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So hat sich das ÖFB-Team aus der Sch... gezogen

Die heftige Kritik nach dem Israel-Spiel hat bei den ÖFB-Kickern etwas ausgelöst:

So hat sich das ÖFB-Team aus der Sch... gezogen Foto: © GEPA

Ob Franco Foda diesmal in der Stunde des Erfolgs in die ZIB2 darf? Im März musste er bei Armin Wolf vorsprechen.

Es muss sich schon eine nationale Fußball-Tragödie von beträchtlichem Ausmaß ereignet haben, wenn sich Österreichs wichtigste Nachrichtensendung in aller Ausführlichkeit einem Länderspiel annimmt.

So geschehen nach dem 2:4 in Israel, als das ÖFB-Team heftige Kritik einstecken musste. Zu einem guten Teil natürlich zurecht, einiges davon schien jedoch auch aufgestaut zu sein.

Natürlich war der Fehlstart besorgniserregend, aber wie selbstverständlich mancherorts die Chance auf eine Teilnahme an der EURO 2020 bereits nach zwei von zehn Qualifikations-Spielen als gegen Null tendierend eingestuft wurde, überraschte dann aber doch ein wenig. Man musste kein allzu geübter Mathematiker sein, um dies für einen Blödsinn zu halten.

Beim Nationalteam haben die Tage, Wochen und Monate nach dieser vernichtenden Kritik jedenfalls einiges ausgelöst.

Jetzt-erst-recht-Einstellung und Wut

"Das absolut. Da war viel Jetzt-erst-recht-Einstellung und auch Wut da, das in eine andere Richtung zu lenken und nicht über sich ergehen zu lassen", erinnert sich Kapitän Julian Baumgartlinger.

"Die Kritik war groß", meint Marcel Sabitzer, "das kennen wir ja: Wenn es schlecht läuft, wird es sehr negativ. Wenn es gut läuft, wird es oft zu positiv. Wir in der Mannschaft haben versucht, ein gutes Klima zu haben. Wir hatten Vertrauen in unsere Qualität. In den letzten Spielen haben wir gezeigt, dass wir absolut Qualität haben und immer mit uns zu rechnen ist, dass wir gegen jeden bestehen können."

Die Frage der Einordnung ist immer wieder eine schwierige. Genauso wie nach Israel sehr viel verdammt wurde, besteht nun angesichts der beinahe fixierten EM-Qualifikation die Gefahr, dass über das eine oder andere Manko hinweggeschaut wird.

Lazaro: "Wir selbst waren unsere größten Kritiker"

"In Österreich ist es immer so: Wenn du gewinnst, ist alles super, dann hat man taktisch alles richtig gemacht, auch kämpferisch, der Wille war da. Wenn du einmal einen schlechten Tag hast, oder wie in unserem Fall zwei - wobei eigentlich nur Israel ein wirklich sehr schlechter Tag war -, dann ist auf gut Deutsch gesagt alles Scheiße", erläutert Valentino Lazaro.

"Wir haben uns quasi auf einen Haufen zusammengehaut, jeder hat seinen Input gegeben und so haben wir uns selbst aus der Scheiße gezogen."

Valentino Lazaro

Der Inter-Legionär verdeutlicht jedoch, dass die Auftakt-Pleiten gegen Polen und in Israel natürlich auch in der Mannschaft aufgearbeitet wurden, und zwar durchaus intensiver als vielleicht bei anderen Partien üblich:

"Es war auch für uns eine scheiß Situation. Ich denke, wir selbst waren unsere größten Kritiker. Wir wollten es einfach ganz Österreich, uns selbst und natürlich den anderen Nationen in der Gruppe zeigen, welche Qualität wird haben. Wir haben uns quasi auf einen Haufen zusammengehaut, jeder hat seinen Input gegeben und so haben wir uns selbst aus der Scheiße gezogen. Darauf kann man stolz sein und das gibt natürlich umso mehr Kraft. Denn wenn wir es jetzt zu Hause klar machen, ist es eine historische Quali."

Erinnert man sich an die Stimmungslage in Frühjahr zurück, kann man ausnahmsweise schon mal deftigere Worte wählen.

Es prasselt viel auf einen ein

Nur zur Erinnerung: Kritik kam damals nicht nur von Medien, Fans oder Experten. So nahm ÖFB-Präsident Leo Windtner am Flughafen in Tel Aviv den Begriff "Schülermannschaft" in den Mund. Man muss nicht sonderlich geübt im Lesen zwischen den Zeilen sein, um zu erahnen, wie sehr diese Bezeichnung diverse Spieler gestört hat.

Foda vertrat vor dem Slowenien-Spiel die Meinung, dass diese beiden Auftakt-Niederlagen rückblickend betrachtet insofern einen Vorteil mit sich gebracht haben könnten, als dass die Mannschaft seither fast durchgehend im Finalmodus war, diese Drucksituation also gewohnt wurde.

Ob man den Fehlstart so gesehen gebraucht habe? "Nein, das braucht keine Mannschaft", grinst Baumgartlinger, "aber ich sage ganz ehrlich: Das war eine Riesen-Mentalitätsleistung der Mannschaft und des Teams rundherum, denn es ist nicht so leicht, wenn man zwei Spiele verliert, es sind noch acht zu gehen und im Prinzip prasselt so viel auf einen ein. Da muss man sich zuerst schon einmal schütteln, muss gegen alle Widerstände angehen."

Der Reifeprozess seit dem Fehlstart

Der 1:0-Sieg in Slowenien wurde mit einer abgebrühten Leistung eingefahren - der bisherige Höhepunkt eines Reifeprozesses, der nach dem Fehlstart hingelegt wurde. Gegen Polen und in Israel gelang es nicht, Kleinigkeiten auf die ÖFB-Seite zu ziehen - und auch auf die kommt es bisweilen an.

"Unser Credo war, dass wir jetzt bis zum Ende in einem jedem Spiel bis zum Umfallen alles tun, was wir können. Das haben wir auch in Slowenien wieder bewiesen, bis zur 90. Minute sind alle gesprintet. Dadurch haben die Slowenen die Lust verloren."

Baumgartlinger: "Man muss die letzten sechs Partien alle herausstreichen, wie viel Reife und wie viel Entwicklung noch einmal passiert ist. Viel Qualität war schon vorher da. Es sind nur teilweise Nuancen und Kleinigkeiten, die den Ausschlag geben. Wir haben im März schmerzhaft erlebt, was alles in die andere Richtung laufen kann. Unser Credo war, dass wir jetzt bis zum Ende in einem jedem Spiel bis zum Umfallen alles tun, was wir können. Das haben wir auch in Slowenien wieder bewiesen, bis zur 90. Minute sind alle gesprintet. Dadurch haben die Slowenen die Lust verloren, das hat man auf dem Platz gespürt. Das ist eine Riesen-Qualität einer Mannschaft, die auch noch fußballerisch bestehen kann."

Mit einer solchen Herangehensweise kann man sich möglicherweise auch das nötige Spielglück erarbeiten. Andreas Ulmer hätte in Ljubljana durchaus vom Platz fliegen können, auch wenn er selbst das anders sieht.

Baumgartlinger: "Er ist ausgerutscht. Natürlich schaut es deppert aus. Wenn es den Video-Assistenten gegeben hätte, hätte es vielleicht die Rote Karte gegeben: Das wäre natürlich schlecht gewesen, darüber brauchen wir nicht diskutieren. Aber auch wenn es sich blöd anhört, ab und zu verdient man sich gewisse Sachen. Andreas Ulmer hat in den letzten Partien wirklich herausragend gespielt und meiner Meinung nach in Slowenien Ilicic zu einem Nebendarsteller gemacht. Das ist großartig, und nach vorne hin hat er auch Impulse gesetzt. Deswegen hat er sich das auch verdient."

An den richtigen Rädchen gedreht

Foda betont, dass man zu Hause gegen Polen "mit etwas Glück" auch gewinnen hätte können. Aber sich bei den März-Niederlagen auf Pech auszureden, würde natürlich viel zu kurz greifen, es musste schon am einen oder anderen Rädchen gedreht werden.

"Wir haben schon einige Dinge angesprochen. Wir sind jetzt in jedem Spiel über 90 Minuten aufmerksam und vor allen Dingen hochkonzentriert. Wir lassen uns auch durch einen Rückstand nicht mehr aus der Ruhe bringen und ziehen einfach unser Spiel durch."

Der Teamchef wiederholt seinen Glauben, dass es sein Team stark gemacht habe, "pausenlos mit dem Rücken zur Wand" zu stehen: "Die Mannschaft hat gemerkt, dass sie auch in der Drucksituation, gewinnen zu müssen, sehr gut Fußball spielen kann. Das hat Selbstvertrauen gegeben, und das hat sie in den letzten Spielen durchgezogen."

Selbstverständlich, der Sack muss gegen Nordmazedonien erst zugemacht werden. Im Hinblick auf die jedoch sehr wahrscheinliche EURO-Teilnahme könnte man jedoch auch die Mutmaßung aufstellen, dass es dem ÖFB-Team vielleicht gut getan hat, diese Quali auf die harte Tour erreichen zu müssen.

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