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Eileen Campbell: Zwischen 42-Stunden-Woche und Nationalteam

Campbell trainierte im U18-Bereich mit den besten Burschen vom Ländle. Heute steht sie im Nationalteam und arbeitet nebenbei 42 Stunden wöchentlich.

Eileen Campbell: Zwischen 42-Stunden-Woche und Nationalteam Foto: © GEPA

Eileen Campbell ist seit Kurzem einer breiteren Öffentlichkeit bekannt, der Grund dafür ist aber nicht ganz freiwillig.

Bei der Bruno-Gala wurde sie zur Spielerin der Saison in der österreichischen Bundesliga gekürt. Moderatorin Gabi Hiller sprach die frisch gekürte Siegerin jedoch auf Englisch an.

"Ich war schon sehr überrascht, weil während der Gala immer wieder Videos eingespielt wurden, in denen ich eh im Vorarlberger Dialekt gesprochen habe“, merkt sie schmunzelnd gegenüber LAOLA1 an.

Sie sei bei der Gala ohnehin schon nervös gewesen. "Ich war kurz verwirrt", meint sie. "Also ich kann gut Deutsch, ich bin Vorarlbergerin", antwortete die Angreiferin auf die englische Frage. Sie nimmt der Moderatorin das Missgeschick aber nicht übel. Schließlich hätte sich Hiller im Nachhinein ausführlich entschuldigt.

Campbell ist in Vorarlberg als Tochter einer Nordirin und eines Vorarlbergers aufgewachsen. "In Vorarlberg im Krankenhaus hat man mich auch schon auf Englisch angesprochen. Es ist grundsätzlich eh kein Problem", sagt sie über ihren Nachnamen, den sie von ihrer Mutter geerbt hat.

Am Freitag darf Campbell im Nations-League-Duell mit Portugal im Altacher Heimstadion ran. "Mein 12-jähriges Ich hat davon geträumt, wo ich jetzt stehe", verrät die 23-Jährige mit leuchtenden Augen.  In der abgelaufenen Saison sorgte sie in der heimischen Liga mit 15 Treffern in 17 Spielen bei Altach/Vorderland für Furore.

Anfänge mit ihrem Bruder Michael

Angefangen hat ihre Fußball-Erfolgsgeschichte im Alter von acht Jahren mit ihrem eineinhalb Jahre älteren Bruder Michael beim SC Tisis. "Wir haben uns immer gut verstanden. Ich habe eigentlich wegen ihm angefangen", verrät die Vorarlbergerin.

Campbell spielte jahrelang als einziges Mädchen in einer Burschen-Mannschaft. "Mir ist immer nahegelegt worden, dass ich so lange wie möglich bei den Jungs spielen soll. Mir persönlich hat das sehr viel gebracht. Ich denke, je älter man wird, desto herausfordernder ist es. Da kannst du viel mitnehmen. Das Spieltempo ist anders. Als Mädchen muss man sich durchsetzen", stellt sie fest.

Beim FC Feldkirch hatte Campbell die ersten Berührungspunkte mit dem Frauen-Fußball. "In Feldkirch habe ich in der U16 noch bei den Burschen gespielt. Irgendwann hatte die Damen-Mannschaft zu wenige Spielerinnen. Dann habe ich anfangs ausgeholfen. Irgendwann habe ich fix bei den Damen gespielt, weil ich zu alt für die Burschen war", erzählt sie über ihre ersten Schritte in einer reinen Frauen-Mannschaft.

2017 stieg Campbell in der sechsten Klasse in die PG Mehrerau ein, eine katholische Privatschule, welche damals neu für Mädchen geöffnet wurde.

Training mit der gleichaltrigen Burschen-Akademie

Das bot der Vorarlbergerin neue Möglichkeiten. Am Vormittag trainierte Campbell gemeinsam mit Anna Bereuter und Jana Sachs in der Saison 2017/18 daher zwei Mal wöchentlich mit den Burschen der U18 Akademie Vorarlberg.

"Es war auf jeden Fall förderlich für mich. Das ist doch nicht so normal. Es ist ein ganz anderes Niveau. Du spielst mit den besten Jungs des Bundeslandes."

Eileen Campbell über die Trainings mit der Akademie Vorarlberg

Dort stand sie mit gleichaltrigen Burschen wie dem heutigen Dornbirn-Kicker Dragan Marceta auf dem Platz, die es teilweise in den Profifußball der Männer geschafft haben. Am Abend besuchte sie die Trainings ihres eigentlichen Teams, der Frauen-Mannschaft Rankweil.

"Es war auf jeden Fall förderlich für mich. Das ist doch nicht so normal. Es ist ein ganz anderes Niveau. Du spielst mit den besten Jungs des Bundeslandes. Ich habe mich da leicht getan, habe mich nicht unterkriegen lassen, wenn einmal blöde Kommentare von den Burschen herumgeflogen sind. Es ist wichtig, wie man damit umgeht. Bei mir war das nie ein großes Thema", fiel ihr die Angelegenheit leicht.

Die 23-Jährige merkt aber an, dass es nicht jedem Mädchen so erginge. "Das kann für manche schon unangenehm sein."

Österreichische Staatsbürgerschaft für das ÖFB-Team

Seit 2019 spielt sie in der Frauen-Bundesliga bei der SG Altach/Vorderland (anfangs nur FFC Vorderland). Auch im österreischischen A-Nationalteam gehört sie zum festen Bestandteil des Kaders. Im aktuellen Aufgebot ist sie eine von nur drei Spielerinnen, die in Österreich aktiv sind. Neben ihr kicken noch Katharina Schiechtl (Austria Wien) und Jennifer Klein (SKN St. Pölten) in der Admiral Frauen-Bundesliga.

Für das ÖFB-Team beantragte die Vorarlbergerin mit nordirischen Wurzeln die Staatsbürgerschaft
Foto: © GEPA

Dabei besaß Campbell, weil ihre Eltern nie heirateten, lange nur die britische Staatsbürgerschaft ihrer Mutter. 2015 wurde sie trotzdem in die U17-Auswahl des ÖFB einberufen. Das hatte zur Folge, dass Campbell den österreichischen Pass beantragte, und erhielt.

"Die österreichische Staatsbürgerschaft ist erst wegen des Nationalteams Thema geworden. Ich bin, außer meinem Papa, aktuell die einzige in der Familie mit österreichischer Staatsbürgerschaft", erklärt sie.

Für die Heimat ihrer Mutter, Nordirland, aufzulaufen, war nie so richtig Thema. "Österreich hat auch das bessere Standing als Nordirland. Darum war es für mich schon sehr klar", so Campbell.

Schwierige Eingewöhnung in das ÖFB-Team

Im November 2022 feierte sie ihr Debüt für das A-Nationalteam Österreichs. Die Eingewöhnung in die Mannschaft ist ihr anfangs alles andere als leicht gefallen.

"Es war nicht einfach, dass ich mich in das Team einfinde, weil es schon eine sehr geschlossene Einheit war. Es haben sich viele von früher gekannt, und meistens kennen die neuen Spielerinnen immer schon wen aus der Akademie oder vom Verein. Ich hatte keine Bezugsperson, wo ich sagen kann, die kenne ich schon lange", erzählt sie über anfängliche Schwierigkeiten, aber es ist nicht so, "dass keiner mit dir redet".

"Anfangs war es surreal. Natürlich ist es meine Aufgabe als Stürmerin Tore zu machen. Für mich persönlich ist es schon eine Bestätigung, dass man auf einem guten Weg ist. Es ist natürlich noch schöner, wenn man dadurch einen Punkt mitnehmen kann."

Eileen Campbell über ihr Traumtor gegen Norwegen

"Es ist ein ganz anderes Niveau, es sind ganz große Namen dabei, welche bei Super-Vereinen spielen. Für mich ist es immer eine sehr lehrreiche Zeit. Ich kann sehr viel mitnehmen, an mir arbeiten und wachsen", freut sie sich auf das anstehende Länderspiel-Doppel gegen Portugal. In der letzten Länderspielpause sorgte sie beim 1:1 gegen Norwegen mit ihrem Traumtor zum Ausgleich für Aufsehen.

"Anfangs war es surreal. Natürlich ist es meine Aufgabe als Stürmerin Tore zu machen. Für mich persönlich ist es schon eine Bestätigung, dass man auf einem guten Weg ist. Es ist natürlich noch schöner, wenn man dadurch einen Punkt mitnehmen kann. Ich habe Dutzende Nachrichten gekriegt, war sehr lange beschäftigt mit dem Antworten", erzählt sie von diesem Moment.

Vorarlberg hat sich das verdient

In Altach gegen Portugal darf sich die Offensiv-Spielerin auf zahlreiche Unterstützung aus dem Familien- und Freundeskreis freuen. Gerade für die ältere Verwandtschaft war die Anreise nach Wien oder Wiener Neustadt zu den Länderspielen nicht immer einfach.

Eileen Campbell darf mit dem ÖFB-Team im Stadion ihres Vereines ran
Foto: © GEPA

"Vorarlberg hat sich das verdient, wenn man bedenkt, wie viel sie für den Frauen-Fußball machen, vor allem Altach. Wir haben eine gute Infrastruktur und gute Gegebenheiten. Wir haben zwei Ländle-Teams in der Bundesliga (Altach/Vorderland und Lustenau/Dornbirn, Anm.)“, stellt sie fest.

Ihrer Familie in Vorarlberg blieb sie auch im Sommer erhalten. Trotz zahlreicher Wechselgerüchte rund um einen Auslandstransfer entschied sich die Spielerin der Saison für einen Verbleib im Ländle. Das hat auch berufliche Gründe. Sie arbeitet 42 Stunden wöchentlich in einer Anwaltskanzlei in Liechtenstein.

„Es gab schon das ein oder andere Angebot. Bei mir war es aber so, dass ich arbeitstechnisch nicht so einfach wegkomme. Ich habe eine Kündigungsfrist von zwei Monaten. Es ist mir nicht gelungen, in der kurzen Zeit alles zu planen“, sagt sie.

Und bei Altach läuft es richtig rund, aus sieben Spielen wurden sieben Siege geholt, diese Saison könnte man dem bis dato ebenso makellosen Titelfavorit St. Pölten gefährlich werden.

„Ich denke, wenn wir einen guten Tag erwischen und St. Pölten sehr ausgelastet ist mit Champions League und vielen Nationalteamspielerinnen, die Länderspiele haben. Wenn alles passt, kann uns das zugute kommen“, hofft sie auf einen Sieg gegen die Niederösterreicherinnen.

Auslands-Transfer dürfte Thema werden

Im Sommer 2024 läuft ihr Vertrag bei Altach/Vorderland aus. Spätestens dann dürfte ein Auslandstransfer wieder Thema werden.

"Dann kommt man spät heim und muss am Montag in der Früh schon wieder auf. Ich habe kaum Freizeit und kaum Regeneration"

Eileen Campbell über den stressigen Alltag

Das würde Campbell helfen, noch mehr aus sich herauszuholen. "Man stresst von A nach B. Es ist nicht so einfach, die Leistung auf den Platz zu bringen, wenn man so geschlaucht ist von der Arbeit", erzählt sie von ihrem jetzigen Leben zwischen Anwaltskanzlei und Bundesliga.

Jedes zweite Wochenende ist sie mit der Mannschaft mit dem Bus auf Auswärtsreise. "Dann kommt man spät heim und muss am Montag in der Früh schon wieder auf. Ich habe kaum Freizeit und kaum Regeneration", gibt sie zu Bedenken.

Langfristig möchte sie in der englischen Liga spielen. Kurzfristig ist ihr aber die Nähe zum Ländle wichtig. „Es ist so, dass ich sage: Ich war bis jetzt immer daheim, ich wohne noch zu Hause bei meinen Eltern. Etwas in der Nähe wäre für den Anfang nicht schlecht“, liebäugelt die Teamspielerin mit einem Auslands-Engagement in den nähergelegenen Ligen.

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