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Beifahrerlegende Jörg Pattermann wird 70

Vom heißen Rallyesitz auf den Golfplatz: Beifahrerlegende Jörg Pattermann feiert Jubiläum.

Beifahrerlegende Jörg Pattermann wird 70 Foto: © GEPA

Der Salzburger Reifenhändler i. R. Jörg Pattermann ist der mit Abstand erfolgreichste österreichische Rallye-Beifahrer.

Sechs Staatsmeistertitel und ein WM-Lauf-Sieg sprechen für sich. Wenn alle Statistiken korrekt sind, stehen für Pattermann 48 Rallyesiege zwischen 1978 und 2000 zu Buche – an der Seite von Sepp Haider, Franz Wittmann sen., Ernst Harrach, Christoph Dirtl, Willi Stengg jun. und Achim Mörtl. Am Sonntag (14. November) wird Jörg 70 Jahre jung.

Es begann nach Jörgs Skiurlaub in Saalbach, als Sepp Haider Pattermann überredete, auf dem "heißen Sitz" Platz zu nehmen und angefertigte "Schriebe" (Aufzeichnungen der Sonderprüfungen) vorzulesen. "Das war bei der ÖASC-Rallye 1975, und Sepp hatte sich einen VW Käfer besorgt2, erinnert sich Pattermann. Danach ging es zur Sache: mit Haider im Opel Ascona und später sogar im Mercedes, mit Eric Wallner im Ford, mit Werner Grissmann im Audi quattro, mit Franz Wittmann, Christoph Dirtl und Ernst Harrach im Lancia Delta, wieder mit Wittmann im Toyota Celica, mit Willi Stengg im Ford, mit Achim Mörtl im Subaru und Peugeot.

Bis 2000 dauerte die aktive Laufbahn, und wie so oft im Motorsport war ein Unfall Auslöser des Rücktritts. „Mit Mörtl hatte ich drei Unfälle, davon zwei schwer. Der letzte war bei Achims Heim-Rallye in Kärnten, wir flogen mit 114 km/h seitlich an einen Baum, auf der Fahrerseite. Mir fehlte nicht viel, aber Achim hatte es schwer erwischt. Wegen anderer Unfälle war kein Hubschrauber da, Ersatz kam erst verspätet, ich konnte nach Spitalscheck wieder heimfahren. Achim aber lag auf der Intensivstation.“ Was Pattermann dann noch zusätzlich zu denken gab: Unwohlsein etliche Tage nach dem Unfall führten ihn zum Check in eine Salzburger Klinik, wo ein leichter Herzinfarkt festgestellt wurde.

"Das war schon ein Wahnsinn"

Einige Einsätze mit Franz Wittmann sen. in einem Vorausauto bei heimischen Rallyes waren die letzten Auftritte auf der Bühne, auf der Pattermann der mit Abstand erfolgreichste Österreicher war: Sechs Staatsmeistertitel und WM-Punkte mit Wittmann, Haider, Grissmann, Mörtl. Die Krone dabei: Neuseeland 1987. „Einige Zeit vorher fragte mich unser Pressebetreuer Armin Holenia nach den üblichen Angaben für Autogrammkarten, wie Lieblingsessen und -getränk, Lieblingsrallye usw. Und nach dem Ziel. Da antwortete ich, 'einen WM-Lauf zu gewinnen', obwohl das völlig unrealistisch war. Kurz darauf gewannen Franz und ich als erste Österreicher in Neuseeland tatsächlich einen WM-Lauf. Das war schon ein Wahnsinn.“ Was sein langjähriger Spezi Haider ein Jahr später mit Ferdinand Hinterleitner als Partner im Opel Kadett GSi an gleicher Stelle wiederholte. Dazu navigierte Pattermann Werner Grissmann 1984 zu Platz zehn in San Remo und 1985 zum fünften Rang in Portugal und achten in San Remo, wo er 1987 mit Haider und 1998 mit Mörtl nochmals jeweils Zehnter wurde.

Dazu kamen die Einsätze als Eis- und Schotterspion, oft für Walter Röhrl und Christian Geistdörfer, mehrmals auch für Armin Schwarz, die zahlreiche Erfolge brachten. „Aber als Vollprofi eine komplette WM-Saison oder auch ein EM-Jahr wie mit Christoph Dirtl begonnen zu fahren, war für mich nie möglich. Ich hatte ja mein Geschäft, um das ich mich kümmern musste“, sagt Pattermann – aber ganz ohne Wehmut.

Besonderer Blick auf seine "Chauffeure"

Interessant ist zweifellos, wie er seine „Chauffeure“ rückblickend einschätzt: „Der Sepp hatte von allen die höchste Grundschnelligkeit und den meisten Spaß“, sagt Pattermann, „und eine sehr gute Reaktionszeit. Er war in Österreich und auch darüber hinaus auf Schnee der Schnellste, denn im Winter zu fahren, das hatte er lange üben können. Seine Drifts waren immer legendär. Auf Asphalt hatte er ein Defizit, weil er nie die Trainingsmöglichkeiten wie Italiener oder Franzosen hatte. Auch auf Schotter war Sepp sehr gut.“

Zum Salzburger Eric Wallner meint Pattermann: „Er konnte auf Schotter hervorragend driften. Auf jeden Fall fühlte ich mich sicher, ich merkte, er beherrscht das Ding.“ Mit Werner Grissmann ging es immer „locker“ zu: „Der Werner hatte wirklich Talent, aber keinen Ehrgeiz. Und er traute sich was. Aber Prüfungen abzufahren und zu lernen war nicht seine Sache. 'Es genügt, wenn du mir ansagst', meinte er. Wir verwendeten den Schrieb vom Walter und Christian (Röhrl/Geistdörfer, Anm.) und hängten uns mit dem quattro ans Werkteam beim Service an. Wir bekamen die Reifen, die für Mikkola, Röhrl usw. nicht mehr taugten, für uns aber gut genug waren. Mein Job war es, ihn auf der Straße zu halten. 1983 in San Remo fiel auf einer Prüfung die Gegensprechanlage aus, und schon rutschten wir von der Straße. Werner wollte niemanden etwas beweisen, er wollte Spaß haben.“

Zu Österreichs erfolgreichstem Rallyefahrer, Franz Wittmann, fällt Pattermann ein: „Der Franz hatte einfach ein Gefühl fürs Limit. Deshalb fiel er nur aus, wenn es ein technisches Problem gab. Phänomenal waren seine Streckenkenntnis durch so viel Training wie nur möglich und seine Erinnerungsfähigkeit. Er kannte manche Prüfungen über Jahre auswendig. Zeitweise brauchte er eigentlich keinen Beifahrer. Er hatte eine sehr gute Grundschnelligkeit, aber noch mehr Akribie: Er wollte einfach nichts dem Zufall überlassen, alles perfekt vorbereiten. Er sorgte immer für gutes Material, gutes Team. Sein technisches Verständnis war aber nicht so gut wie das von Sepp.“ 

Achim Mörtl war für Pattermann „zu seiner besten Zeit der Schnellste auf Asphalt. Aber er konnte seine Grenzen nicht einschätzen. Er ging übers Limit, daher kamen seine häufigen Unfälle.“

Rallyesport und der Job als Reifenhändler gingen auch am durchtrainierten Sportler Pattermann nicht spurlos vorbei: Nach zwei Bandscheiben-Operationen ist er seit 2015 Pensionist. „Der Kontakt zu vielen ehemaligen Partnern und Konkurrenten ist nicht abgerissen. Das ist eine große Familie“, sagt der Eishockey-Fan, der oft bei den Salzburger Bullen mitfiebert. Doch die Treffen mit den alten Haudegen verschoben sich zum fallweisen „Achterlabend“ und vor allem auf Golfplätze, wie unlängst in Schladming mit Franz Wittmann jun. als Gastgeber.

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