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Salzburgs Warten auf die CL hat sich gelohnt

Emotionen pur! Warum Jesse Marsch vier Bälle verteilte:

Salzburgs Warten auf die CL hat sich gelohnt Foto: © GEPA

Am 17. September 2019 war es also endlich soweit: Der FC Salzburg durfte endlich sein so lange herbeigesehntes erstes Champions-League-Spiel bestreiten.

Elf Mal scheiterten die "Bullen" in den vergangenen 13 Jahren an der Qualifikation zur "Königsklasse", viel öfter wurden sie deswegen Ziel von Spott und Häme.

Dass es gleich bei der Premiere einen eindrucksvollen 6:2-Kantersieg gegen KRC Genk (Spielbericht) gab, wurde vom elektrisierten Salzburger Publikum mit Genugtuung und Ekstase aufgenommen.

"Ich denke, die Wartezeit hat sich gelohnt", bringt Andre Ramalho den Grundtenor in Salzburg auf den Punkt.

Ramalho: "War teilweise traurig"

Der Brasilianer war selbst drei Mal bei misslungenen Qualifikationen dabei, in Erinnerung bleiben dabei die beiden besonders dramatisch fehlgeschlagenen Versuche gegen Malmö 2014 und gegen Roter Stern Belgrad im Vorjahr.

"Nach so vielen Jahren und so vielen Versuchen hat jeder mitgekregt, wie traurig das teilweise war. Wir haben diesmal alles gegeben und verstanden, was wir machen müssen bei solchen Spielen. Wir haben wieder bewiesen, dass wir auch international mithalten können", erklärt der emotionale Innenverteidiger, der als einer von nur drei Spielern in der Anfangsformation bereits Champions-League-Erfahrung aufweisen konnte.

Ramalho war zudem eine von vier Personen, die bei der Schlussbesprechung der Salzburger einen Champions-League-Ball von "Bullen"-Coach Jesse Marsch als Andenken überreicht bekam. Die restlichen drei waren der rekonvaleszente Alexander Walke, Kapitän Andreas Ulmer und Sportdirektor Christoph Freund.

Vier Bälle für die Ewigkeit

Alle vier Akteure eint eine lange Verbundenheit mit dem Verein, alle vier mussten in Hinsicht auf die Champions League viele Rückschläge hinnehmen. Marsch, der erst seit Sommer in Salzburg werkt, weiß, wie wichtig der erste Champions-League-Abend überhaupt für Ramalho, Walke, Ulmer und Freund im Speziellen war:

"Wir haben vier Bälle ausgeteilt, einen an Alex Walke, Andi Ulmer, Christoph Freund und Andre Ramalho. Sie haben so lange auf diesen Moment gewartet und haben ein Fundament hier aufgebaut."

Der charismatische US-Amerikaner, der nicht ohne Unkenrufe in der Mozartstadt anheuerte, ist aber ob seiner deutlich kürzer andauernden Verbundenheit mit dem Verein nicht minder emotional nach der geglückten CL-Premiere. Für Marsch lief der Abend nahezu perfekt: "Es war überragend. Beim 3:1 gab es einen Moment, wo die Mannschaft vielleicht etwas ins Zweifeln kommen könnte. Aber in den nächsten fünf Minuten machen sie gleich zwei weitere Tore. Das spricht einfach für das Selbstvertrauen dieser Mannschaft."


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Marsch: "...dann wird es plötzlich eng"

Ganz ohne Kritik kommt der 45-Jährige, der sich für diese besondere Nacht in den feinen Zwirn schmiss, aber nicht aus. Rund um Minute 60, als Salzburg mit etwas weniger Nachdruck agierte und Genk den Hauch von Aufwind bekam, war Marsch an der Seitenlinie sichtlich unzufrieden:

"In ein paar Momenten machten wir die falsche Entscheidung mit dem Ball oder im Taktischen. Wir waren nicht kompakt. Es stand zwar 5:2, aber wenn es dann 5:3 steht, wird es plötzlich wieder eng. Deswegen sind taktische Disziplin und Konzentration ganz wichtige Themen."

Nur kurze Zeit später, nämlich in Minute 66, sorgte Captain Ulmer schließlich für das 6:2 und die Entscheidung. Der mittlerweile 33-Jährige ist der längstdienende Spieler im Salzburger Kader und nicht gerade als Torjäger bekannt. Umso emotionaler war der schön herausgespielte Treffer für den Linksverteidiger:

"Es war ein richtig geiler Abend, ein geiles Spiel, ein verdienter Sieg. Ein Tor zu schießen ist immer gut, aber gerade in der Champions League überragend. Ich hoffe, dass ich heute noch schlafen kann", grinste Ulmer nach Schlusspfiff. 

Freund: "Abend für die Geschichtsbücher"

Emotional ist auch das Stichwort, wenn es um Christoph Freund geht. Der 42-Jährige übernahm 2015 als Sportdirektor von Ralf Rangnick und stand vor allem zu Beginn heftig unter Beschuss, Salzburg zum Ausbildungsverein verkommen zu lassen.

"Im ersten Champions-League-Spiel sechs Tore zu schießen und so eine Leistung zu bringen, ist unglaublich. Es ist wirklich ein wunderschöner Abend, wir genießen es sehr, was wir gerade in Salzburg erleben. Die Champions League war immer ein Riesen-Thema in Salzburg, das immer mitgeschwungen hat. Das haben wir jetzt auch ausgelöscht", fällt Freund sichtlich eine Riesen-Last von den Schultern.

Für den 42-Jährigen, der bereits seit 2006 in verschiedenen Funktionen beim Verein engagiert ist, war die Dienstag-Nacht eine für die Geschichtsbücher: "Ich habe gespürt, was für eine Energie in der Mannschaft ist. Das auch auf den Platz zu bringen, ist schon einzigartig. Der Abend geht in die Historie ein, darüber werden wir noch in ein paar Jahren sprechen."

Freunds stille Antwort an die Kritiker

Die "Bullen"-Gala ist auch Ausdruck der tollen Arbeit, die Freund seit Jahren in der Mozartstadt leistet. Immerhin ist er für die Kaderzusammenstellung hauptverantwortlich. Dass sein Wirken oftmals sehr kritisch beäugt wurde und wird, ist Freund bewusst:

"Die Erfolge in den letzten Jahren geben uns recht, auch wenn es nicht immer einfach war und es viel Kritik gab, dass wir immer wieder so einen großen Ausverkauf haben. Auch heuer beim Saisonstart gab es nicht so eine gute Stimmung. Ich kann mich noch gut erinnern, als vor zwei Monaten gesagt wurde, die Spieler, die weggehen, können wir nicht ersetzen. Ich war immer extrem positiv, bin vielleicht belächelt worden, aber ich habe immer gewusst, welche Spieler da nachkommen. Dass sie die Qualität haben und wir nochmal unberechenbarer werden, war mir immer klar."

Als Kicker wie Munas Dabbur, Hannes Wolf, Xaver Schlager, Stefan Lainer oder Diadie Samassekou Salzburg in diesem Sommer Richtung Ausland verließen, war der Argwohn nicht nur unter den "Bullen"-Anhängern groß. Unworte wie "Kindermannschaft", die den Klub in der Vergangenheit negativ beschäftigten, kamen immer wieder auf. Für Freund hatte der Umbruch aber auch seine positiven Seiten:

"Veränderung ist immer auch eine neue Chance. Ich sage sogar, dass es gesund war, im Sommer die Wechsel einzelner Spieler vorzunehmen. Du kannst sie nicht anketten, und wenn du ein paar Spieler dabei hast, die sich nicht mehr zu 100% beim Verein sehen, ist es nicht so, wie es sein sollte."

Wöber über Champions League: "Läuft"

So war es auch möglich, mit Max Wöber den absoluten Rekordstransfer in die Mozartstadt zu locken. Der 21-Jährige spulte gegen Genk nicht nur defensiv eine Top-Leistung ab, sondern leitete auch den einen oder anderen Angriff mit starken Vorstößen ein. Immerhin war der Wiener auch der Spieler mit der meisten Champions-League-Erfahrung in der Startelf der "Bullen" - und das mit vier Einsätzen für Ajax Amsterdam.

"Es herrscht eine irrsinnige Freude, eine irrsinnige Erleichterung. Alle sind richtig happy, die Stimmung in der Kabine ist super. Besser hätten wir uns es nicht erträumen können."

Die Bemerkung, dass Wöber auch in seinem fünften Champions-League-Spiel ungeschlagen blieb, kommentiert der Innenverteidiger mit einem Schmunzeln: "Läuft in der Champions League, würde ich sagen."

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