news

Motorsport wird zur Frauensache

Immer mehr schnelle Frauen geben in der Männer-Domäne Gas. Ein Überblick:

Motorsport wird zur Frauensache Foto: © getty

Motorsport - eine reine Männersache? Schon lang nicht mehr. Die Emanzipation schreitet rasch voran, auch wenn wir auf eine Formel-1-Pilotin wohl noch einige Zeit werden warten müssen.

Aktuell gibt es zum Thema Frauen und Motorsport einige interessante und berichtenswerte Meldungen.

So zum Beispiel rund um die "24 Stunden von Daytona", der 59. Auflage des Sportwagen-Klassikers am Wochenende (30./31.1.) auf der Rennstrecke in Daytona Beach, Florida.

Die dänische Rennfahrerin Christina Nielsen ist die Tochter des Ex-Rennfahrers Lars-Erik Nielsen
Foto: © getty

Schon zwei Mal ging ein Damenteam unter Führung der 40-jährigen Britin Katherine Legge (bekannt aus IndyCar und Tourenwagen, sie war auch in der Jaguar I-Pace Trophy unterwegs) an den Start. Am Wochenende ist die Engländerin, die 2008 bis 2010 auch in der DTM aktiv war, mit der etablierten 29-jährigen Dänin Christina Nielsen (mehrfache Klassen-Siegerin in der IMSA-Serie) und Le-Mans-Sieger Earl Bamber im Hardpoint-Porsche unterwegs.

Zudem soll nicht unerwähnt bleiben, dass rechtzeitig vor dem Saison-Start General Motors die Führung des Chevrolet-Sportprogramms in die Hände von Laura Klauser legte.

Auch in der Indycar haben die Verantwortlichen plötzlich "Gleichheit und Diversion" entdeckt. Für die 105. Auflage der 500 Meilen von Indianapolis wurde dieser Tage ein neues "Damenteam" vorgestellt: Unter Leitung der Motorsport-Enthusiastin Beth Paretta wird die Schweizerin Simona de Silvestro (32) ihr sechstes Indy 500 bestreiten – de Silvestro absolvierte bereits F1-Tests bei Sauber und ist Ersatzfahrerin von Porsche in der ABB Formel E.

Sie war 2010 mit Rang 14 "Rookie of the Year" und "Rising Star" in Indy. Paretta war frühere Managerin des Chrysler-Sportprogramms. Im Team sollen weitere Positionen weiblich besetzt sein, allerdings kommt die technische Unterstützung für den Dallara-Chevy von Penske Motorsport.

In Indy sind Damen schon lange im Starterfeld zu finden

Apropos Indy: Da waren zuletzt deutlich mehr Damen mittendrin als in der Formel 1. Obwohl es mit Maude Yagle 1929 die erste Frau als Besitzerin des Siegerautos (von Ray Keech) gab, waren Pilotinnen lange Zeit verboten. Den Bann brach Janet Guthrie (USA) mit drei Teilnahmen (aus fünf Qualifikationsversuchen) zwischen 1976 und 1980. Ihr bester bester Endrang in Indianapolis war der neunte Platz.

Seit Guthrie nahmen neun weitere Frauen aus sechs Ländern an den 500 Meilen von Indianapolis teil, die Südafrikanerin Desirée Wilson scheiterte allerdings in den drei Quali-Versuchen zwischen 1982 und 1984. Erfolgreicher waren Lyn St. James (USA, sieben Starts zwischen 1992 und 2000, bestes Resultat: Elfte) und vor allem Danica Patrick (USA): In acht Starts zwischen 2005 und 2018 war die heute 38-Jährige aus Wisconsin sechs Mal in den Top Ten, einmal sogar Dritte (2009), bester Startplatz: vier (2005).

Weitere Teilnehmerinnen der 2000er-Jahre: Sarah Fisher (USA, neun Starts, bestes Ergebnis: 17.), Milka Duno (VEN, 4/19.), eben Simona de Silvestro (5/14.), Ana Beatriz (BRA, 4/15.), Pippa Mann (GBR, 7/16.) und Katherine Legge (GBR, 2/22.). Legendär wurde im Indianapolis Motor Speedway auch die Langzeit-Eigentümerin Mari Hulman-George, die noch im hohen Alter das Startkommando ("Gentlemen, start your engines" - später auch "Ladies and Gentlemen...") ins Mikrofon hauchte.

"Der einzige Helm, den Frauen tragen sollten, ist der Haartrockner"

Monisha Kaltenborn war einst Sauber-Teamchefin und sitzt heute im Präsidium des SK Rapid Wien
Foto: © getty

Nun, vor nicht wenigen Jahren gab es immerhin zwei weibliche Formel-1-Teamchefs: Claire Williams und die Wienerin Monisha Kaltenborn (Sauber), das war ein respektabler 20-Prozent-Anteil unter den F1-Bossen.

Auf Pilotinnen wartet die "Königsklasse" schon lange, seit Test-Pilotin Susie Wolff bei Williams abblitzte (also bei einer Chefin!) und sich selbst von der Rennfahrerin zur Chefin (im Formel-E-Team Venturi) beförderte.

Bisher versuchten sich fünf Fahrerinnen in der Formel 1. Maria Teresa de Filippis (1926-2016) fuhr 1958/59 in drei WM-Läufen und wurde 1958 in Spa Zehnte. Im nächsten Lauf in Reims vereitelte der Rennleiter ihr Antreten mit der Begründung: "Der einzige Helm, den Frauen tragen sollten, ist der Haartrockner."

Von 1974 bis 1976 schaffte es Lella Lombardi (1941-1992) zu zwölf Rennteilnahmen, mit dem halben Punkt als Sechste in Barcelona 1975 (Abbruch nach Stommelens Unfall) schrieb sie Rennsport-Geschichte. An der Qualifikation scheiterten die Britin Divina Galica (geb. 1944), eine vierfache Olympia-Teilnehmerin im alpinen Skilauf, in drei Versuchen (1976-78), die Südafrikanerin Desirée Wilson (geb. 1953) 1980 in einem und die Italienerin Giovanna Amati (geb. 1959) in drei 1992. Wilson ist aber die einzige Frau, die je ein F1-Rennen gewann: 1980 in Brands Hatch in der britischen Meisterschaft ("Aurora Series").

Ferrari nimmt die 16-jährige Niederländerin Maya Weug in die Driver Academy auf

Katherine Legge kam zu einem Minardi-Test in Vallelunga 2005. Tragisch endete Maria de Villotas (1980-2013) Test-Rolle für Marussia am 3. Juli 2012 mit einem bizarren Unfall bei einem Geradeaus-Aero-Test auf dem Flugplatz Duxford, an dessen Folgen sie ein Jahr später verstarb.

2015 war die Spanierin Carmen Jordá (geb. 1988) Testfahrerin bei Lotus. Aktuell steht bei Alfa Romeo-Sauber die Kolumbianerin Tatiana Calderón (geb. 1993) als Testfahrerin bereit, Rennen fährt die ehemalige Gegnerin des Tirolers René Binder in der Formel V8 nun in der Langstrecken-WM (WEC) und in der japanischen Super Formula. Im WEC – Saisonstart übrigens am 4. April in Portimao nach der erneuten Absage der 1000 Meilen von Sebring - soll sie mit der Münchnerin Sophia Flörsch (geb. 2000) und der Niederländerin Beitske Visser (geb. 1995) in einem LMP2-Oreca von Richard Mille antreten.

Und aktuell: Ferrari verkündete kürzlich die Aufnahme der ersten Dame in die eigene Driver Academy: Maya Weug, 16-jährige Niederländerin, gewann die "Girls on Track"-Ausscheidung.

Damen in Le Mans "en vogue"

Rund 60 Frauen nahmen seit 1930 an den 24 Stunden von Le Mans teil, sechs schafften Top-Ten-Gesamtränge. Bekannteste Namen: Marie-Claude Beaumont, Michèle Mouton (Klassensieg 1975!), Lilian Bryner, Vanina Ickx, Claudia Hürtgen, Cathy Muller, Natacha Gachnang, Rahel Frey – und einmal trat auch die Steirerin Mercedes Stermitz (die 1987 BMW-Werkfahrerin in der Tourenwagen-WM war) an der Sarthe an. In diesem Jahr wird - wie schon 2020 - das Damenteam Calderón/Flörsch/Visser wieder an den Start gehen.

Die in Wien lebende Kärntnerin Ilka Minor ist seit 1994 als Co-Pilotin im Rallye-Boliden im Einsatz

In den diversen Läufen zur Rallye-Weltmeisterschaft waren bisher an die 20 Frauen als Fahrerinnen dabei, neben Vize-Weltmeisterin Mouton (1982, insgesamt vier Laufsiege) waren Pat Moss-Carlsson, Louise Aitken-Walker, Isolde Holderied, Susanne Kottulinsky und Paola de Martini die bekanntesten Pilotinnen.

In Österreich war Gabriele "Gabi" Husar in den 1980er-Jahren regelmäßig bei Staatsmeisterschaftsläufen dabei. Sie saß als Co-Pilotin bei Georg Fischer, Rudi Stohl und Franz Wittmann im Boliden und gewann als Fahrerin in einem Porsche 911 SC die "Varta-Rallye" 1986 in Kärnten. Damit ist sie bis heute die einzige Frau aus Österreich und in Mitteleuropa, die einen nationalen Meisterschaftslauf für sich entscheiden konnte.

Ilka Minor hat sich als Co-Pilotin in den 2000er-Jahren einen Nanem gemacht und weist mit knapp 150 WM-Läufen jede Menge Erfahrung auf. Minor war lange Co-Pilotin bei Manfred Stohl und ab 2010 Beifahrerin in der WRC bei Hennbing Solberg. Vergangene Woche saß die 45-Jährige bei der 89. Auflage der "Monte" auf dem "heißen Stuhl" beim Oberösterreicher Johannes Keferböck.

Kommentare