Rodri war plötzlich ein anderer Spieler. Er hatte körperlich zugelegt und strahlte eine ungeheure Ruhe und Souveränität aus. Atletico bügelte seinen Fehler aus - für schlappe 20 Millionen Euro, die man Villarreal für seinen ehemaligen Jugendspieler überwies.
Nur ein Jahr später wurde dann ein gewisser spanischer Startrainer aus der Premier League auf den Mittelfeldmann aufmerksam und erkor ihn zum Transferziel Nummer eins aus.
Manchester City zog die Ausstiegsklausel in Rodris Vertrag und lotste den damals 23-Jährigen für rund 70 Millionen Euro ins Team von Pep Guardiola. Obwohl Geld im blauen Teil Manchesters bekanntlich keine Rolle spielt, sorgte die hohe Ablösesumme für einen zu diesem Zeitpunkt erst sechsfachen Nationalspieler dennoch für Verwunderung.
Noch war Rodri ein relativ unbeschriebenes Blatt im Konzert der Großen. Das sollte sich jedoch schleunigst ändern.
Guardiolas wichtigstes Puzzlestück
Citys Plan mit Rodri war klar: Dem Spanier würde ein wenig Eingewöhnungszeit gewährt werden, um sich an das Tempo und die Härte in der Premier League anzupassen. Mittelfristig sollte er schließlich die Nachfolge des alternden Kapitäns Fernandinho antreten.
Das Problem war nur, dass Rodri schlicht zu gut für einen Platz auf der Bank war. Von Tag eins an hatte er unter Pep Guardiola seinen Stammplatz sicher, stopfte im defensiven Mittelfeld die wichtigen Löcher und hielt seinen Vordermännern rund um Kevin de Bruyne und David Silva den Rücken frei.
Mit Rodri wurde Manchester City zu einem noch gefährlicheren "Biest". In den Folgejahren dominierte die Guardiola-Elf den englischen Fußball fast nach Belieben, gewann zuletzt viermal in Folge die Premier League und 2023 schließlich die Champions League.
Und praktisch immer leistet der Spanier seinen Beitrag. Seit seiner Ankunft stand Rodri in 172 von 190 möglichen Ligaspielen auf dem Platz und beweist unheimliche Ausdauer, Konstanz und Verletzungsresistenz.
Guardiola würde seinem Star beim vollen Spielplan der Citizens gerne häufiger Pausen gönnen. Nur würden dabei die Siegchancen seiner Mannschaft deutlich schwinden.
No Rodri, no Party
Es ist schwer genug, Manchester City zu schlagen. Wenn aber Rodri mitspielt, ist es fast unmöglich.
Am letzten Spieltag der abgelaufenen Saison stellte der 28-Jährige einen neuen Rekord auf: Unglaubliche 74 Pflichtspiele in Serie (Niederlagen in Elfmeterschießen ausgeschlossen) hatte der Sechser wettbewerbsübergreifend im "Skyblues"-Dress nicht mehr verloren und überflügelte somit die bisherige Bestmarke von Paolo Maldini und Demetrio Albertini für die AC Milan.
Just im nächsten Spiel, dem FA-Cup-Finale gegen Stadtrivale Manchester United (1:2), endete die Serie. Die "Red Devils" konnten den ultimativen Endgegner Rodri endlich bezwingen.
Es grenzt fast an ein Wunder, dass der Spanier in diesem Finale nicht abliefern konnte. Eigentlich ist er ein Mann für die großen Momente und wichtigen Tore, wie er im CL-Finale gegen Inter Mailand mit seinem Siegtreffer zum 1:0 unter Beweis stellte.
Nach vielen Jahren war der Scheichklub mit unerschöpflichen finanziellen Möglichkeiten im Juni 2023 endlich am Ziel angekommen. Nicht nur deswegen wissen die Anhänger, was sie an ihrem Sieggaranten haben. "Can we talk about Rodri", war in der Vorsaison von einem Banner aus dem Sektor zu lesen.
Mit Sicherheit hat Rodri noch mehr Anerkennung verdient. Die Klasse des spanischen Kapitäns ist unbestritten und die wachsende Titelsammlung erlaubt Vergleiche mit den größten Persönlichkeiten dieses Sports. Schlagzeilen schreiben in der Regel aber Offensivstars wie Erling Haaland, Kevin de Bruyne oder aktuell Super-Youngster Lamine Yamal.
Ein etwas anderer Superstar
Dass Rodri zumeist nicht im Rampenlicht steht, mag an seiner Rolle als defensiver Mittelfeldspieler liegen, vielmehr jedoch wohl an seiner Person selbst. Anders als viele Spielerkollegen "scheut" er fast das öffentliche Leben.
Kein Instagram-Account, keine privaten Einblicke, keine Skandale - Rodri lässt lieber auf dem Rasen Taten sprechen, anstatt sich über Social Media selbst zu inszenieren und vermarkten.
Obwohl dem Fußball immer die absolute Priorität galt, hielt sich Rodri auch andere Optionen offen. Während seines Durchbruchs bei Villarreal begann er ein Studium in Betriebswirtschaftslehre, welches er nach vier Jahren erfolgreich abschloss.
Rodri bezeichnet diese Phase noch heute als "beste Zeit meines Lebens". Die ersten Jahre wohnte er sogar - trotz seines bereits hohen Einkommens - weiterhin im Studentenheim.
Der Erfolg ist ihm nicht zu Kopf gestiegen, obwohl die Aussagen seines Trainers jegliche Egotrips zulassen würden.
Guardiola würde sich selbst aufstellen
"Er ist mit Abstand der beste Mittelfeldspieler der Welt und könnte in jeder Generation spielen", schwärmte Guardiola unlängst in einem Interview. Dabei bezog er sich auf die große Ära des FC Barcelona unter Johann Cruyff in den 90er Jahren, in der Guardiola selbst als noch junger Spieler seine Füße im Spiel hatte.
"Er würde mit mir um die Position im defensiven Mittelfeld konkurrieren. Da wäre er dann in Schwierigkeiten geraten", scherzte der Coach, um seriös anzufügen: "Ich hätte mich natürlich selbst aufgestellt, aber Cruyff war schlauer als ich - und hätte in jeder Hinsicht auf Rodri gesetzt."
Guardiola ist bekannt dafür, seine Spieler - oft mitunter in etwas übertriebener Art und Weise - in den Himmel zu loben. Im Fall von Rodri gehen mittlerweile aber sogar dem Startrainer die Superlative aus.
Irgendwann wird Rodri als einer der besten Mittelfeldspieler der Premier-League-Geschichte abtreten. Im Schatten vieler Superstars, aber doch herausragend.
Solle er seine Nationalmannschaft am Sonntag zum EM-Titel führen, wären einmal alle Scheinwerfer auf ihn gerichtet.