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Spielberg-Eindrücke: Wer soll Marquez stoppen? Was kann KTM?

Der Trainingsfreitag am Red Bull Ring brachte viele Erkenntnisse. Wer überraschen kann und wem ein echtes Debakel droht.

Spielberg-Eindrücke: Wer soll Marquez stoppen? Was kann KTM? Foto: © GEPA/Gold & Goose/Red Bull Content Pool

Der MotoGP-Freitag in Spielberg ist mit dem erwarteten Spitzenreiter zu Ende gegangen.

Marc Marquez hat seine Vormachtstellung in der Königsklasse unterstrichen und geht als großer Favorit in das restliche Wochenende.

Dahinter konnte KTM seinen Aufwärtstrend bestätigen, besonders Supertalent Pedro Acosta überzeugte auf Rang zwei.

Was hat sich sonst getan? Wer könnte überraschen, und wem droht ein Debakel? LAOLA1 liefert die Erkenntnisse der Trainings:

DUCATI:

Platzierung Fahrer Rückstand in Sek.
Marc Marquez
Francesco Bagnaia +0,268
Alex Marquez +0,318
Franco Morbidelli +0,579
Fermin Aldeguer +0,652
Fabio di Giannantonio +0,941

Der WM-Dominator hat seine Vormachtstellung und die Ambitionen, endlich seinen ersten Sieg in Spielberg zu feiern, untermauert.

Marc Marquez hängte seine Verfolger sowohl am Vor- als auch Nachmittag um mehr als zwei Zehntelsekunden ab. Das ist auf dem kurzen Red Bull Ring eine halbe Welt, liegen die Top 16 doch innerhalb von nur einer Sekunde.

Wirklich zufrieden war er aber noch nicht: "Obwohl ich das erste Training an der Spitze der Zeitenliste abschloss, fehlte es mir an Konstanz. Für den Nachmittag änderte ich meine Herangehensweise und wie ich bremse, deshalb dauerte es auch, bis ich auf eine gute Rundenzeit kam."

Marquez sieht in Bagnaia seinen härtesten Widersacher
Foto: © GEPA

Ein Schritt nach vorne dürfte Werkskollege Francesco Bagnaia gelungen sein. Dem Sieger der vergangenen drei Auflagen im Murtal tut die steirische Luft sichtlich gut, in der Medienrunde nach dem Training war ein leichtes Grinsen zu erkennen.

Trotzdem muss er anerkennen, dass gegen Marquez auch an diesem Wochenende wohl oder übel kein Kraut gewachsen sein wird. Wenngleich der Spanier im zweifachen Weltmeister seinen härtesten Widersacher sah. "Seine Rennpace war am Freitag die beste", hielt Marquez fest.

Von den Kunden-Piloten schaffte einzig Fabio Di Giannantonio nicht den direkten Sprung in Q2. Alex Marquez war Bagnaia dicht auf den Fersen, MotoGP-Rookie Fermin Aldeguer gab die nächste Talentprobe ab.

Und Franco Morbidelli mischte bei seinem Comeback nach überstandener Schulterverletzung direkt wieder vorne mit. Im "Ducati-Land" strahlen die Männer aus Borgo Panigale ihre gewohnte Stärke aus.


KTM:

Platzierung Fahrer Rückstand in Sek.
Pedro Acosta +0,228
Brad Binder +0,728
Enea Bastianini +0,749
Maverick Vinales +2,683

Eine KTM im absoluten Spitzenfeld, zwei im Mittelfeld und eine abgeschlagen am Ende des Klassements.

So lautet die nüchterne Analyse, hinter der freilich mehr steckt. Acosta hat den Aufwärtstrend von KTM zum Auftakt des Wochenendes unterstrichen und sich vorerst als Leader des Verfolgerfelds etabliert.

Ein neues Aerodynamik-Update auf den Bikes der Mattighofener brachte den gewünschten Effekt und bietet mehr Rotation in der Kurve. Der Hinterreifen muss dadurch weniger gefordert werden, es fühle sich mehr im Flow an, erklärte der junge Spanier.

Das Supertalent bremste jedoch die Erwartungen, da Ducati samstags gewöhnlich nochmal eine Schippe drauflegt.

Eine interessante Beobachtung war, dass KTM auf die neu eingeführte Stabilitätskontrolle, die an diesem Wochenende erstmals eingesetzt werden darf und für mehr Sicherheit sorgen soll, verzichtet hat. Großen Nutzen dürfte man im Haus der Oberösterreicher offenbar nicht sehen.

Binder hat nach zwei Rennen wieder den Sprung in die Top 10 geschafft, das größte Potenzial sah er noch in Kurve 1. Alleine im ersten Sektor würde er vier Zehntelsekunden auf die Konkurrenz verlieren.

Was macht die Schulter von Maverick Vinales?
Foto: © GEPA

Leidtragender war Enea Bastianini, der lange unter den besten zehn war, am Ende aber keine saubere Runde zustande brachte. Der Italiener vom Tech3-Team ist dennoch ein heißer Kandidat, wenn es am Samstag im Qualifying um den Einzug in Q2 geht.

Bei Maverick Vinales ist dagegen unklar, ob er das restliche Wochenende bestreitet. Vor fünf Wochen erlitt der Spanier am Sachsenring eine Schulterverletzung, die eine Operation notwendig machte. Vinales schuftete unermüdlich, um für Spielberg zumindest wieder rennfit zu sein.

Es ist allerdings noch ein langer Weg zur vollständigen Regeneration, die Dauer liegt laut eigenen Angaben bei insgesamt 16 Wochen. Das 1. Freie Training konnte er zur Gänze bestreiten, am Nachmittag reichte es nur zu sechs Runden. Danach schonte er die Schulter.

Ob der 30-Jährige nochmal zu sehen sein wird, entscheidet er Samstagfrüh.


Aprilia:

Platzierung Fahrer Rückstand in Sek.
Raul Fernandez +0,402
Ai Ogura +0,760
Jorge Martin +0,949
Marco Bezzecchi +1,352

Verkehrte Welt bei Aprilia: Das Kundenteam hängt die Werkspiloten deutlich ab.

Raul Fernandez hat seine starke Form über die Sommerpause konserviert und in souveräner Manier den direkten Einzug in Q2 geschafft. Auf die Spitze fehlten ihm auf einer Strecke, die den Italienern in der Vergangenheit überhaupt nicht gelegen ist, nur vier Zehntelsekunden.

Teamkollege Ai Ogura schnupperte ebenfalls an den Top 10, konnte aber zum Ende der Session nicht mehr entscheidend zulegen.

Jorge Martin und Marco Bezzecchi erlebten dafür einen Freitag zum Vergessen. Der verletzungsgeplagte Weltmeister warf sein Motorrad am Nachmittag gleich in der Outlap ins Kiesbett von Kurve 9 und verlor wertvolle Zeit.

Jorge Martin blickt verwundert auf die Zeitentafel
Foto: © GEPA

Zurück auf der Strecke fand der Spanier einfach nicht auf Touren, auch nicht im Windschatten der Konkurrenz. Nach der mit Platz 7 erfolgreichen Rückkehr in Brünn steht ihm am Red Bull Ring ein hartes Wochenende bevor.

Selbiges könnte auf Bezzecchi zutreffen, der in Martins Abwesenheit sogar einen Sieg in Silverstone einfuhr und sowohl in Assen als auch Brünn auf Platz zwei landete. Verlief der Vormittag mit Platz drei noch zufriedenstellend, fehlten am Nachmittag plötzlich über sechs Zehntel auf die Top 10.

Der Italiener hatte kurz nach dem Training noch keine Erklärung dafür, warum das Gefühl plötzlich so viel schlechter war, und wollte sich schnellstmöglich die Daten ansehen. Am Samstag erwartet er ein hartes Q1, aus dem nur die besten zwei Piloten in Q2 einziehen.


Honda:

Platzierung Fahrer Rückstand in Sek.
Joan Mir +0,577
Johann Zarco +0,648
Luca Marini +0,821

Mühsam ernährt sich das Eichhörnchen - so arbeitet sich Honda Zentimeter für Zentimeter an die Spitze heran.

Am Red Bull Ring haben sich Joan Mir und Johann Zarco direkt für Q2 qualifiziert. Und damit ausgerechnet jene zwei Piloten, die mit jeweils 15 Stürzen in der laufenden Saison die Könige in dieser Kategorie sind. Einzig Luca Marini muss durch die Knochemühle Q1.

Obwohl der Halbbruder von MotoGP-Legende Valentino Rossi nicht die Top 10 erreichte, übrigens um nicht einmal eine Zehntelsekunde, zieht er eine positive Bilanz. Die neuen Updates an der Honda funktionierten und würden vor allem am Kurveneingang nötige Zeit bringen.

Joan Mir und Honda können für eine Überraschung sorgen
Foto: © GEPA

Ebenso zufrieden war Mir. Der Weltmeister von 2020 fand Gefallen an den neuen Teilen und war sogar überzeugt, im Qualifying am Samstag um die zweite Startreihe kämpfen zu können. Das würde eine Position zwischen vier und sechs bedeuten.

Im Gegensatz zu KTM sieht man bei Honda einen Vorteil in der Nutzung der neuen Stabilitätskontrolle. Diese würde etwa erlauben, Kurve 5 leichter mit Vollgas zu durchfahren.

Honda könnte die Überraschung des Wochenendes werden. Bei einem japanischen Team geht es also aufwärts, das andere steckt offensichtlich weiter in der Krise.


Yamaha:

Platzierung Fahrer Rückstand in Sek.
Fabio Quartararo +0,898
Alex Rins +1,043
Miguel Oliveira +1,516
Jack Miller +1,670

Yamaha hat am Freitag nämlich eine herbe Schlappe bezogen.

Kein einziger Pilot schaffte es in die Top 10, am nächsten war noch Starpilot und Ex-Weltmeister Fabio Quartararo dran.

Doch der Franzose geht leicht angeschlagen aus dem Tag, nachdem er bei einem Sturz in Kurve 6 unsanft auf die linke Hüfte gefallen ist. Kurve 6 hat einige Momente später auch bei Miguel Oliveira zugeschnappt, beide dürften auf einer kleinen Ölspur ausgerutscht sein.

Fabio Quartararo bleibt ratlos zurück
Foto: © GEPA

Abgesehen davon erweisen sich die japanischen Bikes am Red Bull Ring einfach nicht konkurrenzfähig. Quartararo ist ratlos: "Es ist so schwierig zu verstehen, wo ich mich verbessern kann. Uns fehlt es überall."

Der Red Bull Ring bietet allgemein weniger Grip, was für Yamaha zusätzliches Gift ist. Quartararo erklärt: "Die anderen haben mehr Grip, weniger Wheelies, mehr Motorleistung. Ich fühle mich am Limit, bin aber extrem langsam. Mal sehen, was wir am Samstag leisten können."

Er möchte sich jedenfalls nicht an die Grenze heranwagen und einen weiteren Sturz riskieren, wenn er so langsam sei. Geschieht über Nacht kein Wunder, droht Yamaha ein echtes Debakel.


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