news

Glücksspiel: Was würde eine Liberalisierung bewirken?

Wer in Österreich sein Glück im Casino oder online versuchen will, landet fast zwangsläufig bei den Angeboten der Casinos Austria.

Glücksspiel: Was würde eine Liberalisierung bewirken? Foto: © Unsplash

Das liegt nicht an deren überragender Marktposition, aber vielmehr an einem gesetzlich verankerten Monopol, das den Glücksspielmarkt weitgehend in staatlicher Hand hält. Während auf dem Papier noch Ordnung herrscht, zeigt sich beim genaueren Hinsehen ein Bild, das mit diesem Selbstverständnis nicht mehr viel gemein hat.

Parallel zur offiziellen Struktur existiert längst eine zweite Realität, geprägt von EU-lizenzierten Online-Anbietern, steuerlich ungenutztem Potenzial und wachsendem wirtschaftlichem Druck. Was also würde geschehen, wenn sich Österreich von seinem bisherigen Weg verabschiedete und die Tür zu einem liberalisierten Markt öffnete?

Ein Monopol bekommt Risse

Rein juristisch betrachtet ist die Sache klar geregelt, denn das Glücksspielgesetz räumt dem Staat zentrale Kontrollrechte ein. Die Casinos Austria AG besitzt exklusive Lizenzen für Spielbanken, während das digitale Angebot auf die Plattform Win2Day beschränkt bleibt. Wer sich in Österreich legal dem Glücksspiel widmen will, kommt an diesen Kanälen nicht vorbei. Zumindest theoretisch.

Denn in der Praxis hat sich der Markt längst weiterentwickelt. Während andere europäische Länder schrittweise Mehrfachlizenzen eingeführt haben, um Anbietern einen regulierten Zugang zu ermöglichen, hält Österreich unbeirrt am Staatsmonopol fest. Dabei wird der Widerstand gegen Reformen zunehmend mit wirtschaftlichen Argumenten gestützt. Jüngstes Beispiel ist die Erhöhung der Glücksspielabgaben. Die Steuersätze für terrestrisches Glücksspiel wurden spürbar angehoben, bei den Sportwetten sogar mehr als verdoppelt.

Die offizielle Begründung klingt zunächst vernünftig. Höhere Einnahmen und mehr Fairness im Markt seien das Ziel. Doch die Realität hinter den Kulissen sieht anders aus. Die Casinos Austria beklagen eine massive finanzielle Mehrbelastung, sprechen von einem dreistelligen Millionenbetrag jährlich und stellen bereits Personalmaßnahmen in Aussicht.

Gleichzeitig mehren sich Zweifel daran, ob die gesamte Struktur noch mit EU-Recht vereinbar ist. Der Europäische Gerichtshof hat in der Vergangenheit mehrfach angemerkt, dass das österreichische Modell weder ausreichend transparent noch verhältnismäßig gestaltet sei. Das Fundament beginnt zu bröckeln.

Legal, Illegal oder längst beides?

Obwohl das Gesetz klare Regeln vorgibt, agieren längst zahlreiche Online-Anbieter mit ausländischen Lizenzen auf dem österreichischen Markt. Die Plattformen stammen häufig aus Malta, Gibraltar oder Curaçao und nutzen die europäische Dienstleistungsfreiheit, um sich Zugang zu verschaffen. Das ist juristisch umstritten, aber faktisch geduldet.

Für viele Spieler ergibt sich dadurch eine einfache Wahl, bessere Quoten, mehr Spielauswahl und großzügigere Boni. Außerdem können die Spieler so auf beste Online Casinos mit hoher Auszahlungsquotezurückgreifen und das alles bieten die internationalen Anbieter. Der staatlich geführte Konkurrent hingegen bleibt durch enge Vorgaben eingeschränkt.

An dieser Stelle wird das eigentliche Problem sichtbar, denn nicht nur steuerlich entgleitet dem Staat die Kontrolle. Auch der Spielerschutz leidet unter der aktuellen Situation. Die gesetzlichen Maßnahmen, die für Win2Day gelten, lassen sich auf Plattformen außerhalb der nationalen Zuständigkeit kaum durchsetzen. Altersverifikationen, Einsatzlimits oder Sperrlisten greifen dort nur bedingt oder gar nicht.

Was sich wirklich ändern würde

Ein kontrolliert geöffneter Glücksspielmarkt könnte viele dieser Probleme entschärfen. Anstelle eines exklusiven Anbieters würden mehrere lizenzierte Unternehmen auftreten mit klar definierten Rechten und Pflichten. Das hätte spürbare Auswirkungen auf alle Beteiligten.

Für Spieler entstünde ein legaler Raum mit größerer Vielfalt und besserem Service. Wettbewerbsdruck führt in der Regel zu kundenfreundlicheren Angeboten, attraktiveren Quoten und höherer Innovationsfreude. Gleichzeitig wäre es möglich, Schutzmechanismen gesetzlich zu verankern und ihre Umsetzung zu kontrollieren. Wer eine Lizenz erhalten möchte, müsste strenge Auflagen erfüllen, angefangen bei technischen Prüfungen bis hin zur Suchtprävention.

Auch für den Staat wäre diese Öffnung ein Schritt zu mehr Kontrolle. Momentan entgleitet ihm ein wachsender Teil des Marktes, ohne dass er regulierend eingreifen oder davon profitieren könnte. Ein transparenter Lizenzmechanismus würde neue Einnahmequellen erschließen und gleichzeitig den Einfluss auf Werbung, Sponsoring und Marketing verstärken.

Die fiskalische Seite und was dem Staat durch die Finger rinnt

Derzeit entgehen Österreich Einnahmen aus der Glücksspielsteuer und zahlreiche Möglichkeiten, regulierend Einfluss zu nehmen. Internationale Anbieter sind steuerlich kaum greifbar, Werbemaßnahmen laufen unbeaufsichtigt und juristische Verfahren belasten die Gerichte. Andere Länder zeigen, wie es besser laufen kann. Dänemark, Spanien oder die Niederlande haben Lizenzen eingeführt, die Einnahmen deutlich gesteigert und den Schwarzmarkt gleichzeitig reduziert.

Eine moderne Glücksspielpolitik bedeutet nicht, auf Kontrolle zu verzichten. Sie bedeutet, sie dorthin zu verlagern, wo sie tatsächlich wirken kann, und zwar in den legalen Markt. Anbieter, die bereit sind, sich den Spielregeln eines solchen Systems zu unterwerfen, würden sich einer Aufsicht unterwerfen, die bislang nur auf dem Papier existiert.

Der Sport als potenzieller Gewinner, wenn man ihn endlich lässt

Inmitten der Debatte um Lizenzen, Steuern und Anbieter bleibt ein Bereich oft unterbelichtet, und zwar der Sport. Gerade hier könnten sich durch eine Marktöffnung ganz neue Möglichkeiten ergeben. In Ländern mit liberalisierten Glücksspielmärkten gehören Sportwettenanbieter längst zu den wichtigsten Sponsoren im Fußball, Eishockey oder Basketball.

In Österreich hingegen ist die Lage klar begrenzt. Nur staatlich lizenzierte Anbieter dürfen öffentlich auftreten, was bedeutet, dass viele Vereine auf mögliche Sponsoren verzichten müssen. Ein breiteres Lizenzsystem würde nicht nur mehr Geld in den Profisport bringen, sondern auch kleineren Vereinen langfristige Unterstützung ermöglichen.

Sponsoring bedeutet für viele Clubs mehr als nur ein Logo auf dem Trikot. Es geht um Infrastruktur, Nachwuchsarbeit und Planungssicherheit. Je mehr Anbieter sich im Markt bewegen, desto vielfältiger werden die Optionen und je klarer die rechtlichen Rahmenbedingungen sind, desto stabiler lassen sich solche Partnerschaften gestalten.

2027 als Wendepunkt, aber in welche Richtung?

Die aktuelle Lizenzstruktur läuft im Jahr 2027 aus und somit ist dies ein symbolträchtiger Moment, der längst nicht mehr nur technisch ist. Vielmehr stellt sich die Frage, ob Österreich bereit ist, sein Glücksspielsystem zu überdenken oder ob der eingeschlagene Kurs weitergeführt wird, ungeachtet der Realität.

Denkbar wäre eine behutsame Öffnung mit strengen Auflagen, ebenso wie eine vollständige Reform nach europäischem Vorbild. Auch eine bloße Verlängerung des bestehenden Modells steht im Raum. Doch je länger das System auf alten Fundamenten ruht, desto größer wird der Druck von außen und innen.

Eine Liberalisierung würde nicht bedeuten, alles freizugeben. Vielmehr ginge es darum, bestehende Entwicklungen in einen rechtlich und wirtschaftlich tragfähigen Rahmen zu bringen. Mit mehr Kontrolle, klaren Vorgaben und einem Marktverständnis, das nicht an alten Dogmen hängt, sondern auf praktikable Lösungen setzt.

Ob das gelingt, hängt nicht allein von politischen Willensbekundungen ab, sondern auch davon, ob man bereit ist, Realität als Ausgangspunkt für Gesetzgebung zu begreifenm denn genau dort beginnt Reform und nicht im Gesetzbuch.