Von Sturm zu Rapid und umgekehrt - die direkten Überläufer
LAOLA1: Sturm liegt aktuell in vielen Belangen vor Rapid. In der Nachwuchsarbeit haben die Wiener aber zuletzt mehr Erfolge verbucht – gemessen daran, wie viele Spieler den Sprung in die Kampfmannschaft schaffen. Warum?
Günther Neukirchner: Ich sehe es ein bisschen differenzierter. Es ist richtig, dass im Moment weniger Spieler bei den Profis Fuß fassen können. Das hat den Grund, dass sich die Mannschaft in Sachen Qualität enorm entwickelt hat. Früher waren zwei Teamspieler in den Reihen. Mittlerweile ist es so, dass beim Lehrgang 12, 13 Spieler nicht da sind. Also hat jeder junge Spieler quasi einen Teamspieler vor sich, den er verdrängen muss. Auf der anderen Seite haben wir von den Jahrgängen 1997 bis 2008 80 Spieler in die Bundesliga gebracht, auch wenn die den Umweg über andere Vereine gemacht haben. Von daher arbeiten wir im Nachwuchsbereich sehr gut. Umso schöner wäre es, wenn wir wieder mehr unserer jungen Spieler in unserer ersten Mannschaft sehen würden. Ich glaube, dass die Rahmenbedingungen sehr gut sind. Es liegt am Spieler selbst, ob er den Sprung schafft.
LAOLA1: Mit Christoph Lang bei Rapid und Moritz Wels bei der Austria haben sich jüngst zwei Spieler für den anderen Weg über Wien entschieden. Wie schmerzhaft war das?
Neukirchner: Das tut natürlich weh, keine Frage. Langi haben wir nicht die Einsatzminuten bieten können, die er sich vorgestellt hat. Wir haben ähnliche Spieler in den eigenen Reihen. Das muss man akzeptieren. Und Welsi hat bei uns die ersten Einsätze gehabt. Ein super Bursch, ein toller Fußballer. Er hatte im letzten Jahr eine schwere Verletzung, hat sich über die zweite Mannschaft zurückkämpfen müssen. Und da konnte man ihm nicht die Möglichkeit geben, in der Bundesliga Fuß zu fassen, weil er noch nicht so weit war. Aber man sieht, wie lange es auch bei der Austria gedauert hat, bis er zu seinen Einsätzen gekommen ist. Die hätte er bei uns nun auch gehabt, da bin ich überzeugt davon.
LAOLA1: Gehen wir zu Rapid. Ist der Durchlässigkeit junger Spieler hoch in die Kampfmannschaft irgendwo eine Grenze gesetzt, wenn es doch wieder darum gehen soll, regelmäßig um Titel mitzuspielen?
Martin Hiden: Schwer zu sagen. Aber es ist unsere Philosophie, die wir weiterhin gehen wollen. Natürlich wissen wir, was für ein Platz Rapid ist. Das Dress ist eines der schwersten zu tragen. Trotzdem bringen wir immer etwas hervor, was Jugendspieler betrifft. Egal, ob es mal bessere oder schlechtere Phasen gibt. Sie beißen sich fest, entwickeln sich. Klar ist es leichter, wenn das Flaggschiff, die Profis, gut funktioniert. Aber auch die Zeit, in der es nicht so läuft, ist lehrreich.
LAOLA1: In den letzten Spielen drängten auch verletzungsbedingt mehr Junge in die Elf. Wie schwer ist der Spagat für einen Verein, der sportliche Ansprüche hochhalten will?
Hiden: Es ist ein positives Zeichen, dass der Trainer ihnen die Minuten gibt. Wenn ein Spieler zu den Einsatzminuten kommt, verdient er sie. Wir wissen, mit 17 oder mit 18 Jahren hat man noch gewisse Nachteile. Aber sie präsentieren sich im Training eben so, dass man ihnen das Vertrauen geben kann. Wir hoffen, dass wir mit Rapid II wieder den Sprung in die 2. Liga schaffen. Denn wir wissen, wie wichtig diese Plattform ist, weil der Sprung von dort in die Bundesliga noch einmal kleiner ist. Es wird auch bei uns immer wieder vom Spieler selbst abhängig sein.
LAOLA1: Sturm hat seine zweite Mannschaft aktuell in der 2. Liga. Schlägt der Verein daraus aktuell nicht so viel Kapital, wie er es gerne hätte?
LAOLA1: Wie viel Neid ist in Graz möglicherweise dabei, wenn man auf diese neuen Möglichkeiten in Wien schaut?
Neukirchner: Neid ist gar keiner vorhanden. Wir müssen aus den Rahmenbedingungen, die uns zur Verfügung stehen, das Beste machen. Wenn ich den ganzen Tag nur herumjammere, vergesse ich auf das Wesentliche: Die Arbeit mit den Jungen. Es gibt jetzt finale Gespräche, ein Grundstück ist bereits in Aussicht. Ich hoffe, dass man in spätestens zwei Jahren ein neues Trainingszentrum hat.
LAOLA1: Ich spreche mit zwei Legenden ihrer jeweiligen Vereine. Hat man dadurch bei den Jungen einen Vorteil?
Neukirchner: Du kannst als Trainer nicht nur Geschichten erzählen. Du musst sorgfältig sein, dich auskennen. Du musst wissen, wovon du redest. Die Spieler sind heutzutage in allen Bereichen sehr interessiert, sei es der körperliche, technische oder taktische. Wenn du da nur herumstammelst und keine Antworten weißt, hilft dir deine große Vergangenheit auch nichts. Ich versuche mich daher immer weiterzuentwickeln, wohin die neuesten Trends gehen, was für unser Spiel wichtig sein könnte. Du solltest auf jede Frage eine Antwort haben.
Hiden: Da gehe ich d'accord. Die heutige Generation ist wissbegierig. Bluttests, wie schnell bin ich, sie wollen alles wissen. Da sollte man gut mitreden und sie mit Informationen füttern können. Ich versuche auch, Fortbildungen zu machen und andere Vereine zu besuchen. Stillstand ist schlecht, das gilt auch für uns. Es gehört alles dazu und der Aufgabenbereich, den ich habe, ist groß. Spieler, Eltern, ich habe auch wieder Kontakt zu den Schulen, das gehört genauso zu meinem Job dazu.
LAOLA1: Die Nachwuchsarbeit des jeweils anderen Vereins betrachtet: Wo könnte man vielleicht etwas mitnehmen?
LAOLA1: Wer gewinnt das Cup-Finale?
Hiden: Wir haben den Pokal letztes Jahr nur "aus der Weit'n" gesehen und ich hoffe natürlich, dass wir ihn heuer in Händen halten.
Neukirchner: Wir haben ihn nicht nur "aus der Weit'n" gesehen, wir waren relativ nah dran. Das Gefühl ist nicht so schlecht. Das hätten wir schon gern wieder. Wir haben jetzt binnen kürzester Zeit das dritte Spiel gegeneinander, aber es ist klar, dass es ein eigenes Spiel wird. Wir müssen eine Schippe drauflegen, um den Titel zu verteidigen.
LAOLA1: Haben die beiden Bundesliga-Duelle die Vorzeichen zugunsten von Sturm geändert?
Neukirchner: Gar nicht. Das ist ein eigenes Spiel. Für uns ist es schön, dass wir da sechs Punkte gemacht haben. Aber das war nicht mehr und nicht weniger. Der Cup ist ein eigener Bewerb, du kannst mit relativ wenigen Spielen vieles erreichen. Unser Weg ist halt ein schwierigerer gewesen. Rapid trifft nun das erste Mal auf einen Bundesligisten. Mal schauen, was rauskommt. Aber man merkt die Anspannung bei Rapid. Dass sie alles auf dieses eine Spiel auslegen. Man wird sehen, ob dieser Weg zum Erfolg führt. Ich bin ein bisschen anderer Meinung, denke, dass die Spieler bei beidem Spiel den nötigen Fokus brauchen. Du musst sie auf Zug halten. Aber man kennt sich jetzt in- und auswendig. Du kannst den anderen nicht überraschen. Du musst die fittesten Spieler reinwerfen. Unterm Strich wird es eine große Energieleistung gegen einen sehr guten Gegner brauchen, der in den letzten Wochen schon gezeigt hat, dass er bestehen kann. Favoriten gibt es für mich in dem Spiel keinen.
Hiden: Ich glaube nicht, dass unsere Profis alles nur auf das Cup-Finale ausrichten. Vielleicht wurde der ein oder andere Spieler aus Verletzungsgründen später gebracht, als es in einem letzten Spiel vor einer längeren Pause möglich gewesen wäre. Aber auf die leichte Schulter wurden die Spiele in der Meisterschaft nicht genommen. Es geht im Cup-Finale bei 0:0 los, nach 90, 120 Minuten oder auch erst nach dem Elferschießen wird es einen Sieger geben.
LAOLA1: Werden wir alle drei in Klagenfurt sein oder ist das aus Termingründen eine Sache für den Fernseher?
Neukirchner: Live dabei!
Hiden: Ebenso live im Stadion.
LAOLA1: Also wird sich das gemeinsame Glas Rotwein zur Feier für einen und zur Frustbewältigung für den anderen auch ausgehen?
Neukirchner: Vielleicht werden wir uns nachher treffen, aber...
Hiden: ...einer wird lachen und der andere nicht.
Neukirchner: Also werden wir vielleicht doch ein bisschen Zeit vergehen lassen.