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ÖFB-Torfrau Zinsberger: "Da kriege ich Gänsehaut"

ÖFB-Torfrau über Vorbild-Rolle, Provokationen und Arsenal-Enttäuschung. Interview:

ÖFB-Torfrau Zinsberger: Foto: © GEPA

Sie ist eines DER Gesichter des österreichischen Frauen-Fußballs: Manuela Zinsberger

Die 26-jährige Niederösterreicherin eroberte vom kleinen USV Leitzersdorf aus die große Fußball-Welt, seit 2019 steht die ehemalige Bayern-Torfrau beim FC Arsenal in London zwischen den Pfosten. 

"Ich als kleines Mädchen hätte niemals gedacht, dass ich irgendwann einmal bei Arsenal spiele", sagt Zinsberger und möchte mit ihrem Weg jungen Mädchen Mut machen: "Man muss einfach an sich selbst glauben und hart arbeiten, dann kann jeder etwas Großes schaffen."

Etwas Großes war auch der Erfolg der ÖFB-Frauen bei der EM 2017, als man als Außenseiterinnen bis ins Halbfinale kam. Schon damals hütete Zinsberger das ÖFB-Tor. Nun steht wieder eine EM an, diesmal im "Mutterland" des Fußballs, England.

Im LAOLA1-Interview spricht Zinsberger über das bevorstehende Karriere-Highlight mit dem Eröffnungsspiel gegen England im ausverkauften Old Trafford, Provokationen innerhalb des ÖFB-Teams, bittere Niederlagen und ihren persönlichen Weg zur Führungsspielerin.

LAOLA1: In wenigen Tagen startet die EM in England, wie groß ist die "Europhorie"?

Manuela Zinsberger: Unglaublich groß! Wir stehen vor einem großen Event in dem Land, in dem der Frauen-Fußball quasi den Startschuss gelegt hat. Die Mädls sind heiß, wir freuen uns alle sehr darauf.

LAOLA1: Ist das Eröffnungsspiel gegen England im ausverkauften Old Trafford eines deiner absoluten Karriere-Highlights?

Zinsberger: Wenn das einer nicht als Highlight sieht, dann weiß ich nicht, was die Person mit Fußball zu tun hat. Ein Eröffnungsspiel gegen England in England, im ausverkauften Old Trafford – besser geht’s fast nicht. Das i-Tüpfelchen ist, dass die Familie auch dabei ist. Das werden sicher Gänsehaut-Momente. Diesen Tag werde ich mir fett in meinem Kalender eintragen.

LAOLA1: Ihr habt eine lange Saison und eine intensive EM-Vorbereitung hinter euch. Wie schafft man es, die ganze Zeit den Fokus zu behalten?

Auf Zinsberger & Co. wartet im Training die eine oder andere Challenge
Foto: © GEPA

Zinsberger: Jede Vorbereitung ist wichtig, je mehr man hat, umso besser. Wir nutzen jede einzelne Sekunde für Gespräche, Analysen, Trainingseinheiten am Platz, Fitnesseinheiten. Wir versuchen von A bis Z alles auszuschöpfen. Aber wir achten auch drauf, dass der Spaß-Faktor nicht zu kurz kommt. Im Training gibt es manchmal die eine oder andere Challenge, Jung gegen Alt zum Beispiel. Die Provokationen sind sehr hoch (lacht), aber dieses gewisse Etwas brauchen wir. Das Trainerteam schaut darauf, dass wir die nötige Balance haben und das wird es schlussendlich auch ausmachen.

LAOLA1: Ihr betont immer wieder den guten Zusammenhalt im Team. Ist das die größte Stärke dieser ÖFB-Mannschaft?

Zinsberger: Es ist einfach diese Familie, die man hat. Viele von uns spielen schon jahrelang zusammen, dann kommen wieder Junge dazu und bringen frischen Wind rein. Man freut sich einfach immer, wenn man zum Team kommt, egal ob es vor einem Testspiel oder vor einer EM ist. Das zeigt schon, welche Gemeinschaft wir haben, welchen Zusammenhalt. Das zeichnet uns als Team aus. Wir arbeiten aber auch hart und versuchen die Dinge, die uns das Trainerteam vorgibt, schnell umzusetzen, um Erfolg zu haben.

LAOLA1: Apropos Erfolg: Du warst Teil jenes Teams, das 2017 das EM-Halbfinale erreicht hat. Ist von damals etwas geblieben, das ihr jetzt mitnehmen könnt?

Zinsberger: Was geblieben ist, ist die Lernwilligkeit, der Ehrgeiz und das Mannschaftsgefühl. Wirklich vergleichen kann man 2017 und jetzt aber nicht. 2017 haben alle zu uns aufgeschaut und sich gedacht: Krass, wie haben die das geschafft? Seither haben wir uns weiterentwickelt und auch unserere Gegnerinnen haben sich weiterentwickelt. Es ist ein neues Turnier und in gewissen Bereichen auch ein neues Team. Ich will einfach, dass wir mit Vorfreude auf dieses Turnier schauen. Schauen, was kommt und nicht was war.

LAOLA1: Du gehörst zu den Aushängeschildern im Nationalteam. Wie wichtig ist es für dich, ein Vorbild für junge Fußballerinnen zu sein?

Zinsberger: Vorbild – dieses Wort ist für mich nachwievor unglaublich. Mir stellt es wirklich die Gänsehaut auf. Ich als kleines Mädchen hätte niemals gedacht, dass ich irgendwann einmal bei Arsenal spiele. Das möchte ich an die Mädchen transferieren. Ich möchte einfach nahbar sein und ihnen zeigen: Ich war auch einmal ein kleines Mädchen aus einem 350-Einwohner-Dorf und habe es auch geschafft. Man muss einfach an sich selbt glauben und hart arbeiten, dann kann jeder etwas Großes schaffen. Natürlich braucht man ein gewisses Umfeld, das einem die nötige Unterstützung gibt, aber ganz ehrlich: 'Live your dreams' und lass dich von nichts und niemandem unterkriegen. Wenn du wirklich davon überzeugt bist, dann scheiß drauf und mach's einfach! Du gehst den Weg und kein anderer.

LAOLA1: Du hast in den vergangenen Jahren wichtige Schritte in deiner Karriere gesetzt, unter anderem mit dem Wechsel vom FC Bayern zum FC Arsenal. Wie hast du dich persönlich weiterentwickelt?

Zinsberger: Der Schritt zu Arsenal war für mich extrem wichtig. Ich habe persönlich nochmal viel dazulernen können, aber auch im sportlichen Bereich. Bevor ich zu Arsenal gegangen bin dachte ich, ich habe noch so zehn Prozent Potenzial, aber ich habe jetzt erst gemerkt, was wirklich noch in mir steckt. Deshalb bin ich froh, dass ich den Schritt gemacht habe. Ich bin reifer geworden und habe von mir selbst nochmal viel gelernt, sei es im mentalen Bereich oder in der Ernährung oder wie ich mich in Ruhephasen besser verhalte. Ich habe in jedem Bereich versucht, nochmal ein paar Prozent draufzulegen.

LAOLA1: Und du gehörst sowohl bei Arsenal als auch im Nationalteam zu den Führungsspielerinnen.

Ich möchte von den Großen lernen, von einer Viki Schnaderbeck, Carina Wenninger oder Sarah Puntigam. Zu denen blicke ich noch immer auf.

Manuela Zinsberger über ihre Führungs-Qualitäten

Zinsberger: Ich finde, ich entwickle mich immer mehr zu einer Führungsspielerin, gehöre im Nationalteam zum Spielerinnen-Rat. Aber man lernt nie aus. Ich möchte von den Großen lernen, von einer Viki Schnaderbeck, Carina Wenninger oder Sarah Puntigam. Zu denen blicke ich noch immer auf. Ich versuche mir immer wieder abzuschauen, wie man wirklich ein Team führt. Da bin ich noch lange nicht angekommen. Das ist ein Ziel von mir, da kann ich noch immer dazulernen.

LAOLA1: Du hast eine sehr erfolgreiche Saison mit Arsenal hinter dir, zum Titel in der englischen Women's Super League hat es aber ganz knapp nicht gereicht. Wie verdaut man solche Niederlagen?

Zinsberger: Obwohl wir so knapp gescheitert sind zeigt es mir einfach, dass man nie aufgeben soll. Ich bin Sportlerin mit Leib und Seele und deshalb werde ich niemals aufgeben. Hoffentlich belohnt mich das Schicksal einmal und ich kann den Pokal in die Höhe stemmen. Ich bin jetzt drei Jahre bei Arsenal und habe bis auf einen individuellen Titel - den "Golden Glove" (Goldener Handschuh, Anm.) - noch keinen großen Titel gewonnen. Aber mich hat auch schon der "Golden Glove" gefreut. Das zeigt nicht nur, dass ich die meisten Spiele zu Null gespielt habe, sondern auch, dass ich über die ganze Saison hinweg konstant gut gearbeitet habe. Ich habe für mich persönlich viel dazulernen können und hart an mir gearbeitet. Das nehme ich in die nächste Saison mit, dann werden wir wieder voll anzugreifen.

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