Grundsätzlich ist es unwahrscheinlich, dass sich die Kräfteverhältnisse innerhalb von wenigen Jahren groß verschieben. Einen X-Faktor darf man dabei aber nicht außer Acht lassen: Tackle-Footballspieler, die sich aufgrund ihrer olympischen Ambitionen auch im Flagfootball versuchen wollen.
Es gab und gibt immer wieder Nationen, die vereinzelt Tackle Spieler eingesetzt haben und das mit großem Erfolg. Das italienische Team zeigte mit Quarterback Luke Zahradka und Receiver Jordan Bouah bei der Weltmeisterschaft 2021 und den World Games 2022 Weltklasseleistungen. In den Jahren darauf spielten die beiden in der semiprofessionellen European League of Football und standen somit nicht für das italienische Flagfootball-Nationalteam zur Verfügung. Das Resultat war, dass Italien seine Konkurrenzfähigkeit verlor.
In vielen Ländern ist eine Diskussion entbrannt, ob man sich bei der Kaderzusammenstellung auf Spieler konzentriert, die ausschließlich Flagfootball spielen oder, wie beispielsweise Deutschland, jeder zu einem offenen Probetraining kommen kann, wo die besten Spieler – seien es Tackle Footballer oder nicht – nominiert werden.
Der vereinzelte Einsatz von Tackle Footballern hat sicherlich dazu beigetragen, dass Deutschland nach vielen Jahren der Durststrecke wieder zu den besten Nationen aufgestiegen ist, der Gewinn der Europameisterschaft 2023 war Beweis dafür.
NFL-Stars zu Olympia? Nicht so schnell
Kanada und Japan sind Nationen, die im Tackle-Bereich große Erfolge erzielt haben, aber im Flagfootball deutlich hinterherhinken. Sollten sie sich entscheiden, den Weg Richtung Olympia mit Tackle-Footballern zu bestreiten, erwarte ich von ihnen deutliche Leistungssteigerungen.
Wie zu erwarten war, ist die Diskussion um dieses Thema in den USA bereits jetzt heftig entbrannt. Der US-amerikanische Quarterback Darrell Doucette beschwerte sich kürzlich darüber, dass diverse NFL-Stars davon ausgingen, dass sie Team USA bei den Olympischen Spielen in Los Angeles repräsentieren könnten.
Dies wäre laut Doucette respektlos gegenüber den derzeitigen US-Flagfootball-Stars, die die letzten Jahre ihre internationale Konkurrenz dominiert hatten. Seiner Meinung nach sollte es zumindest eine Art Tryout geben, um die besten Spieler für Team USA zu finden. Je näher das Jahr 2028 rückt, desto brisanter wird diese Diskussion werden.
Wo landet Österreich?
Bei den diesjährigen Weltmeisterschaften erwarte ich (noch) keine großen Überraschungen. Die Favoriten auf den Finaleinzug sind sowohl bei den Damen als auch bei den Herren die Teams aus USA und Mexiko. Bei den Herren wird Deutschland die Mannschaft sein, die es im Kampf um die Bronzemedaille zu schlagen gilt.
Gute Chancen räume ich auch Österreich, Panama und Dänemark ein. Mein Tipp für Platz 3 bei den Damen ist Österreich, das wieder mit Saskia Stribrny als Quarterback aufs Feld laufen wird, Großbritannien könnte im Kampf um Platz 3 auch ein Wörtchen mitreden.
Die am Dienstag in Lahti mit den Gruppenspielen beginnende Weltmeisterschaft wird in vielen Bereichen neue Maßstäbe setzen. Eine Rekordanzahl an Teams, eine deutlich professionellere Medienarbeit der IFAF, ein starkes lokales Organisationskomitee, der Einsatz einer neuen Statistiksoftware und eine weitaus größere mediale Vorberichterstattung als bei allen bisherigen Weltmeisterschaften versprechen ein Flagfootball-Spektakel der Sonderklasse.
Die kommenden Jahre werden entscheidend dafür sein, welchen Platz Flagfootball in der globalen Sportlandschaft einnehmen wird. Wenn die Sportart ihren Aufwärtstrend fortsetzen kann, indem sie die Herausforderungen meistert und die Chancen nutzt, kann es gelingen, sich nachhaltig in der weltweiten Sportlandschaft zu etablieren.