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Kraetschmer: Darum war die Liga für Schöttel

Liga-Vize Markus Kraetschmer klärt über Liga-Sicht auf ÖFB-Chaos auf:

Kraetschmer: Darum war die Liga für Schöttel Foto: © GEPA

Markus Kraetschmer hat für Peter Schöttel als Sportdirektor gestimmt. „Nach bestem Wissen und Gewissen“, hält er gegenüber LAOLA1 fest.

Der Mann, der hauptberuflich AG-Vorstand der Wiener Austria ist, spielt eine nicht unwesentliche Rolle bei den aktuellen Vorgängen im ÖFB. Als Vizepräsident der Bundesliga ist er im ÖFB-Präsidium – ebenso wie Erwin Fuchs als Vertreter der Ersten Liga und Liga-Boss Hans Rinner – stimmberechtigt.

Die drei Liga-Vertreter haben bekanntlich allesamt ihre Stimmen für Schöttel abgegeben und damit letztendlich den Ausschlag für die Demontage Willi Ruttensteiners gegeben.

Außerdem saß bzw. sitzt der 45-Jährige, in Vertretung des erkrankten Rinner, in jener Task-Force, die im Vorfeld Schöttel als Kandidat ausgesucht hat und nun auch den neuen ÖFB-Teamchef sucht.

Es sind also einige Fragen offen: Wie beurteilt Kraetschmer die verheerende Außendarstellung des ÖFB dieser Tage? Warum haben die Bundesliga-Vertreter geschlossen für Schöttel gestimmt? Was macht den neuen Sportdirektor zum richtigen Mann für diesen Job? Und wird Thorsten Fink neuer Teamchef?

LAOLA1: Welches Gefühl überkommt Sie, wenn Sie an die vergangene ÖFB-Woche denken?

Markus Kraetschmer: Es war eine intensive Woche. Es war von der Kommunikation her – freundlich ausgedrückt – sicherlich keine ideale Woche, darüber brauchen wir nicht zu diskutieren. Aber für mich zählt, was wir hinsichtlich der Fakten schaffen. Wir haben in Gmunden einen Prozess gestartet, der in drei Stufen abzuhandeln war: Struktur-Diskussion, Sportdirektor-Diskussion, Teamchef-Diskussion. Zwei von drei Punkten sind erledigt. Jetzt gilt es, den richtigen Teamchef zu finden.

LAOLA1: Ich drücke es weniger freundlich aus: Die Außendarstellung war verheerend. Oder etwa nicht?

Kraetschmer: Ja, wir brauchen nicht drumherum reden, dass das nicht ideal war. Das ist ein Prozess, aus dem man lernen kann. Ich möchte das medial nicht kommentieren. Aber ich denke schon, dass man im nächsten Präsidium klar darüber diskutieren sollte. Sowohl in Gmunden, als auch letzten Samstag hatten wir eigentlich klar die Thematik der Kommunikation nach außen besprochen. De facto ist das so nicht umgesetzt worden.

VIDEO: Peter Schöttel stellt sich vor!

(Interview wird unter dem Video fortgesetzt)


LAOLA1: Gibt es eine Erklärung dafür, warum sich so viele Menschen bemüßigt fühlen, aus der Reihe zu tanzen?

Kraetschmer: Das ist ein Thema, das extrem brennt, das extrem im Fokus steht. Möglicherweise hat dann ein Wort das andere ergeben. Man muss einfach versuchen, professionell zu agieren, sich nicht von Emotionen leiten zu lassen, sondern einfach bei den Fakten bleiben. Jeder muss für sich selbst entscheiden, warum er sich wie geäußert hat.

LAOLA1: Kommen wir zu den Fakten. Bei der Abstimmung zum neuen Sportdirektor war die Bundesliga letztendlich das Zünglein an der Waage.

Kraetschmer: Die Bundesliga hat von Beginn weg gesagt, dass wir uns als Vertreter sehen und dass es nicht um die Meinungen der einzelnen Personen geht. Wir haben auch gesagt, dass wir als Bundesliga mit einer klaren, einheitlichen Linie auftreten wollen. Wir haben uns sehr intensiv in den Prozess eingebracht und nach Abwägung aller Gespräche uns dafür entschlossen, unsere Stimme für Peter Schöttel abzugeben. Wir glauben, dass das in der Gesamtkonstellation die beste Alternative, die beste Lösung war. Wir brauchen auch nicht zu leugnen, dass wir damit einen entscheidenden Einfluss auf das Endergebnis genommen haben.

"Zu dem Entschluss, für Schöttel zu stimmen, sind wir sehr schnell gekommen, das war keine Kompromiss-Entscheidung, wir waren uns alle sehr schnell einig"

LAOLA1: Warum war es wichtig, dass die Liga einheitlich auftritt?

Kraetschmer: Wir sprechen da, neben der Strukturreform, über die zwei wichtigsten Personalentscheidungen im sportlichen Bereich. Diese Entscheidung ist für das Standing des gesamten Fußballs sehr, sehr entscheidend. Deswegen haben wir uns als Liga da eingebracht. Jetzt gilt es eben, diese Teamchef-Entscheidung zu treffen. Das sind immer Entscheidungen, die polarisieren. Als man sich damals für Marcel Koller entschieden hat, ist auch ein Raunen durch den Blätterwald und viele Personen gegangen.

LAOLA1: Ich wollte mit der vorigen Frage auf etwas anderes hinaus. Diese drei Stimmen, die Hans Rinner, Erwin Fuchs und Sie haben, repräsentieren die gesamte Bundesliga. Die Bundesliga wird nicht geschlossen pro Schöttel oder pro Ruttensteiner gewesen sein. Warum wurden die drei Stimmen dann nicht aufgeteilt?

Kraetschmer: Weil wir letztendlich alle – auch mit Christian Ebenbauer, der zwar keine Stimme hat, uns aber als Bundesliga-Geschäftsführer beisteht – nach Analyse der Faktenlage zu dem Schluss gekommen sind, dass der Wechsel in der Position des Sportdirektors mit Peter Schöttel die beste Alternative darstellt. Zu diesem Entschluss sind wir sehr schnell gekommen, das war keine Kompromiss-Entscheidung, wir waren uns alle sehr schnell einig.

LAOLA1: Verstehe ich das richtig: Rinner, Fuchs, Ebenbauer und Sie sind zusammengesessen und haben einstimmig beschlossen, für Schöttel zu stimmen?

Kraetschmer: Genau. Nach den finalen Präsentationen haben wir vier uns zurückgezogen, das kurz diskutiert und diesen Entschluss gefasst.

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LAOLA1: Dem Vernehmen nach konnte Schöttel aufgrund der knappen Vorlaufzeit bei der Präsentation ja kein Konzept vorlegen.

Kraetschmer: Das wird jetzt als der große Nachteil herausgearbeitet. Das stimmt natürlich nicht. Er hat vielleicht keine 20-seitige Powerpoint-Präsentation vorgelegt, aber er ist seit einigen Wochen als U19-Teamchef im Verband. Dass Willi Ruttensteiner nach 18 Jahren, wo er extrem viel aufgebaut hat, einen gewissen Informationsvorsprung hat, ist ja kein Geheimnis. Aber Peter Schöttel hat schon sehr klar sein Arbeitsprogramm sowie seine Schwerpunkte und in den einzelnen Teilbereichen seine Vorstellungen dargelegt. Dass er noch keinen detaillierten Masterplan abliefern kann, ist klar. Sie können schon sicher sein, dass er genau weiß, was er vorhat. Als Ruttensteiner diese Position vor 18 Jahren übernommen hat, hat er wohl auch so angefangen. Ich finde es despektierlich, zu sagen: Der eine hatte ein super Konzept und der andere war komplett konzeptlos.

LAOLA1: Da sind wir wieder beim Punkt Kommunikation. Hängengeblieben ist in den letzten Tagen die Begründung, die NÖFV-Präsident Johann Gartner geliefert hat: Weg von der Wissenschaft und zurück zum Fußball.

Kraetschmer: Ich möchte nicht Kommentare und Zitate einzelner Leute kommentieren. Das ist nicht meine Aufgabe. Ich sehe Wissenschaft und Sport von der Begrifflichkeit her nicht als Gegensatz. Wer in den letzten Tagen welche Kommentare aus welchen Überlegungen heraus abgegeben hat… Dass hier auch „Politik“ in die eine oder andere Richtung betrieben wurde, gehört in so einem Prozess dazu. So wie sich Ruttensteiner und Koller in den letzten Jahren entwickeln mussten, werden das auch Schöttel und der neue Teamchef tun.

"Schöttel hat nicht den absoluten Rückenwind erhalten"

LAOLA1: Geben Sie mir recht, wenn ich behaupte: Das ÖFB-Präsidium mit seiner Außendarstellung hat Schöttel den Start schwerer gemacht, als es sein hätte müssen?

Kraetschmer: Ja, da muss man nicht herumdrucksen. Die Kommunikation war nicht ideal. In einem Unternehmen oder bei einem Klub würde man das anders gestalten. Schöttel hat damit nicht den absoluten Rückenwind erhalten, das ist so. Ich gehe so an die Sache heran: Er hat sich gut präsentiert und beginnt mit keinem Rucksack. In Teilbereichen liegt die Latte hoch, aber ich möchte klar herausstreichen, dass wir die Diskussion deshalb gestartet haben, weil wir hinsichtlich der WM eine Wahnsinnschance liegen gelassen haben. Es gibt in vielen Bereichen Luft nach oben.

LAOLA1: Haben Sie Angst um Ihre eigene Reputation, wenn Sie – zumindest abstimmungstechnisch – in einen Topf mit den Revoluzzern, die in der Außendarstellung so agiert haben, wie sie eben agiert haben, geworfen werden?

Kraetschmer: Überhaupt nicht! Ich habe eine Funktion, bin aufgrund meiner Tätigkeit als Vizepräsident der Bundesliga im ÖFB-Präsidium dabei. Wir haben im Moment durch die Erkrankung von Hans Rinner in der Bundesliga eine schwierige Situation. Ich versuche, ihn bestmöglich zu vertreten und zu unterstützen. Da muss man auch Flagge bekennen. Ich war immer einer, der bereit ist, Verantwortung zu übernehmen. Es geht nicht um meine Privatmeinung oder die Interessen der Austria, sondern um die Interessen der gesamten Bundesliga. Ich denke, ich habe in der Vergangenheit bewiesen, dass ich über den Tellerrand blicken kann. So gehe ich an die Aufgabe heran. Das, was jetzt stattfindet, ist schwierig. Viel wichtiger ist für mich: Dass wir vielleicht in einem Jahr ein Gespräch führen und sagen, dass Schöttel auf einem guten Weg als Sportdirektor ist und wir einen tollen Teamchef gefunden haben. Dann klopfe ich mir nicht auf die Schulter, aber ich freue mich im Sinne des Fußballs. Und wenn die Entscheidungen nicht so laufen, wie wir uns das erwartet haben, dann stehe ich auch dazu. Nach bestem Wissen und Gewissen.

LAOLA1: Weil Sie die Interessen der Austria angesprochen haben: Was macht das Task-Force-Mitglied Markus Kraetschmer, wenn Schöttel auf der Kandidatenliste Thorsten Fink stehen hat?

Kraetschmer: Ich werde mich jetzt nicht an Spekulationen beteiligen. Ich bin weder vom ÖFB, noch von Thorsten Fink selbst kontaktiert worden, dass das spruchreif wird. Auf der einen Seite zeichnet es Fink aus, dass er aufgrund seiner guten Arbeit bei der Austria immer wieder in den Fokus kommt. Sollte es doch zu konkreten Gesprächen kommen, setze ich mich dann damit auseinander.


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