news

Kanuric: Österreichs letzter Käfigkicker?

"Kein typischer Akademiespieler!" LAOLA1 erklärt, was Kanuric so besonders macht:

Kanuric: Österreichs letzter Käfigkicker? Foto: © GEPA

Österreichs "Käfigkicker" im Profifußball sind an einer Hand abzuzählen.

Der bekannteste von ihnen ist sicherlich Marko Arnautovic, der spielerisch noch heute von den vielen Stunden, die er in Wiens Fußballkäfigen verbrachte, lebt. Außerdem sind da noch Ercan Kara oder Ümit Korkmaz, die auf Wiens Straßen statt in einer hiesigen Fußball-Akademie das Kicken lernten.

Ganz anders die Vergangenheit von Benjamin Kanuric: Der U19-Teamspieler Österreichs ist seit jüngster Kindheit Akademiespieler, so richtig anzumerken ist dies dem technisch beschlagenen Mittelfeldmann vom SK Rapid aber nicht.

"Er ist nicht der typische Spieler, den man vielleicht aus der Akademie kennt", erklärte Rapid-Sportkoordinator Steffen Hofmann einst. Doch was ist darunter zu verstehen? Kanuric klärt gegenüber LAOLA1 auf:

"Ich habe das Kicken früh im Park und auf der Straße begonnen, habe mit meinem Bruder die Zeit von der Früh bis am Abend im Käfig verbracht. Das war eine der schönsten Zeiten in meinem Leben - einfach zu kicken. Natürlich muss man sich als Fußballer auch in andere Sachen reinversetzen, aber viel gelernt habe ich durch das Kicken im Park."

Viele Käfig-Einheiten mit Torwart-Bruder

Auch die vielen Jahre in verschiedenen Akademien Österreichs und auch in Deutschland konnten Kanuric die Lust am Fußballspielen nicht verderben. Auch heute ist der Rapid-II-Kicker immer wieder für die besonderen Momente verantwortlich.

Ein weiteres Resultat der vielen extra Einheiten mit seinem Bruder Adnan - der passenderweise Profitorwart wurde und aktuell beim FK Sarajevo unter Vertrag steht - ist eine hervorragende Schusstechnik.

Egal ob aus dem Spiel, oder aus Standards, Kanurics feiner rechter Fuß versetzte in der abgelaufenen 2.-Liga-Saison einige Torhüter in Angst und Schrecken.

Missverständnis Deutz "ist Vergangenheit"

Begonnen hat die Karriere des "Käfigkickers" in Oberösterreich. Der Blondschopf wurde in Enns als Kind bosnischer Eltern geboren; das bosnische Nationalteam war für ihn - anders als für seinen Bruder Adnan, der zuletzt für die bosnische U21 auflief - trotz der Herkunft seiner Eltern bisher aber nie ein Thema.

Als Kleinkind schloss sich Kanuric dem LASK an, ehe mit nur acht Jahren der FC Red Bull Salzburg anklopfte: "Sie haben gesagt: 'Wir würden dich gerne haben'. Dann ist es schnell gegangen - Mama, Papa, Bruder nach Salzburg."

2018 verließ Kanuric mit seiner Familie die Mozartstadt allerdings wieder, es folgte der Wechsel in die Jugend des deutschen Fünftligisten SV Deutz aus Köln.

Ein eher ungewöhnlicher Schritt, über den Kanuric nicht gerne spricht: "Ich sage mal so: Es ist nicht alles so gelaufen, wie es sollte. Aber das ist Vergangenheit." Nach nur einem Jahr war dieses Missverständnis beendet und der schlaksige Achter schloss sich dem SK Rapid an.

Keine Zukunft bei Rapid

In Hütteldorf gelang ihm von der U16 direkt der Sprung in die zweite Mannschaft und in der Saison 2021/22 schließlich der Durchbruch.

Fünf Tore erzielte der gebürtige Oberösterreicher in der abgelaufenen Saison, dazu kamen sieben Assists. Speziell im Frühjahr lieferte Kanuric zahlreiche glänzende Auftritte, eine Chance in der ersten Rapid-Mannschaft bekam er unter Ferdinand Feldhofer dennoch nie. Nun steht ein Abgang aus Hütteldorf bevor (Alle Infos>>>).

Kanurics nächster Karriereschritt sollte gut durchdacht sein, oftmals stand sich der hochtalentierte Achter in der Vergangenheit selbst im Weg. Sportlich befindet sich der 1,91 Meter große Mittelfeldmann momentan aber nicht nur auf Klubebene in Top-Form.

Scherb: "Ich sage ihm eine große Karriere voraus"

In der Eliterunde der Qualifikation zur U19-Europameisterschaft schoss er das schlussendlich entscheidende Tor zum 2:2 gegen Europameister Spanien und öffnete Österreich damit die Tür zur erstmaligen EM-Teilnahme seit sechs Jahren.

"Er hat sich im Laufe der letzten vier Jahre extrem entwickelt – nicht nur als Fußballer, sondern auch als Mensch. Am Anfang war es ein bisschen schwierig mit ihm, aber gemeinsam mit Rapid ist es uns gelungen, einen Top-Spieler aus ihm zu machen", hält ÖFB-U19-Teamchef Martin Scherb viel von Kanuric.

Scherb weiters: "Ich sage ihm eine große Karriere voraus."

Kanuric auch bei der U19-EM gesetzt

Wenig überraschend vertraute der U19-Teamchef Kanuric auch beim EM-Auftakt gegen England in der Startformation. Der Rechtsfuß kam auf der eher ungewohnten Position am linken Flügel zum Einsatz und war aufgrund der Offensivpower vom britischen Rechtsverteidiger Brooke Norton-Cuffy viel in der Defensive gebunden, allerdings sorgte er in Halbzeit eins auch mit einem gut platzierten Aufsetzer aus der Distanz für Gefahr.

"Es war schwierig reinzukommen gegen so einen Topgegner. Ich finde, wir haben es richtig gut gemacht, dann haben wir aber leider blöd und spät in der ersten Halbzeit das Gegentor bekommen", analysiert Kanuric die erste Hälfte.

Bei einer der vielen Abwehraktionen verdrehte sich der Oberösterreicher das Knie und musste behandelt werden, allerdings humpelte er zurück aufs Feld und spielte bis zu seiner Auswechslung nach 57 Minuten eine auffällige Partie. Die Knieverletzung wird für den künftigen Turnierverlauf "kein Problem sein".

"Wenn der Stangenschuss reingeht, schaut es anders aus"

Von der Bank sah Kanuric, wie Alfie Devine in Minute 65 schließlich das vorentscheidende 0:2 erzielte. "In der zweiten Halbzeit waren wir richtig gut im Spiel, aber England ist eine starke Mannschaft mit viel Qualität und guten Einzelspielern. Dann kriegst du das 0:2 und dann ist es schwierig", so der Rapidler.

Teamkollege Yusuf Demir hatte wenig später die große Möglichkeit, auf 1:2 zu stellen und Österreich gut 25 Minuten vor Ende nochmal zurück ins Spiel zu bringen, scheiterte aber am linken Pfosten. "Wir haben nach dem 0:2 nicht aufgegeben und weitergespielt. Wenn der Stangenschuss reingeht, schaut es anders aus", ist sich Kanuric sicher.

Im zweiten Gruppenspiel gegen Israel am Mittwoch (17:45 im LIVE-Ticker) heißt es nun verlieren verboten, wenn es mit dem Halbfinale klappen soll. Wie schaut die Vorbereitung auf diese vorentscheidende Partie aus?

"Regenerieren, analysieren, verbessern, Gegner anschauen und dann unser Spiel machen - ganz einfach", so Kanuric lapidar.

Kommentare