news

Kollers "ewiger Co" Janeschitz über Job-Optionen

Ex-ÖFB-Coach und Leiter der Trainerausbildung sinniert bei LAOLA1 über neuen Job:

Kollers Foto: © GEPA

Der ÖFB rüstet sich für die ersten Länderspiele 2021. Die Situation ist für alle Beteiligten sehr herausfordernd. Die Vorbereitung auf die EURO läuft neben der WM-Qualifikation für 2022 mit. Ob die UEFA für die Endrunde (11. Juni bis 11. Juli) an allen EM-Städten festhält, bleibt abzuwarten. 

Teamchef Franco Foda überraschte vergangene Woche mit einem unkommentierten 43-Mann-Großkader. Inzwischen hat sich der Deutsche dazu geäußert und das Aufgebot umfasst nur noch 29 Spieler. Bei den Themen ÖFB-Team und EURO-Teilnahme rücken auch die Namen Marcel Koller und Thomas Janeschitz in den Blickpunkt.

Was wurde eigentlich aus dem einst erfolgreichen Gespann des Fußballbundes? Wie geht es mit dem Duo nach ihrer gemeinsamen Tätigkeit beim FC Basel weiter? Seit September sind Koller und Janeschitz ohne Job. LAOLA1 erkundigt sich beim 54-jährigen Wiener, wie die Job-Optionen lauten und ist überrascht, dass Thomas Janeschitz seinen Lebensmittelpunkt weiter in einem Vorort von Basel hat.

"Es gibt bei mir private Veränderungen, die Lebensqualität in und rund um Basel ist großartig und ich habe mich entschieden, vorerst hier in der Schweiz zu bleiben", verrät der ehemalige Bundesliga-Kicker, Nachwuchs-Trainer, Chef-Coach und Assistenztrainer von Marcel Koller.

Janeschitz zu seiner aktuellen Situation: "Ich ordne mich neu, ich merke, dass ich diese Zeit, alles einmal in Ruhe aufzuarbeiten, einfach brauche. Ich gehe Laufen oder wandere durch die Wälder in der Nähe meines Wohnsitzes. Da kann ich in Ruhe alles überdenken, reflektieren und überlegen. Das ist schon etwas sehr Wertvolles und ich genieße die Zeit momentan sehr", erklärt Janeschitz, der einst an der Uni Wien Leibeserziehung und Mathematik studierte.

Dazu passend soll nicht unerwähnt bleiben dass sich der ehemalige Stürmer aktuell in Basel zusätzlich weiterbildet: "Ich arbeite viel Literatur zu Führungsthemen und Management durch und lerne mit Italienisch eine weitere Sprache", so Janeschitz.

Sekou Koita stellt Bundesliga-Rekord an Joker-Toren von Janeschitz ein

Sekou Koita stellt Bundesliga-Rekord an Joker-Toren von Janeschitz ein
Janeschitz (FC Tirol) gegen Darko Milanic (Sturm)
Foto: © GEPA

Dass auch der Ex-Bundesliga-Spieler Janeschitz zuletzt in den Medien auftauchte, ist Salzburgs Sekou Koita geschuldet. Der Stürmer aus Mali hat Janeschitz in Sachen Joker-Treffer eingeholt (Bericht > > >).

LAOLA1: Dank Koita ist im Februar an dich und die Saison 1994/95 beim FC Tirol erinnert worden. Wie sehr ist diese Zeit bei dir noch präsent?

Thomas Janeschitz: Eigentlich gar nicht und ich wusste auch nie, dass ich diesen Rekord halte. Was ich wusste ist, dass ich viele Tore als Joker erzielt habe und die Rolle des Jolly Jokers von den Medien sehr schnell und häufig zugesprochen und umgehängt bekam. Danke, Hans Krankl, der damals mein Trainer war und mich sehr oft nur von der Bank aus ins Spiel schickte.

LAOLA1: Aber nicht alle 43 Tore für Tirol - in 133 Liga-Spielen - waren Joker-Tore...

Janeschitz: Für mich war es wichtig, dass ich in meiner Innsbruck-Zeit auch viele Tore erzielt habe, als ich von Beginn an zum Einsatz kam. Es ist schön, an meine aktive Karriere erinnert zu werden. Ich schaue immer wieder sehr gerne auf meine verschiedenen Stationen zurück. Und es freut mich, dass ich mit den Vereinen und Arbeitgebern, bei denen ich tätig war, noch immer sehr verbunden bin. Ich bin überall im Guten gegangen und bin sehr dankbar, dass ich von jeder Station viel Positives mit auf meinen weiteren Weg nehmen konnte.

Janeschitz jubelt mit seinen Austria-Wien-Kollegen
Foto: © GEPA

LAOLA1: Gilt das auch für den FC Basel, wie war euer Abschied vom FCB?

Janeschitz: Unser Vertrag beim FC Basel ist abgelaufen. Zwischen dem Verein und Marcel Koller ist es zu keiner weiteren Einigung gekommen und damit sind wir wieder auf dem Markt. Ich habe Überlegungen angestellt, wie es jetzt weitergehen soll und habe mich dazu entschieden, in Basel zu bleiben. Auch, weil hier immer wieder Gespräche stattgefunden haben, dazu die aktuelle Pandemie-Zeit nicht unbedingt eine Reise-Zeit ist und so hat es für mich mehr Sinn ergeben, hier in der Schweiz zu bleiben.

LAOLA1: Wie soll es mit dir weitergehen? Willst du wieder als "Co" von Koller arbeiten, einen Cheftrainer-Job suchen oder ganz was anderes angehen?

Janeschitz: Ich weiß noch nicht genau, wo die Reise hingeht. Ich habe mit Marcel die Zeit in Basel gründlich aufgearbeitet und ausdiskutiert. Es ist in unserer Ära innerhalb des Vereins und im Umfeld sehr viel passiert.

LAOLA1: Aus der Ferne betrachtet, war es eigentlich ein Wunder, dass ihr das ganze Chaos bis zum Schluss überstanden habt…

Janeschitz: Es passiert aus meiner Sicht sehr häufig, dass Klubs nach sehr großen Erfolgen ziemlich leicht ins Chaos stürzen. Basel ist da sicher das beste Beispiel. Zum einen sorgen Veränderungen in der Führung oder in den finanziellen Möglichkeiten für Unruhe, zum anderen treiben der Erfolg und das Verwöhntsein frei nach dem Motto: alles ist großartig, es läuft eh so weiter, den einen oder anderen Verein in eine schwierige Situation. Und das ist jetzt nicht nur ein FCB-Problem. Es gibt immer wieder Vereine, bei denen das deutlich zu sehen ist. Dieser Widerspruch war für mich von Anfang an zu spüren und gegeben, das ist irgendwie als Erstes bei mir angekommen. Alle haben beim FCB nur von der Champions League gesprochen, aber die tatsächlichen Gegebenheiten waren weit entfernt von Champions League. Und zwar in allen Belangen. Aber das war auch normal. In den zwei Jahren, in denen wir das Sagen hatten, war eigentlich nie Ruhe im Umfeld des Vereins.

LAOLA1: Wie seid ihr damit umgegangen, wie sehr hat das dem Trainerteam geschadet?

Mit Carlos Bernegger (l.) und Marcel Koller in Basel
Foto: © GEPA

Janeschitz: Unser Ruf in der Schweiz ist weiter sehr gut. Die Arbeit von Marcel und mir ist grundsätzlich sehr positiv wahrgenommen worden. Jeder weiß und wusste, unter welchen Voraussetzungen wir diesen Erfolg (u.a. Cupsieg 2019, Europa-League-Finalturnier 2020) erarbeiteten. Für mich war es trotz allem eine erfolgreiche Zeit, weil sich die Mannschaft stabilisiert hat, zu einer verschworenen Gemeinschaft gewachsen ist und sich trotz der Umstände sehr gut entwickelt hat. Durch die Unruhe innerhalb der Mannschaft zu Beginn unserer Tätigkeit konnten wir die Truppe in der weiteren Entwicklung gut erreichen.

LAOLA1: Wie seid ihr mit der Unruhe umgegangen?

Janeschitz: Wir haben alle Probleme knallhart angesprochen und analysiert. Damit haben wir einen Großteil der knapp 30 Spieler überzeugen und erwischen können. Die beteiligten Spieler haben auch selbst gemerkt, dass das Vorsprechen beim Präsidenten hinter unserem Rücken nicht in Ordnung und teilweise fremdgesteuert war. Als Assistenz-Trainer habe ich die Vorfälle aus einer gewissen Distanz beobachten können und habe dabei sehr, sehr viel für mich gelernt. Damit kann ich jetzt auch sagen, dass meine Entscheidung, ins Ausland zu gehen, für mich hundertprozentig richtig war. Ich habe für mich erkannt, dass ich meine Qualitäten auch im Ausland, bei Spielern, die mich nicht kennen, ausspielen kann. Am Ende waren viele Spieler und Mitarbeiter beim FCB sehr traurig, dass wir - und damit auch ich - gegangen sind.

LAOLA1: Wie lange soll deine Auszeit noch dauern? Oder bist du aktuell wieder auf Jobsuche?

Janeschitz: Naja, wir haben uns sehr gut Zeit genommen, um alles aufzuarbeiten und unsere Zeit beim FCB zu analysieren. Dann ist die Zeit mit der Corona-Pandemie natürlich eine sehr spezielle, auch für die Klubs und die Verbände. Für mich habe ich in der letzten Zeit schon gemerkt, dass ich gefragt bin. Und das in mehrfacher Hinsicht. Es geht natürlich um Trainerposten, aber auch um strukturelle Positionen.

LAOLA1: Das heißt, du willst Cheftrainer werden?

Janeschitz: Ich habe in den letzten Jahren sehr viel Erfahrung gesammelt und war ja schon Cheftrainer. Durch meine Arbeit beim ÖFB-Team, aber auch in Basel habe ich sehr viel mitgenommen und an Erfahrung gesammelt. In solchen Phasen lernt man auch als Assistenz-Coach jede Menge und irgendwie denkt man dabei ja immer: Wie würdest du das jetzt lösen, wie wäre dein Zugang? Da habe ich schon bemerkt, ich möchte diese Entscheidungen als Letztverantwortlicher treffen. Der Trainer-Job beschäftigt mich genauso wie viele andere Projekte. Ich führe auch Gespräche in Richtung sportliche Leitung, Führung, Konzeptionen, auch da habe ich Möglichkeiten und sehe da aktuell sogar die größte Chance, länderübergreifend etwas anzugehen. Da könnte etwas entstehen.

LAOLA1: Das heißt, du siehst dich künftig möglicherweise nicht mehr am Fußballfeld?

Janeschitz: Das ist genau jener Zwiespalt, in dem ich mich momentan ein wenig befinde. Das muss ich gerade mit mir ausfechten. Ich weiß, dass ich im Trainer-Dasein vom Fachlichen und Menschlichen gut bin und diese Tätigkeit beherrsche. Es gibt so viele namhafte Spieler, mit denen ich in diesem langen Zeitraum erfolgreich arbeiten durfte. Ich hatte einst in der Akademie immer auch den Anspruch, internationale Spieler auszubilden. Etwas, das mir aktuell bei dem einen oder anderen Verein ein wenig fehlt. Oft habe ich das Gefühl, dass es vielen reicht, wenn sie Spieler für die österreichische Bundesliga entwickeln und froh sind, wenn ihre Spieler dort zu Einsätzen kommen. Ich lege mir diesbezüglich jedenfalls die Latte höher. Es klingt vielleicht überheblich, aber ich hefte mir schon an meine Brust, dass ich in der Stronach-Akademie und auch in der Trainerausbildung etliches weitergebracht und in die richtige Richtung gesteuert habe. Auch da bin ich angetreten, den Ruf des österreichischen Trainers im Ausland zu steigern und die Nachfrage zu erhöhen.

LAOLA1: Wen meinst du damit?

Janeschitz: Adi Hütter oder Oliver Glasner sind für mich aktuell die besten Beispiele. Es gibt viele Trainer, die beachtliche Entwicklungen genommen haben oder gerade nehmen. Ein kleiner Teil ihrer Erfolgsgeschichte ist dabei sicher auch in der Trainerausbildung geschrieben worden.

LAOLA1: Zurück zum möglichen neuen Job. Was ist reizvoll?

Janeschitz: Auch der Posten eines Sportdirektors ist für mich reizvoll. Ich glaube einfach, dass ich durch die Vielzahl meiner Tätigkeiten einen sehr vielseitigen Blick auf den Fußball im Allgemeinen und durchaus mit anderen Denkansätzen habe. Ich habe im Fußball etliche Leute in Top-Positionen erlebt, die einfach nicht professionell waren, aber wichtige Positionen einnehmen. Warum auch immer. Da wundert man sich dann oft gar nicht, warum das eben nicht so läuft, wie es alle gerne hätten. Aber die Arbeit am Platz ist natürlich das, was ich am Besten intus habe und mir immer noch sehr am Herzen liegt.

Janeschitz: Arbeit am Platz liegt mir am Herzen!
Foto: © GEPA

LAOLA1: Welches Angebot müsste kommen, damit du deine Auszeit beenden würdest?

Janeschitz: Cheftrainer in einer höchsten Spielklasse in einem attraktiven Land, wäre so ein Angebot, das mich sofort bewegen würde.

LAOLA1: Da du auf so ein Angebot noch wartest, was steht aktuell auf deinem Tagesprogramm?

Janeschitz: Ich betreibe zurzeit sehr viel Sport, bin also in einem Topzustand (lacht). Weiters arbeiten wir mit einem Freund aus Basel an der Möglichkeit in die Selbständigkeit zu gehen. Hier soll es - wie es in der Wirtschaft üblich ist - um Consulting im Bereich von Leadership, Führung, Unternehmensanalysen, usw. speziell für Fußballvereine oder -verbände gehen. In den Gesprächen mit ihm haben wir unsere Erfahrungen zusammengeführt und bereits viele Angebotspakete geschnürt, die nur mehr auf einen Startschuss warten. Dieser Zeitpunkt ist aber noch nicht gekommen.

LAOLA1: Zum Abschluss sei eine Frage zum ÖFB-Team erlaubt. Es steht wieder eine EURO vor der Tür. Was sind denn deiner Meinung nach Lehren aus der EURO 2016 in Frankreich?

Janeschitz: Es geht um Professionalität und um realistische Einschätzung. Der Weg zur EURO war ein riesiger Erfolg und das Abschneiden dort für alle enttäuschend, aber es hat natürlich alles Gründe gehabt. Deshalb sind dieser Realismus und die Ehrlichkeit bei der Analyse so entscheidend, die unabhängig von Eigenbefindlichkeiten, Selbstdarstellung und Positionskämpfen erfolgen muss. Das ist mein Verständnis von Führung und Leadership.

Kommentare