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Andi Herzog: "Das wäre für die Liga sehr wichtig"

Trotz Turbulenzen sind die "Bullen" wieder Titelfavorit. Von Rapids Aktivitäten zeigt sich Herzog überrascht. Was die ÖFB-Legende über Sabitzer und Kane denkt.

Andi Herzog: Foto: © GEPA

"Salzburg ist wieder Favorit", legte sich Andreas Herzog bei einem "Sky"-Event vor dem Saisonstart der Admiral Bundesliga im LAOLA1-Gespräch fest.

Daran dürfte auch der zum damaligen Zeitpunkt (24. Juli, Anm.) noch nicht festgestandene Abschied von Matthias Jaissle nichts geändert haben. Tags darauf tauchten die ersten Gerüchte rund um das Interesse von Al-Ahli SFC am zweifachen Meistertrainer auf, seit letzten Freitag ist der Deutsche Geschichte - und Gerhard Struber neuer Übungsleiter.

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Im Rahmen des Liga-Auftakts LASK gegen Rapid (1:1) äußerte sich der "Sky"-Experte zu Jaissles überraschendem Abgang. "Für einen Trainer ist es unangenehm, wenn ein Spieler kurzfristig wechselt, aber wenn der Trainer, der die gesamte Saisonvorbereitung gemacht hat, einen Tag vor Meisterschaftsstart geht, ist das extremer als ein Spielerwechsel."

Herzog wäre nicht nach Saudi-Arabien gegangen

"Aber so kurz vor der Meisterschaft war es nicht ideal. Ehrlicherweise muss man auch sagen, ich hatte im Laufe der letzten Saison schon das Gefühl, dass nicht alles hundertprozentig überzeugend war."

Andi Herzog über Matthias Jaissles Abschied

Den Schritt nach Saudi-Arabien hätte Herzog an seiner Stelle nicht gemacht. "Wenn ich zweimal in Österreich Meister geworden wäre, wäre ich nicht dorthin gegangen. Mit den Erfolgen hätte er in Deutschland eine andere Karriere machen können. Aber das sind Entscheidungen, die man akzeptieren muss", meint die ÖFB-Legende und fügt hinzu: 

"Aber so kurz vor der Meisterschaft war es nicht ideal. Ehrlicherweise muss man auch sagen, ich hatte im Laufe der letzten Saison schon das Gefühl, dass nicht alles hundertprozentig überzeugend war", spricht Herzog eine gewisse Spannung unter den Verantwortungsträgern an, die jedoch stets dementiert wurde.

Nachdem Jaissle aber einen Tag vor dem Meisterschaftsauftakt beim SCR Altach (2:0) unbedingt das saudi-arabische Angebot annehmen wollte, waren auch von Geschäftsführer Stephan Reiter ungewohnt raue Töne zu hören. "Wenn Trainer Salzburg verlassen haben, ist das immer im positiven Rahmen abgegangen", sagt Herzog dahingehend.

Warum Seiwalds Abgang am schwersten wiegt

Friktionsfrei gingen dafür die Wechsel von Sportdirektor Christoph Freund zum FC Bayern München oder jene von Leistungsträgern wie Nicolas Seiwald, Benjamin Sesko oder Noah Okafor über die Bühne.

Für Herzog hängen Salzburgs Leistungen davon ab, wie sich die Abgänge verkraften lassen. "Das haben sie in den letzten Jahren immer gut gemacht", meint der Co-Trainer Südkoreas, "aber letzte Saison war es schon so, dass sie eine extrem junge Mannschaft gehabt haben. Da gab es die eine oder andere Situation, wo es etwas enger war."

Vor allem der SK Sturm Graz hing den "Bullen" dicht im Nacken, doch "als es darauf ankam, vor allem das eine Spiel in Graz (2:0-Sieg für Salzburg, Anm.) - da waren sie richtig souverän. Da hat Seiwald auf der Sechs gespielt, war Kapitän und Leader, konnte etwas organisieren. In der wichtigen Phase ist Seiwald schon als Leitwolf vorangegangen", so Herzog.

Der 22-jährige Kuchler sei daher am schwierigsten zu ersetzen, "nicht nur vom Spielerischen her, sondern auch vom gesamten Auftreten. Dieselbe Situation war zuvor mit Zlatko Junuzovic, wo man gesagt hat, er war auch der Leader - er war schon viel älter, hatte viel mehr Routine", meint der 54-jährige Wiener, der erläutert:

"Es muss über die gesamte Saison hinweg so sein, dass Sturm, der LASK oder die zwei Wiener Vereine Salzburg einmal schlagen. Damit sie wissen, Salzburg ist schlagbar - das wäre für die Liga schon sehr wichtig."

Andi Herzog

"Aber den Weg, den die Salzburger mit extremer Jugend gehen; der eine ist talentiert und jung, der andere ist jung, gut und hat schon so eine Leader-Mentalität wie Seiwald. Da muss man abwarten, wer in die Rolle schlüpfen kann."

Ein, zwei Klubs können wieder bei Salzburg anklopfen

Als größte Konkurrenten der Salzburger sieht Herzog den SK Sturm sowie den LASK.

"Der LASK hat viel Bewegung am Trainer- und Spielersektor gehabt, bei Sturm hat sich auch viel getan. Emanuel Emegha haben sie verkauft – er war gar nicht einmal so ein Torjäger, aber extrem laufstark und Szymon Wlodarczyk dürfte noch mehr ein Torjäger sein", was der junge Pole bereits mit einem Treffer gegen Austria Wien bewies.

Salzburg müsse daher "schon wieder eine gute Saison spielen. Ich glaube nicht, dass es so ist wie in den letzten Jahren davor, wo man von Haus aus gesagt hat, es wird ein ganz klares Start-Ziel-Rennen von Salzburg. Ich glaube schon, dass wieder ein, zwei Vereine anklopfen können", betont Herzog.

Vor allem den Grazern rechnet er gute Chancen zu, an den Bundesliga-Krösus weiter heranzurücken. Aber: "Es muss über die gesamte Saison hinweg so sein, dass Sturm, der LASK oder die zwei Wiener Vereine Salzburg einmal schlagen. Damit sie wissen, Salzburg ist schlagbar - das wäre für die Liga schon sehr wichtig."

Wie Rapid ihn überrascht hat

Vom SK Rapid zeigt sich Herzog hinsichtlich der minimalen Aktivität auf dem Transfermarkt überrascht. "Dass sich bei Rapid so wenig getan hat", damit hätte der Ex-Spieler der Hütteldorfer nicht gerechnet. "Da habe ich mehr erwartet", gesteht er offen.

Dafür ist der 54-Jährige von den Qualitäten eines Neuzugangs überzeugt: Matthias Seidl. "Ich glaube, dass sie mit ihm einen guten Transfer getätigt haben. Ich habe ihn schon seit zwei, drei Jahren immer wieder im Blick gehabt, weil er eine interessante Entwicklung durchgemacht hat", sagt Herzog.

Über den SV Kuchl schaffte es der 22-jährige Zehner zum FC Blau-Weiß Linz, von dort zum Rekordmeister. "Er hat sich durchgebissen", lobt Herzog seinen Willen und wünscht Seidl, dass er der Shootingstar der Saison wird - "nicht nur weil er bei Rapid spielt", lacht der Sky-Experte.

Der vor überschwänglichen Erwartungen an Seidls Ex-Klub warnt. Herzog freut sich, dass es wieder ein Linzer Derby in der Bundesliga gibt. Aber Blau-Weiß hat "mit Seidl und Fally Mayulu wichtige Spieler verloren, die beide zu Rapid gegangen sind. Da muss man abwarten, wie sie die im Rahmen ihrer Möglichkeiten ersetzen können."

"Wir haben mit Israel gegen Österreich gespielt und eigentlich hatte ich vor ihm mit die meiste Angst, weil er vielseitig ist und alles kann."

Herzog schwärmt von Marcel Sabitzer

Normalerweise seien Aufsteiger "mit ihrer Euphorie" aber vor allem zu Beginn der Saison in der Lage, gegen jeden Gegner zu bestehen. Das machte nicht zuletzt Austria Lustenau vor, die Vorarlberger starteten mit zehn Punkten aus fünf Spielen in ihre Aufstiegssaison. "Das gibt dir ein gewisses Selbstvertrauen", so Herzog.

Lobeshymnen auf Marcel Sabitzer

Der frühere Deutschland-Legionär hat natürlich auch seine alte sportliche Heimat weiterhin genauestens im Blick.

Allen voran von Marcel Sabitzers Wechsel zu Borussia Dortmund ist Herzog begeistert, der ÖFB-Star sei neben David Alaba und Marko Arnautovic der beste österreichische Spieler in den vergangenen zehn Jahren.

"Ich kenne ihn noch, wie er jung war und als Außenstürmer gespielt hat. Wir haben mit Israel gegen Österreich gespielt und eigentlich hatte ich vor ihm mit die meiste Angst, weil er vielseitig ist und alles kann. Ich halte extrem viel von ihm und glaube, dass das in Dortmund richtig gut funktionieren wird", so Herzog.

Harry Kane? "Tore, Tore, Tore"

Auch den Wechsel-Poker rund um Harry Kane und den FC Bayern München verfolgt er mit regem Interesse. In der Vorsaison habe er den englischen Torjäger zwei Mal live im Tottenham-Dress gesehen, weil mit Heung-Min Son der südkoreanische Superstar ebenfalls für die Spurs spielt.

"Er hat eigentlich mehr aus dem Mittelfeld gespielt, dann war es schon überraschend, dass er trotzdem so viele Tore geschossen hat. Tottenham hat unter Conte extrem defensiv gespielt, aber er ist ein Weltklassestürmer", ist Herzog überzeugt. Was Kane auszeichnet? "Tore, Tore, Tore", lächelt der Mann mit 23 Treffern für das ÖFB-Team.

"Auch die englische Mentalität, er ist extrem stark am Ball, wenn er vorne angespielt wird, kann er die Bälle mit seiner Robustheit behaupten. Er ist technisch auch gut, ein richtiger Torjäger und perfekter Stürmer", schwärmt Herzog.

Ob Bayern München die deutsche Bundesliga heuer wieder dominieren wird, sei auch von Kanes Ankunft abhängig, glaubt Herzog. "Letztes Jahr hatten sie etwas Probleme. Anfangs haben sie gesagt, sie sind vielseitiger etc., aber bei den Bayern brauchst du einen Stürmer, der dir 30 Tore schießt."

Mit Kane würde man einen solchen behaupten, dafür "müssen sie viel Geld in die Hand nehmen - dann sind sie aber wieder der große Favorit. Das sind sie sonst auch, aber dann ist es für zwei, drei Mannschaften vielleicht wieder möglich, näher dran zu sein. Da gehört Dortmund natürlich auch dazu."


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