Bosnien trotz Personalsorgen mit breiter Brust nach Wien
Teamchef Barbarez: "Das ist der Moment, auf den wir gewartet haben". Vorwürfe an ÖFB wegen später Karic-Freigabe: "Kein Fairplay". Dzeko Leithammel für eine neue Generation
Bosniens Fußball-Nationalteam geht als Außenseiter, aber mit der Chance auf einen großen Coup ins Entscheidungsspiel der WM-Qualifikation am Dienstag (20:45 Uhr/live ServusTV und im LIVE-Ticker >>>) in Wien gegen Österreich.
Mit einem Sieg im ausverkauften Ernst-Happel-Stadion würden Edin Dzeko und Co. ihre erst zweite WM-Teilnahme als eigenständiges Land nach 2014 fixieren. Während die ÖFB-Auswahl fast in Bestbesetzung antreten kann, geht Bosnien allerdings stark ersatzgeschwächt in den Showdown.
Mit dem Ex-Salzburger Amar Dedic und Nikola Katic fehlen zwei Schlüsselspieler wie Mittelfeldmann Dzenis Burnic wegen Gelbsperren. Die Verletztenliste ist ebenfalls lang. Angeführt wird sie von Stuttgart-Stürmer Ermedin Demirovic, der seit Wochen wegen eines Fußwurzelbruches pausieren muss. Auch Adrian Leon Barisic, Stjepan Radeljic und Haris Hajradinovic stehen darauf. Routinier Sead Kolasinac befindet sich nach einem Kreuzbandriss zwar wieder im Kader, kam beim 3:1 am Samstag in Zenica gegen Rumänien aber nicht zum Einsatz.
Mit dem umjubelten Heimsieg nach Rückstand hielten sich die Bosnier im Rennen um das WM-Direktticket - und kommen mit entsprechend breiter Brust in den Wiener Prater. "Wir haben von einem Finale in Österreich geträumt", betonte Teamchef Sergej Barbarez. "Uns fehlen einige Stammspieler, aber das ist der Moment, auf den wir gewartet haben. Wir fahren mit großer Zuversicht nach Wien." Der Ex-Stürmer hofft auch auf die Unterstützung der bosnischen Fans. "Ich bin sicher, dass das halbe Stadion unseres sein wird."
Aufregung um Karic
Für Aufregung im bosnischen Lager sorgte die Personalie Emir Karic. Der Linksverteidiger von Sturm Graz hätte laut Barbarez gegen die Rumänen sein Länderspieldebüt geben sollen. Man habe vom ÖFB aber nicht rechtzeitig die notwendigen Dokumente zur Freigabe erhalten, so der Vorwurf. "Das ist kein Fairplay", kritisierte Barbarez. Zumal die Österreicher bei einem Punkteverlust Bosniens bereits vorzeitig für die WM in Nordamerika qualifiziert gewesen wären.
Karic war bis zur U21 für Österreich im Einsatz, seit dem Vorjahr verfügt der gebürtige Linzer aber auch über den bosnischen Pass. Nun steht der 28-Jährige erstmals im Aufgebot. "Meine Freunde kennen meine Meinung", betonte Karic vergangene Woche. "Bosnien-Herzegowina ist das Land meiner Eltern. Ich bin Österreich dankbar für alles, das sie mir gegeben haben."
Bei Barbarez' Anruf habe er aber nicht zweimal nachgedacht. "Ich bin stolz zu sein, wo ich bin, und für das Land zu spielen, das ich liebe." Laut bosnischen Medien sei die Freigabe mittlerweile eingetroffen und Karic am Dienstag in Wien spielberechtigt.
Sein Clubkollege Arjan Malic wurde nach einem Fehler beim Tor der Rumänen zur Pause ausgewechselt. In Abwesenheit von Top-Außenverteidiger Dedic könnten beiden Sturm-Kickern gegen das ÖFB-Team trotzdem wichtige Rollen zukommen. "Wir müssen das in Zukunft besser absichern und aufmerksamer sein", verlangte Barbarez. Malic tue ihm leid. "Aber wir schauen nach vorne. Wir werden in Wien unsere Stärken zeigen."
Dzeko als Leitwolf
Eine davon - die vielleicht größte - ist Dzeko. Der Altstar hält bei 72 Toren in 145 Länderspielen. "Wir arbeiten härter denn je. Wir trainieren bis zum Äußersten", versicherte der 39-Jährige, der sein Land zwölf Jahre nach der Premiere noch einmal zu einer WM führen will. Das Team ist mit talentierten Youngsters wie Salzburgs Kerim Alajbegovic (17) oder Esmir Bajraktarevic (20) von PSV Eindhoven, dem gegen Rumänien ein Traumtor zur 2:1-Führung gelang, gespickt.
"Ich bin hier etwas älter. Ich haue ihnen den Altersschnitt zusammen, aber so ist es nun einmal, und das ist großartig", meinte Dzeko. Gerade aus Entscheidungsspielen wie gegen Rumänien und Österreich könne das junge Team viel lernen. "Die Euphorie ist riesig", sagte Torhüter Nikola Vasilj vor dem Showdown in Wien. "Natürlich haben wir unsere Chancen - warum auch nicht? Es wird schwer, aber wir haben keinen Grund, Angst zu haben." Oder wie es Außenspieler Amar Memic formulierte: "Der Ball ist rund. Wir fahren dorthin, um zu gewinnen."
Ihren einzigen Sieg in bisher sechs Duellen mit dem ÖFB-Team seit der eigenen Unabhängigkeit haben die Bosnier im September 2018 in Zenica eingefahren. Torschütze zum 1:0-Erfolg in der Nations League: natürlich Edin Dzeko. Der Angreifer, der seit Sommer primär als "Joker" bei der Fiorentina kickt, traf auch im Hinspiel im September gegen die Österreicher. Tore von Marcel Sabitzer und Konrad Laimer sorgten in Zenica allerdings für einen 2:1-Sieg der ÖFB-Auswahl - und dafür, dass dieser am Dienstag bereits ein Remis für das WM-Ticket reicht.