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Franco Foda: Anders als zu Osims Zeiten

ÖFB-Teamchef Franco Foda hat im Fußball schon viele Updates hinter sich.

Franco Foda: Anders als zu Osims Zeiten Foto: © GEPA

"Früher war alles besser", ist kein Satz, den man aus dem Mund von Franco Foda so schnell hören wird.

Der ÖFB-Teamchef sieht es eher so: "Früher wurde auch gut gespielt, aber es war halt anders."

Die Anforderungen an die heutige Spieler-Generation sind durchaus beachtlich. Dies betrifft etwa nicht nur das Tempo des Spiels oder die Athletik. Auch die Informationen, mit denen die Kicker-Hirne inzwischen gefüttert werden, haben es in sich.

Dazu kommt inzwischen der Trend, dass man im Idealfall mehrere Positionen auf einmal beherrschen sollte.

Foda war ein flexibler Spieler

Dies wiederum ist eine Art Renaissance. "Ich war auch so ein Spielertyp, habe in meiner Karriere auf mehreren Positionen gespielt", erinnert sich Foda, "ich habe im Mittelfeld gespielt, als Innenverteidiger, Rechtsverteidiger, Linksverteidiger, bei Sturm Graz war ich dann Libero. Ich war universell einsetzbar und habe auch immer versucht, auf der jeweiligen Position, auf der mich der Trainer aufgestellt hat, das Beste abzurufen."

"Ich war auch so ein Spielertyp, habe in meiner Karriere auf mehreren Positionen gespielt. Ich habe im Mittelfeld gespielt, als Innenverteidiger, Rechtsverteidiger, Linksverteidiger, bei Sturm Graz war ich dann Libero."

Franco Foda

Die Anforderung der Vielseitigkeit an Spieler ist also kein neues Phänomen, dennoch meint der 51-Jährige: "Der Unterschied zwischen heute und der Zeit, in der ich gespielt habe, ist riesengroß!"

Einige Beispiele des ÖFB-Coaches: "Einerseits betrifft das das Arbeitsmaterial mit den vielen technischen Systemen, die man zur Verfügung hat, um der Mannschaft etwas zu präsentieren. Die Spieler heute kriegen viel, viel mehr Input. Andererseits kommuniziert der Trainer auch viel mehr mit den Spielern. Die Vorbereitung ist eine ganz andere. Heute hat man ein ganz anderes Arbeitsumfeld."

Beispiel Kainz: Vergrößertes Repertoire in Deutschland

Die Zahl der variabel einsetzbaren Spieler im ÖFB-Team wird immer größer, auch abseits des besonders gerne diskutierten Bayern-Stars David Alaba. Von der Außenverteidigung bis zu fast allen Offensivrollen hat etwa Valentino Lazaro schon diverse Positionen durch. Ob Zentrum oder Seite spielt für Alessandro Schöpf kaum eine Rolle.

Forian Kainz war in der österreichischen Bundesliga auf die Rolle des linken Flügelflitzers abonniert, seine ersten Gehversuche als Profi unternahm er einst bei Sturm unter Foda. In seinen eineinhalb Jahren bei Werder Bremen hat er sein Positions-Repertoire ordentlich vergrößert:

"Es war schon eine große Veränderung, da wir unter Alexander Nouri hauptsächlich 3-5-2 gespielt haben. Darin habe ich auf vielen Positionen gespielt - als zweiter Stürmer, als Achter, in Testspielen wurde ich auch als Rechtsaußen in der Fünferkette probiert. Unter Florian Kohfeldt agieren wir meistens im 4-3-3, wo ich wieder auf der linken Seite spiele. Das ist die Position, die ich mein ganzes Leben gespielt habe und auf der ich mich auch am wohlsten fühle, da ich die Abläufe am besten kenne. Aber man muss dort spielen, wo einen der Trainer aufstellt. Ich bin kein Spieler, der sagt, ich will nur da spielen."

Der Hinweis mit den Abläufen ist kein unwichtiger. Xaver Schlager gilt gerade als eines der Paradebeispiele für Spieler, die auf zahlreichen Positionen zum Einsatz kommen können. Trotzdem gesteht er, dass er jeweils rund 20 Minuten Anlaufzeit benötigen würde, um sich auf eine neue Position einzuschießen. Nicht zuletzt deshalb arbeitet er in Videoanalysen, in denen er prominente Vorbilder beobachtet, aber auch seine eigenen Leistungen begutachtet, an Verbesserungen auf der jeweiligen Position.

Erinnerungen an die Osim-Jahre

Der Zeitgeist erfordert, dass Mannschaften mehrere Systeme intus haben. Dieses forcierte Switchen wiederum erfordert, dass Spieler wieder mehr den Allrounder in sich entdecken und ausleben sollten, während die Positionen in Zeiten der Viererketten-Systeme eine Spur starrer und weniger im Fluss waren.

Foda mit seinem einstigen Lehrmeister Ivica Osim
Foto: © GEPA

Der taktische Fokus ist in den vergangenen zwei Jahrzehnten jedenfalls deutlich gestiegen, wie auch Foda bestätigt:

"So richtig detailliert im taktischen Bereich wurde in meiner Zeit als Spieler nicht gearbeitet, also nicht nur unter Ivica Osim, sondern auch davor. Ich würde sagen, es war nicht so explizit wie heute. Das hat sich alles weiterentwickelt, die Trainer entwickeln sich. Es kommen ja auch immer junge Trainer nach. Der Fußball macht so große Sprünge. Als ich noch gespielt habe, gab es oft noch die Manndeckung. Wenn ich im Mittelfeld gespielt habe, hat der Trainer gesagt: 'Du spielst gegen den Spielmacher der gegnerischen Mannschaft.' Dann bin ich dem 90 Minuten hinterhergelaufen. Da gab es kein raumorientiertes Verteidigen. Das hat sich erst im Laufe der Jahre entwickelt."

"Oder ein anderes Beispiel: Bei Sturm haben wir damals auch Dreierkette gespielt. Ich als Libero war eher der Freigeist. Die beiden Innenverteidiger, egal ob Popovic, Milanic, Neukirchner oder Posch, hatten die Aufgabe, gegen die zwei Stürmer zu spielen. Wenn du heute Dreierkette spielst, ist es gleich wie bei der Viererkette - es wird praktisch raumorientiert verteidigt. Das ist ein Riesen-Unterschied zu meiner Zeit!"

Foda entdeckt die Flexibilität

So richtig ins Schmunzeln gerät Foda, wenn er sich erinnert, dass früher "gaaanz anders" trainiert wurde: "Ich hatte Trainer, die uns mit zwei Medizinbällen 100 Mal den Berg hochlaufen ließen. Wir haben das auch getan. Das wäre heute schon auch noch möglich, aber dann müsstest du alle Spiele gewinnen, damit du nicht in die Kritik gerätst."

Seine Erkenntnis für sich selbst: "Der Fußball verändert sich so schnell. Wichtig ist halt, immer wieder mitzugehen."

Dass es Foda sein würde, der gewillt ist, das Nationalteam ins Zeitalter der Flexibilität zu führen, hätten intensivere Beobachter von Sturm Graz vor einigen Jahren wohl eher nicht für möglich gehalten.

Immer für neue Inputs offen sein

Lange hielt er an einem 4-4-2 fest, mit dem er 2011 mit seinem heutigen Co-Trainer Imre Szabics und Roman Kienast an vorderster Front Meister wurde. Es folgten einige Jahre, in denen meist das 4-2-3-1 den Vorzug bekam, ehe er begann, auch andere Varianten einzustreuen. Im Herbst 2017 dominierte ein hochflexibles System, meist mit einer Dreierkette als Basis, das Sturm nicht nur zum Winterkönig machte, sondern bekanntlich auch großen Anteil an der Beförderung des Deutschen zum ÖFB-Teamchef hatte.

"Es ist extrem wichtig, up to date zu bleiben. Man muss immer für neue Inputs offen sein."

Franco Foda

Darüber, wie verbreitet der Wille zur Weiterentwicklung in der heimischen Trainer-Gilde war, lassen sich wohl längere Diskussionen anzetteln. Aber womöglich hat es auch damit zu tun, dass die Generation an namhaften Übungsleitern um Walter Schachner, gegen die Foda zu Beginn seiner Trainer-Karriere coachte, inzwischen mehr oder weniger von der Bildfläche verschwunden ist.

"Es ist extrem wichtig, up to date zu bleiben. Man muss immer für neue Inputs offen sein", betont Foda seinen Zugang, "aber genau dafür gibt es Trainerfortbildungen. Und man sieht ja, dass auch immer alle mitziehen. Lange hat die Viererkette dominiert, vor ein paar Jahren hat Antonio Conte bei Juventus angefangen und jetzt ist die Dreierkette wieder modern geworden. Vor 20 Jahren unter Osim haben wir nur Dreierkette gespielt, wenn auch anders, und fast nie Viererkette."

Einfluss auf die Arbeit als Teamchef

Die unterschiedlichen Herangehensweisen in den Vereinen haben naturgemäß auch Einfluss auf die Arbeit als Teamchef. Der Vorteil vielseitig ausgebilderter Spieler ist das eine. Dies zu einer funktionierenden und möglichst variablen Einheit zusammenzufügen das andere.

"Die Spieler kommen von ihren Vereinen zum Nationalteam. Dort hat jeder eine andere taktische Ausrichtung und Herangehensweise. Jetzt kommen sie hierher und der Trainer will wieder etwas anderes", schildert Foda die Ausgangsposition.

Sein Zugang ist, in dieser Frage die Spieler so nahe an den Vereins-Vorgaben wie möglich abzuholen: "Deshalb war es uns so wichtig, die Spieler in so vielen Spielen wie möglich anzuschauen, um auch ihre taktischen Vorgaben zu verstehen und sie für uns zu adaptieren, da wir weniger Zeit haben. Jeder Stürmer hat beispielsweise ein anderes Anlaufverhalten. Wenn es geht, wollen wir so wenig wie möglich verändern."

Das bisherige Lob für Foda beinhaltet auch, dass er den Spielern sehr klare und deutliche Anweisungen mit auf den Weg gibt. Zu schwierig muss man es ihnen angesichts der Informations-Flut im gegenwärtigen Fußball so gesehen auch nicht machen.

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