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Wöber: "Sind minütlich auseinandergebrochen"

"Nicht am Leistungslimit!" "Bullen" lecken nach 1:7-Watsche in München ihre Wunden:

Wöber: Foto: © GEPA

Niemand hat damit gerechnet, dass den FC Salzburg am vergangenen Dienstag eine einfache Aufgabe in München erwartet.

Nach einem leistungsgerechten 1:1 im Hinspiel des ersten Champions-League-Achtelfinales in der Mozartstädter Klubgeschichte, träumte der ein oder andere kühne rot-weiß-rote Fußballoptimist aber doch von einem Viertelfinal-Aufstieg über den großen FC Bayern.

Wie hoch die Hürde für die jungen "Bullen" in der Allianz Arena schließlich werden würde, war schlussendlich doch ein Schlag ins Gesicht für alle, die es mit Salzburg halten. Mit einem schmerzhaften 7:1 fertigten die Bayern Österreichs Meister schlussendlich ab - und das auch noch hochverdient (Spielbericht>>>).

"Nach dem 1:1 im Hinspiel haben wir uns natürlich noch Chancen ausgerechnet. Wir wollten wieder eine so gute Leistung zeigen und die Bayern ärgern. Das ist von der ersten Minute an in die Hose gegangen", konstatiert ein völlig zerknirschter Max Wöber nach dem Spiel auf "Sky".

Der 24-jährige Wiener erwischte den wohl schwärzesten Tag seiner Karriere und verursachte in der Anfangsphase gleich zwei Elfmeter: "Gleich einmal zwei Elfer verschuldet, so beginnt das Ganze. Wir sind dann von Minute zu Minute ein bisschen auseinandergebrochen. Bei den Bayern weiß man, die schalten keinen Gang runter, die wollen im besten Fall zweistellig gewinnen."

Hätte Salzburger Führung zu einem anderen Spielverlauf geführt?

Dabei war der Start in die Partie eigentlich ein vielversprechender aus Salzburger Sicht. Zwar musste Philipp Köhn nur nach wenigen Minuten einen Lewandowski-Schuss entschärfen, im direkten Gegenzug gingen die "Bullen" aber selbst beinahe durch Nicolas Capaldo in Führung, doch Kingsley Coman packte eine tolle Rettungstat aus und klärte so zur Ecke.

"Einer der Schlüssel heute war die Verteidigungsaktion von 'King' (Coman, Anm.). Ohne die wird es schwierig. Wenn du in der vierten Minute mit 0:1 hinten bist, kommst du schon ins Nachdenken und das spielt dann natürlich auch der Idee von Salzburg brutal in die Karten. Er hat die Tür damit aufgestoßen. Eine unfassbare Aktion, wie er das verteidigt. Mit welcher Gier und Energieleistung er den Sprint setzt. Hut ab! Das war der Opener, wie man im Englischen sagt", sieht Bayern-Coach Julian Nagelsmann in der vereitelten Capaldo-Chance den Grundstein für den Erfolg seines Teams.

Ulmer: "...das macht dann was mit der Mannschaft"

Auch nach dem frühen Rückstand wäre fast der prompte Ausgleich gelungen, doch der rechtzeitig ins Bayern-Tor zurückgekehrte Manuel Neuer parierte gegen Nicolas Seiwald überragend.

Ob der Spielverlauf ein anderer gewesen wäre, wenn Salzburg diese frühen Tore gelungen wären? "Natürlich wäre es für uns vom Gefühl am Platz anders gewesen. Wenn du 0:2, 0:3, 0:4 hinten bist, dann macht das was mit jemanden und vor allem mit uns als Mannschaft, mit den jungen Spielern, die am Platz sind. Das ist dann eine ganz andere Situation, die noch nicht viele erleben haben dürfen", findet Kapitän Andreas Ulmer auf der Pressekonferenz nach dem Spiel.

"Bullen" nach Corona-Cluster "nicht am Leistungslimit"

Tatsächlich sackten die unerfahrenen Mozartstädter nach dem 0:2 völlig in sich zusammen und ergaben sich den Bayern beinahe wehrlos. Von mutigem Pressing, frechem Konterspiel und einer sonst so stabilen Defensive war an diesem Abend überhaupt nichts zu sehen. Viel mehr wirkten die "Bullen" schon nach gut 20 Minuten mental und auch körperlich am Ende - was wohl mit dem größten Problem an diesem Abend zusammenhing: Dem Mega-Corona-Ausbruch von vor zwei Wochen.

"17 Spieler in Quarantäne, natürlich bist du dann nicht bei 100 Prozent. Den einen oder anderen hat es auch härter erwischt. Wir wollten trotzdem alles raushauen heute, aber gegen so eine Topmannschaft wie den FC Bayern München müssen wir als Salzburger Mannschaft einfach an unserem Leistungslimit sein", erklärt Matthias Jaissle.

Insgesamt wurden - mit dem Staff der "Bullen" eingerechnet - beinahe 40 Personen in den vergangenen Wochen positiv auf das Corona-Virus getestet. Bereits im ersten Spiel nach dem Ende der Quarantäne, dem 0:0 gegen den LASK, bei dem einige Spieler, die einen schwereren Verlauf erwischten, wie Andreas Ulmer, Max Wöber oder Mo Camara, ganz fehlten, merkte man, was die Massen-Infektion mit den Salzburgern körperlich angestellt hatte.

Beim 4:0 gegen einen inferioren SCR Altach am vergangenen Wochenende waren die physischen Defizite nicht mehr so offensichtlich, allerdings bereiteten die Vorarlberger den Mozartstädtern fußballerisch auch einen recht unbeschwerten Samstag-Nachmittag.

Jaissle zu Corona-Ausbruch: "Wir jammern nicht!"

Gegen die Bayern merkte man selbst von den Rängen aus, dass viele der Mozartstädter schon früh aus dem letzten Loch pfiffen und oftmals nicht mehr im Stande waren, wichtige Meter in der Defensive zu gehen. Auch Ulmer spürt die Nachwirkungen seiner Infektion noch immer: "Ich habe mich sicher schon besser gefühlt gehabt in anderen Spielen."

Ein solcher Ausbruch hätte allerdings jede Mannschaft treffen können, Corona ist längst ein wesentlicher Faktor im kompetitiven Sport im Allgemeinen geworden, der in den vergangen beiden Jahren auch schon einige Fußballspiele entschieden hat.

Auch Matthias Jaissle scheut sich davor, Ausreden zu suchen: "Wir haben schon vor dem Spiel gesagt, dass die Vorbereitung natürlich nicht ideal war. Wir hatten mit dem einen oder anderen Faktor zu kämpfen, sprich: Corona und so weiter. Aber wir wollten nicht jammern. Wir haben trotzdem das beste aus der Situation gemacht. Aber um ehrlich zu sein, hat man heute schon gemerkt, dass es bei dem einen oder anderen nicht gereicht hat, auf 100 Prozent zu kommen."

Bayern einfach "auf einem anderen Niveau"

Der entscheidendste Faktor an diesem Abend trug allerdings elf rote Dressen und heißt Bayern München. Der deutsche Rekordmeister wird nicht umsonst als einer der heißesten Favoriten auf den Champions-League-Titel gehandelt, momentan gibt es auf der ganzen Welt nur wenige Teams, die dem Team von Julian Nagelsmann ansatzweise ebenbürtig sind.

"Es war ganz einfach zu sehen: Das war heute ein Gegner auf einem anderen Niveau. Wir hatten Chancen in der Anfangsphase vom Spiel, aber wenn du diese Chancen nicht machst, wird es schwierig. Wir haben alles gegeben, aber es war nicht genug", erklärt deshalb Rasmus Kristensen.

Obwohl bei den Bayern zuletzt selbst etwas der Wurm drinnen war und die Defensive Löcher zeigte, sind die Münchner immer dann voll da, wenn es notwendig ist - das bewiesen sie in der Vergangenheit schon zu Genüge. Alleine, dass der FCB in den letzten elf Saisonen zehn Mal zumindest das Champions-League-Viertelfinale erreichte, spricht Bände.

Jaissle: "Hier sind schon andere Mannschaften unter die Räder gekommen"

In den wenigen Fällen, in denen den Bayern ein vorzeitiges Champions-League-Aus drohte - wie etwa bei den Achtelfinali gegen den FC Basel 2011/12 (0:1 im Hinspiel in Basel) oder gegen Shakhtar Donetsk 2015/16 (0:0 im Hinspiel in Donetsk) - ließen sie im jeweiligen Rückspiel eine 7:0-Machtdemonstration los, die am vergangenen Dienstag in einer ähnlichen Form auch Salzburg erleben musste. Und selbst der große FC Barcelona erlitt bekanntlich schon die eine oder andere Schmach gegen die Münchner.

Auch Matthias Jaissle ist sich dessen bewusst: "Grundsätzlich war es ein sehr bitterer Abend für die Jungs, die Enttäuschung ist riesig. Wir haben uns ein anderes Spiel vorgestellt. Aber ich glaube, hier sind schon andere Mannschaften ein Stück weit unter die Räder gekommen, wie wir es heute leider auch sind."

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