schon als wahr gewordene Prophezeiung für das Endspiel gegen Medvedev.

Zudem verwies Djokovic auch auf das "tolle Team" von Sinner. Seit 2022 sind der Italiener Simone Vagnozzi, der Sinner schon seit dessen 14. Lebensjahr kennt, und der australische Tennis-Fachmann Darren Cahill für die sportlichen Erfolge des Youngsters verantwortlich. Das Duo formte ihn in den letzten beiden Jahren zum aktuellen Weltklassemann.

Cahill formte schon viele Topstars

Der 58-jährige Cahill führte schon Lleyton Hewitt an die Weltranglistenspitze und arbeitete auch mit Spielern wie Andre Agassi, Andy Murray, Ana Ivanovic, Fernando Verdasco oder Simona Halep zusammen. "Er hat viel Erfahrung und kann dir vor allem mental stark helfen", so Djokovic.

Cahill wurde nach dem Djokovic-Match gefragt, welche Gemeinsamkeiten Sinner mit seinen früheren Champions hat.

"Arbeitsmoral, Zielstrebigkeit, Wille, Lernbereitschaft und der Tennis-IQ all dieser Champions sind fantastisch", antwortete Cahill. "Jannik hat all das und er hat einen guten Sinn für Humor. Ich denke, man kann ihn auf dem Platz in den Interviews nach dem Spiel ein wenig erahnen. Wir sehen ihn jeden Tag."

"Er ist ein guter Kerl und ein lebenslustiger Typ. Er ist gerne mit Leuten zusammen, die er mag, ob das nun vor unserer Zusammenarbeit mit ihm war oder jetzt mit uns im Team. Wir haben ein wirklich gutes Gefühl innerhalb des Teams", so Cahill, der auch auf die Arbeit von Fitnesstrainer Umberto Ferrara und Physio Giacomo Naldi verweist.

Auch körperlich gereift

Erst er habe den 1,88 Meter großen Sinner körperlich in die Lage bringen können, die Strapazen eines Grand-Slam-Turniers zu überstehen. Die Aufholjagd im Endspiel gegen Medvedev bestätigte am Sonntag diese Aussage.

"Jannik ist ein sehr guter Athlet, der sich im vergangenen Jahr stark verbessert hat, aber immer noch Luft nach oben hat", sagte Ferrara, der seit Juni 2022 im Team ist, Ende des vergangenen Jahres auf der ATP-Homepage.

Naldi stieß erst im Februar 2023 hinzu, beinahe täglich begibt sich Sinner in die Hände seines Physios. "Ich arbeite jeden Tag an seinen Muskeln und versuche, seinen Körper eine so gute Regeneration wie möglich zu bringen", so Nardi, der Sinner mit dem Kartenspiel Buraco infizierte. Beinahe täglich werden dabei im Sinner-Team heiße Gefechte am Spieletisch ausgetragen.

"In meinem Team sind nur nette Menschen"

Gerade dieser Umstand sei Sinner besonders wichtig: "In meinem Team sind nur nette, glückliche Menschen. Ich fühle mich gut mit ihnen und ich bin froh, dass ich sie habe. Jeder ist sehr wichtig für mich und ich kann von allen viel lernen. Wenn ich jemanden frage, ob er mit mir zusammenarbeiten will, dann ist für mich nicht nur wichtig, dass derjenige der Beste seines Fachs ist, sondern auch wie gut ich mit ihm auskomme. Schließlich verbringe ich mit diesen Leuten mehr Zeit als mit meiner Familie."

Der Plan scheint aufzugehen. Sowohl spielerisch als auch körperlich hat sich Sinner in den letzten Monaten stark verbessert. Cahill: "Der physische Teil war genauso wichtig wie das Tennis. Ich glaube, man sieht jetzt, dass er sich effizienter bewegen kann, dass er das höhere Niveau länger halten kann und dass er in der Lage ist, in Fünf-Satz-Matches zu bestehen."

"Ich denke, die natürliche Entwicklung, die Jannik machen musste, konnte jeder sehen, aber es kommt darauf an, dass der Trainer in der Lage ist, diese Botschaften auf die richtige Art und Weise zu vermitteln, sodass der Spieler daran glaubt, sie verinnerlicht und sie dann auf dem Trainingsplatz umsetzt, um sie schließlich in den Spielen umzusetzen. Und genau das sehen wir jetzt ein bisschen", erklärt Cahill das Erfolgsrezept.

Ähnlichkeiten zu den "Big Three"

Am wichtigsten sei für Sinner aber eine Eigenschaft, die er auch mit den "Big Three" der letzten 20 Jahre teilt. Wie schon Roger Federer, Rafael Nadal und Djokovic bemühe sich der Italiener täglich darum, noch ein bisschen besser und stärker zu werden.

"Das ist es, was Jannik in den letzten Jahren immer getan hat .Das ist eine großartige Eigenschaft, und das muss er auch weiterhin tun. Niemals aufhören, sich weiterzuentwickeln und immer besser zu werden."

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