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Stefan Posch: Auf dem Weg zum Maldini Bolognas

Poschs Wandlung vom Innen- zum Außenverteidiger war genauso überraschend wie erfolgreich. In der Serie A gehört er mittlerweile zu den besten seines Faches.

Stefan Posch: Auf dem Weg zum Maldini Bolognas Foto: © getty

Als Stefan Posch im Sommer 2022 von der TSG Hoffenheim zum FC Bologna wechselte, waren die Reaktionen durchaus gemischt.

Es gab Stimmen, die den Wechsel als Chance sahen, andere wiederum meinten, es sei ein Rückschritt, als Stammspieler in der deutschen Bundesliga das Weite zu suchen.

Doch der ÖFB-Teamspieler entschied sich für die Leihe an den Stiefel - und wie sich zeigen sollte, wählte er den richtigen Schritt.

Ein wichtiger Faktor dafür war Bologna- und ÖFB-Teamkollege Marko Arnautovic.

Der erfahrene ÖFB-Star riet Posch zu dem Wechsel. "Marko hat mir vorgeschlagen, zu Bologna zu gehen, und er hatte Recht. Er ist ein wirklich netter Kerl, der mir sehr viel geholfen hat", verriet Posch gegenüber der "Gazzetta dello Sport".

Trainerwechsel als Glücksfall

In Hoffenheim fast ausschließlich als Innenverteidiger eingesetzt, erlebte der 25-Jährige in Italien eine überraschende Wandlung hin zum Außenverteidiger.

Auch dies wurde vielerseits mit Skepsis beäugt, Posch sei zu statisch und fußballerisch nicht gut genug für diese Postion. 

Das alles kümmerte Thiago Motta allerdings nicht, als er im September bei Bologna das Traineramt vom mittlerweile leider verstorbenen Sinisa Mihajlovic übernahm.

Unter dem Serben spielte Posch zumeist in einer Dreierkette, wo er hauptsächlich in der Defensive gefordert war. Motta stellte den Steirer als rechten Abwehrspieler auf und etablierte ein Spiel, das auf hohes Pressing ausgerichtet ist.

Unter Motta begann nicht nur Poschs Erfolgslauf, sondern auch jener seines Klubs.
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Es brauchte einige Spieltage, ehe sich Posch und seine Teamkollegen darin zurechtfanden.

Seit Ende Oktober zeigt der Trend der "Rossoblu" aber deutlich nach oben, mittlerweile gehört man zu den Kandidaten um Rang sechs, der für die Europa Conference League berechtigt.

Posch: Hochgeschätzte "Antithese"

Poschs Spiel ist meist pragmatisch, schnörkellos und daher oft unspektakulär. Was ihm zugutekommt, ist seine Körperlichkeit, die speziell für einen Außenverteidiger überdurchschnittlich ist.

Der gebürtige Judenburger ist fast 1,90 Meter groß und als Gegenspieler daher entsprechend unangenehm. Zudem bringt Posch für einen Spieler seiner Statur ein hohes Tempo mit.

In Zeiten wie diesen, in denen Außenvertediger wie Theo Hernandez (AC Milan) oder Alphonso Davies (Bayern München) mit ihren Dribblings und Alleingängen die Fans entzücken, fliegt Posch mit seinem schnörkellosen Zugang eher unter dem Radar und ist fast eine Art "Antihese" zu dieser Entwicklung.

Doch genau diese Eigenschaften schätzt sein Coach Thiago Motta am 25-Jährigen, denn sie machen ihn unheimlich effizient. Posch ist ein elementarer Teil in der Spielanlage des Italo-Brasilianers.

Motta "erfindet" Posch neu

Posch ist voll des Lobes für seinen Trainer: "Wir haben Qualität und Thiago Motta sorgt dafür, dass sich jeder eingebunden fühlt. Er weiß, wie man Spiele gut vorbereitet und ist ein großer Motivator", sagt er über den früheren Nationalspieler der "Squadra Azzurra".

Motta erfand gewissermaßen einen "Stefan Posch 2.0". Der Bologna-Coach stellte ihn nicht nur auf die Außenverteidiger-Position, sondern räumte ihm auch offensiv jede Menge Freiheiten ein, die beim ÖFB-Legionär bisher ungeahnte Stärken zum Vorschein kommen ließen.

Posch beschreibt sich selbst als "aggressiven Verteidiger". Die Rolle als Außenverteidiger mit viel Zeit in der gegnerischen Hälfte liegt ihm. Er habe "als Rechtsverteidiger mehr Freiheiten im Angriff und kann mit Toren und Assists effektiver sein", schildert er.

Fast 100 Prozent: Poschs irre Trefferquote

Fünf Treffer und zwei Assists stehen bisher zu für ihn zu Buche. Damit gehört Posch zu den gefährlichsten Außenverteidigern Europas. Kein anderer Abwehrspieler in den Top-5-Ligen traf öfter als er. Das bewies er zuletzt auch im ÖFB-Team, als Estland-Keeper Hein seinen Schuss nur abprallen lassen konnte, der schließlich zum Ausgleich führte.

Posch schießt nicht oft auf des Gegners Kasten, aber wenn er es tut, dann landet der Ball fast immer im Netz: Seine Erfolgsquote bei Schüssen aufs Tor liegt bei unglaublichen 97,66 Prozent.

Erst am vergangenen Wochenende stellte Posch gegen die AC Milan seine Gefährlichkeit einmal mehr unter Beweis, als er Teamkollege Nicola Sansone nach nicht einmal 60 Sekunden zum 1:0 assistierte.

Dem Treffer ging ein hoher Ballgewinn von Mussa Barrow voraus, Posch leitete die Szene danach selbst mit ein. Es war ein Sinnbild für das Spiel der "Rossoblu".

Mit Ricardo Orsolini bildet Posch bei Bologna auf der rechten Seite ein kongeniales Duo. Was in der öffentlichen Wahrnehmung oftmals untergeht, zeigen die Zahlen umso eindrucksvoller: Zusammen waren sie an 18 der bisher 39 Bologna-Tore in dieser Saison beteiligt - fast 50 Prozent!

Posch kann hinter dem "Dribblanski" seine körperlichen Stärken vor allem im Spiel gegen den Ball voll ausspielen und so immer wieder gefährliche Momente für ihn und Orsolini erzeugen. In der Serie A gehört Posch zu den besten drei Spielern im Zurückerobern von verlorenen Bällen.

Hohe Meinung: Posch wird in Italien schon mit Maldini verglichen.
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Zudem fängt er im Schnitt mehr als sechs Bälle pro Spiel ab. Das sind mehr als Milans Theo Hernandez, Romas Leonardo Spinazzola und Napolis Giovanni Di Lorenzo.

Vergleiche mit Maldini

Der Steirer ist offensiv wie defensiv ein wichtiger Faktor bei Bologna. Das sieht auch Motta so: "Stefan Posch spielt in allen Belangen eine hervorragende Saison", lobt der Coach seinen Schützling.

"Als Verteidiger kann er alles, er wird der nächste Top-Transfer des FC Bologna sein", meint Matteo Mosciatti, Redakteur beim italienischen Sportportal "Sportface".

Der Italiener verrät auch, dass Milan-Sportdirektor Paolo Maldini beim Spiel in Bologna von einem Journalisten bereits gefragt wurde, ob Posch ein Nachfolger für ihn sei. Maldini habe zwar nichts entgegnet, der Vergleich greift aktuell wohl auch noch zu weit, es zeigt aber, welchen Stellenwert Posch in Italien mittlerweile hat und welche Aufmerksamkeit er dort genießt.

Eine spannende Parallele gibt es zwischen den beiden aber bereits: Während Maldini in seinen späten 30ern einst vom Außen- zum Innenverteidiger wurde, war Poschs Weg genau umgekehrt.

"Stefan Posch spielt in allen Belangen eine hervorragende Saison."

Coach Thiago Motta is voll des Lobes über Posch.

Die großen Klubs haben Posch bereits ins Auge gefasst. Es gilt mittlerweile als so gut wie sicher, dass Bologna den geliehenen Posch im Sommer fest verpflichtet.

Denn laut Medienberichten beinhaltet sein Leihvertrag eine Klausel mit einer Kaufpflicht in Höhe von fünf Millionen Euro, wenn Posch mehr als 60 Prozent der möglichen Einsätze bestreitet. Diese Marke hat er bereits erreicht.

Damit würde er für die "Rossoblu" zu einem absoluten Schnäppchen. Sein Marktwert liegt laut "Transfermarkt" mittlerweile bei zehn Millionen.

Posch selbst würde einen Verbleib begrüßen. Es spreche "nicht viel dagegen", in Bologna zu bleiben, ließ er jüngst verlautbaren.

Medien spekulieren über Transfer zu Top-Team

Die Frage ist jedoch, ob Posch in Zukunft tatsächlich im Bologna-Trikot zu sehen sein wird. Denn aufgrund seiner Leistungen ist es wenig verwunderlich, dass bereits Transfer-Gerüchte umherschwirren.

Wie das vereinsnahe Portal "Napoli Calcio" erfahren haben will, soll sich gar Spitzenreiter SSC Napoli mit Posch beschäftigen. Auch bei Inter Mailand sei er ein Thema.

Wenngleich man solchen Berichten gegenüber in Italien mit gesunder Skepsis begegnen sollte, würde ein Schritt Poschs zu einem renommierteren Klub als Bologna mittlerweile nicht mehr gänzlich verwundern.

Zunächst gilt es für ihn und die "Rossoblu" jedoch, die Saison zu einem erfolgreichen Abschluss zu bringen. Nach 30 gespielten Runden steht Bologna auf Rang acht. Rang sechs, auf dem aktuell Inter Mailand rangiert, ist sieben Punkte entfernt.

Womöglich reicht der Motta-Elf aber sogar Rang sieben für eine internationale Teilnahme, nämlich dann, wenn sich der Sieger der Coppa Italia über die Liga für das internationale Geschäft qualifiziert. Die Halbfinal-Rückspiele (Inter Mailand-Juventus Turin sowie Fiorentina-Cremonese) steigen am Mittwoch und Donnerstag nächster Woche.

Für Bologna wäre ein Triumph von Inter oder Juventus damit die günstigste Option, da sowohl die Fiorentina (9.) als auch Cremonese (19.) derzeit keinen Europacup-Rang belegen.

Ob Stefan Posch nächste Saison international spielt, ist also noch ebenso offen, wie die Frage mit wem er dies im Fall der Fälle tun wird.


VIDEO - Poschs sehenswerter Treffer gegen Udinese:

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