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Kommentar: Rapids Risiko - und Schadensbegrenzung

Rapid trägt das Risiko, hatte aber wenige Zügel in der Hand. Kommentar:

Kommentar: Rapids Risiko - und Schadensbegrenzung Foto: © GEPA

Fußball-Österreich blickt gespannt auf "El Clasico". Mit dem Duell Yusuf Demir gegen David Alaba hat das Aufeinandertreffen von FC Barcelona und Real Madrid einen rot-weiß-roten Einschlag bekommen.

Diese Perspektive ist noch ein weit entfernter Wunsch. Aber wie schnell sich auch ganz große Träume erfüllen können, kann ja bei Yusuf Demir erfragt werden.

Während Österreich über den Transfer staunt und der 18-Jährige selbst wohl im siebten Himmel schwebt, lässt der Deal bei den Fans des SK Rapid ein wenig die Wogen hochgehen.

Denn statt des erhofften Millionen-Regens auf einen Schlag schaut mit einer Leihgebühr von 500.000 Euro recht wenig sofortiger Ertrag für die Hütteldorfer heraus, gleichzeitig birgt das Geschäft ein enormes Risiko, das einzig bei Grün-Weiß liegt.

Die Wiener sind für die zehn Millionen Euro erhoffter Ablöse darauf angewiesen, dass Demir einschlägt. Barcelona kann sich zurücklehnen und abwarten.

Sollte sich "Barca" in einem Jahr gegen einen Kauf entscheiden, wäre die Hütteldorfer Perspektive keine bessere - Demir ein Jahr älter, der erste Eindruck bei einem Großklub auch nicht zur vollsten Zufriedenheit verlaufen, gleichzeitig wieder der Zwang da, möglichst schnell Geld aus dem Wunderkind machen zu müssen. Und ein Jahr ohne den sportlichen Output Demirs musste auch bestritten werden.

Die Rapid-Fans hätten sich anderes erhofft, als diese prekäre Lage. Aber Zoran Barisic hat seine Sache richtig gemacht.

Demir: Barca! Alles andere uninteressant

Denn während die prominenten Namen interessierter Klubs und ihrer Angebote nur so durch die Gegend geschleudert wurden, blieb der Faktor "Mensch" immer außen vor.

Yusuf Demir hatte einen Traum, einen Wunsch, ein Ziel. Und das hieß nicht Manchester City, Juventus oder Dortmund. Das hieß und heißt FC Barcelona.

 

(Text wird unterhalb fortgesetzt)

VIDEO - Andi Ogris nimmt Yusuf Demir ins "Augerl"

Ob die Katalanen wirklich die beste Destination für die weitere Entwicklung des 18-Jährigen sind, muss eine Sekunde lang völlig außen vor bleiben. Ebenso wie die Frage, ob er sich dort überhaupt durchsetzen kann. Träume stehen in der Leidenschaft Fußball hin und wieder über der Rationalität. Es spricht doch auch für Demir, sich große Ziele zu setzen - den Rest sollen die nächsten Monate weisen.

Als sich "Barca" unter den Interessenten fand, war es um Demir geschehen und der weitere Verlauf der Causa quasi in Stein gemeißelt. Im Winter war sich Rapid mit einem englischen Klub einig, nur einer legte sich quer: Demir selbst.

Rapid hatte keine gute Verhandlungsposition

In Zeiten des Transfer-Wahnsinns wird zu oft vergessen, dass die Spieler selbst die größte Rolle in den Entscheidungen über ihre Zukunft spielen.

Als der Traum der "Blaugrana" greifbar wurde, war es um Rapids Verhandlungsposition de facto geschehen. Der einzige in Frage kommende Klub kam weder mit den finanziellen Möglichkeiten, noch mit dem Willen des Risikos daher, Demir gleich um das geforderte Geld zu übernehmen.

Mit einem Jahr Restvertrag hätte Demir die Not-Perspektive gehabt, sich in der nächsten Saison endlich zum Stammspieler hochzuspielen, um sich seinen Traum dann ablösefrei zu erfüllen. Rapid hätte durch die Finger geschaut.

Die Devise war, möglichst viel Gegenleistung von Barcelona aus dem Geschäft herauszuverhandeln. Dass für die zehn Millionen Euro Demir erst einmal Leistung bringen muss, statt mit der geforderten Ablösesumme mangels Alternativen stark in die Knie zu gehen, ist ein absoluter Vertrauensbeweis Rapids in die Fähigkeiten des Youngsters, der dieses Vertrauen mit seinem nötigen Part des Deals, der Vertragsverlängerung, zurückzahlte.

Wäre Rapid der sofortige Verkauf an einen anderen "Riesen", um ein, zwei Millionen weniger, lieber gewesen? Vermutlich ja. Hätte Yusuf Demir mit "Barca" vor der Nase zugestimmt? Nein. So ist die Aussicht auf den erhofften Deal in einem Jahr aus Rapid-Sicht vor den Gegebenheiten als Schadensbegrenzung einer ungünstigen Verhandlungsposition zu betrachten, die noch dazu voll aufgehen kann.

Ein Signal an die Supertalente von morgen

Auch sonst kann sich das Risiko für Rapid langfristig auf andere Weise bezahlt machen. Im Rittern um Zukunftshoffnungen ist der Demir-Deal ein klares Zeichen nach außen: Wir legen euch keine Steine in den Weg. Wir hören auf eure Wünsche, wir erfüllen sie - selbst, wenn das Risiko an uns kleben bleibt.

Und so sehr die Berücksichtigung eines Worst Case bei Geschäften nötig und richtig ist: Er tritt nicht immer ein. Eigentlich fast nie.

Und so könnte sich die Geschichte im Sommer 2022 aus Rapids Sicht auch so zutragen: Man ist um zehn Millionen Euro reicher und kann nach langer Zeit wieder einmal ein wenig in den Kader investieren. Das Image Rapids als Talenteschmiede bei Großklubs wie Jungspielern ist aufpoliert und bietet neue Zukunftsperspektiven.

Ein Ausgang, der auch ein wenig - erzwungenermaßen eingegangenes - Risiko wert ist.


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