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Entrup: "Warum spielt ein Arnautovic dort, wo er spielt?"

Auch dieser Frage möchte Maximilian Entrup im Nationalteam auf den Grund gehen. Der 26-Jährige über den Sinn des Lebens und Radarboxen am Wechsel.

Entrup: Foto: © GEPA

Am Montag ist Maximilian Entrup ins ÖFB-Camp eingerückt und somit offiziell im Kreis der rot-weiß-roten Nationalspieler angekommen.

Den Trubel, den man als Teamspieler mitunter erlebt, hat er schon seit der Kaderbekanntgabe vor einer Woche kennengelernt.

"Gefühlt hat das Handy jede Sekunde geklingelt", grinst der Stürmer, dessen elf Pflichtspiel-Tore in elf Einsätzen in dieser Saison die Aufmerksamkeit von Teamchef Ralf Rangnick auf sich gezogen haben.

"Es ist schön, wenn man mitbekommt, was das auslöst. Ich hab es bis dato noch gar nicht so wirklich realisiert. Das dauert noch ein, zwei Tage", glaubt Entrup.

Die meisten kennt man aus dem Fernsehen

Allzu viele ihm persönlich bekannte Gesichter trifft der Wiener im ÖFB-Kreis nicht. Christoph Baumgartner hatte er einst in der Akademie in St. Pölten kennengelernt.

"Auch Sasa Kalajdzic kenne ich noch von früher. Er ist einen ähnlichen Weg wie ich gegangen", spielt Entrup auf die Regionalliga-Vergangenheit des Premier-League-Legionärs an, "aber die meisten kennt man eh aus dem Fernsehen. Ich bin extrem gut aufgenommen worden."

Im Laufe des Lehrgangs bleibt sicher ein wenig mehr Zeit zum Plaudern. Entrup könnte seinen ÖFB-Kollegen jedenfalls einiges aus seiner bisherigen Karriere erzählen.

Eine Geschichte mit Troubles bei Rapid, dem Neustart in der Regionalliga Ost in Traiskirchen und beim FC Marchfeld sowie einem späten Durchbruch bei Hartberg - und einer Nationalteam-Einberufung, die in den vergangenen Tagen viele Fußball-Fans in Österreich spürbar gefreut hat.

Das Ende der Karriere stand im Raum

Ob er mit 26 Jahren gerade im Rekordtempo nachholt, was er eigentlich mit Anfang 20 erledigen wollte?

"Es hat alles Sinn im Leben. Jeder Schritt hat gewissen Sinn."

Maximilian Entrup

"Es hat alles Sinn im Leben. Jeder Schritt hat gewissen Sinn. Diese zwei Schritte retour in die Regionalliga haben mir sicherlich extrem gut getan. Ich habe wieder den Spaß am Fußballspielen entdeckt, hatte wieder Freude am Platz, konnte befreit aufspielen."

Das war davor auch aus Verletzungsgründen nicht so. Zwei Jahre lang plagte er sich mit einem Knochenmarksödem im Sprunggelenk. Begonnen haben die Probleme noch bei Rapid und während der Leihe nach St. Pölten, später beeinträchtigten sie ihn auch beim SV Lafnitz und in Traiskirchen.

"Es hat schon geheißen, dass ich mit dem Fußballspielen aufhören muss. Das habe ich natürlich verneint", erzählt Entrup.

Entrup: "Ich habe auch bei Rapid viel gelernt"

Letztlich sei dank einer Operation Besserung eingetreten. Davor habe er sich jedoch selbst gut zureden müssen: "Irgendwann habe ich den Kopf ausgeschaltet und gesagt: 'Okay Max, es ist so, akzeptiere es. Es macht dich wahrscheinlich nur stärker."

Spätestens mit seinen 31 Toren in 37 Matches während seiner eineinhalb Jahre beim FC Marchfeld fand Entrup wieder zu alter Stärke, wofür er auch seinen dortigen Weggefährten Ernst Baumeister und Thomas Flögel (LAOLA1-Interview: "Entrup war immer schon ein Schlaumeier") dankt: "Ernst ist ein super Kollege, zu dem man immer gehen konnte. Auch Flögel hat mir wahnsinnig geholfen. Ich bin immer noch im Austausch mit ihnen."

Diese ÖFB-Teamspieler debütierten bisher unter Rangnick


Dieser Karriere-Schritt hat bestimmt Sinn gemacht. Aber hat wirklich alles Sinn im Leben? Sprich auch die Zeit bei Rapid, wo ihm Teile der Anhängerschaft seine Vergangenheit in einem Austria-Fanclub nicht verziehen haben?

"Wahrscheinlich ja. Durchaus", sagt Entrup. "Ich habe auch bei Rapid viel gelernt, vor allem menschlich. Es war sicherlich auch eine positive Zeit - das Training, das Mitmachen beim 'größten' Verein in Österreich ist schon etwas Besonderes für einen 18-Jährigen. Okay, es ist nicht so gelaufen, wie man sich das vorgestellt hat. Aber damit habe ich abgeschlossen. Das ist für mich Vergangenheit. Ich konzentriere mich auf die Gegenwart und die Zukunft."

Warum spielt Arnautovic dort, wo er spielt?

Die Gegenwart der kommenden neun Tage lautet, sich im Kreis der besten Fußballer Österreichs zu beweisen. Entrup betrachtet es als einmalige Chance, möglichst viel lernen und mitnehmen zu können.

"Es geht darum abzuschauen, was den Unterschied ausmacht zwischen der österreichischen und einer anderen Liga. Was macht den Unterschied aus, warum ein Marko Arnautovic dann eben dort spielt, wo er spielt?", fragt Entrup, der von einer "riesengroßen Ehre" spricht, mit dem Inter-Legionär das Feld teilen zu dürfen: "Marko hat eine unglaubliche Karriere und ist ein Vorbild für jedermann, auch für mich."

Entrup hat in Hartberg einen bis Sommer 2024 laufenden Vertrag mit Option auf eine Verlängerung um ein weiteres Jahr. Dass das Ausland ein Thema für ihn ist, verneint der Stürmer nicht.

Aber erst mal soll gelernt werden: "Ich bin jetzt in einem Alter, in dem man sicherlich noch sehr viel aufnehmen und lernen kann. Meine Karriere ist noch nicht am Ende, ich kann noch ein paar Jahre spielen."

Hartberg stolz machen

Rangnick hatte bei der Kaderbekanntgabe betont, dass es keinen weiteren Stürmer im ÖFB-Team geben würde, der über Entrups Qualität bei Läufen in die Tiefe verfügt. Eine Aussage, die logischerweise beflügelt:

"Ich weiß, welcher Spielertyp ich bin und was meine Qualitäten sind. Aber wenn so jemand so etwas sagt, ist es natürlich etwas ganz Besonderes."

"Anfangs hat es geheißen: 'Puh, ein Entrup aus der Regionalliga? Wird das funktionieren? Schlägt der ein?' Ich glaube, bis dato hat es sehr gut funktioniert."

Maximilian Entrup

Letztlich wolle er die ÖFB-Woche genießen, am Boden bleiben und natürlich schon auch seine Stärken ausspielen: "Ich komme nicht hierher, um der 24. Kaderspieler zu sein, sondern ich möchte schon zeigen, was ich kann. Ich bin der erste Spieler, der aus Hartberg in die Nationalmannschaft einberufen wurde. Ein Dank geht natürlich ans Team und an die Trainer. Jetzt möchte ich Hartberg stolz machen."

Entrup strahlt, wenn er vom "richtigen Flow" mit den Oststeirern spricht: "Wir sind in der Tabelle Vierter, fünf Punkte hinter dem Spitzen-Duo. Das hätte vor der Saison keiner gedacht - vor allem nicht mit den Spielern, die geholt wurden. Anfangs hat es geheißen: 'Puh, ein Entrup aus der Regionalliga? Wird das funktionieren? Schlägt der ein?' Ich glaube, bis dato hat es sehr gut funktioniert."

Die Radarboxen über den Wechsel

Das kann man durchaus behaupten. Da macht auch das Pendeln aus Wien gleich viel mehr Spaß. Natürlich besteht auch die Möglichkeit, gegebenenfalls in Hartberg zu übernachten, aber grundsätzlich zählt Entrup zu jenen Kadermitgliedern, die weiter in Wien wohnen.

"Es ist eine sehr schöne Strecke. Mittlerweile weiß ich auch, wo die Radarboxen stehen", lacht der Goalgetter bezüglich der Hartberger Fahrgemeinschaft über den Wechsel, der etwa auch Goalie Tobias Knoflach angehört.

Man darf gespannt sein, welche Kapitel die Entrup-Story noch parat hat. Vielleicht sogar eine EURO-Teilnahme?

"Ehrlich, daran habe ich in den letzten Tagen gar nicht gedacht", meint der 26-Jährige. Generell hätten sich die EM-Teilnahme jene Spieler verdient, welche die Quali geschafft haben. Wobei: "Wenn ich so weiter spiele und weiter Tore mache - keine Ahnung, vielleicht ist es dann etwas. Aber das entscheidet der Teamchef."

"Ich weiß, wo das Tor steht"

Ausschließen kann man angesichts der Entwicklung des Torjägers in der jüngeren Vergangenheit wohl gar nichts.

"Ich habe nie aufgehört, an mich zu glauben. Ich denke, das ist der Schlüssel zum Erfolg. Ich weiß, was ich kann, und ich weiß, wo das Tor steht. Dementsprechend habe ich relativ viel Selbstvertrauen."

Jetzt gilt es auch im Nationalteam das Wissen zu präsentieren, wo das Tor steht. Das würde bestimmt, ganz viel Sinn machen.

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