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Medizinmann Jürgen Klopps schwarze Finalserie

Jürgen Klopp ist zweifelsohne einer der besten Trainer. Doch eines kann er nicht:

Medizinmann Jürgen Klopps schwarze Finalserie Foto: © GEPA

Darüber, dass Jürgen Klopp ein Meister seines Fachs ist, braucht man nicht lange zu diskutieren.

Was der 51-jährige Stuttgarter angriff, wurde erfolgreich – jedoch nicht immer zu Gold. Dieser Ruf hängt ihm nach, auch vor dem Champions-League-Finale zwischen Tottenham Hotspur und seinem FC Liverpool (Samstag, 21 Uhr im LIVE-Ticker und auf DAZN)

Vor dem englischen Showdown in Madrid sind seine bisher verlorenen Endspiele ein größeres Thema, als dass er mit den „Reds“ zum zweiten Mal in Folge das Finale der Königsklasse erreichte.

Und damit nicht genug: 2016 stand er mit dem Klub im Europa-League-Finale, 2013 mit Dortmund im Champions-League-Finale. Einen internationalen Titel holte er bisher noch nicht.

„Ein verlorenes Finale ist wie eine Medizin“

Champions League, Europa League, DFB-Pokal, englisches Meisterschaftsfinish – das Glück war im richtigen Moment zu selten auf Klopps Seite, zumindest in den letzten Jahren.

Allerdings kann er sich zumindest damit rühmen, schon Titel gewonnen zu haben. 2011 und 2012 den deutschen Meistertitel mit dem BVB, 2012 dem DFB-Pokal-Sieg und 2014 sowie 2015 mit dem deutschen Supercup-Triumph.

In England durfte er seinen zweifelsohne großen Verdienst zum Höhenflug Liverpools bisher noch gar nicht vergolden. Möglicherweise am 1. Juni im Wanda-Metropolitano-Stadion, der sonstigen Heimstätte von Atletico, in Madrid?

„Die Erfahrung, die ich gemacht habe, ist: Ein verlorenes Finale tut weh. Aber ein verlorenes Finale ist manchmal auch wie eine Medizin. Und ich habe in meiner Kindheit mal gelernt: Eine gute Medizin muss schlecht schmecken, aber sie hilft“, gelingt es wohl keinem besser als Klopp etwas Negatives ins Positive zu verwandeln.

Ist es gut für Liverpool, dass das Finale 2018 verloren ging?

Motivation und Ehrgeiz beeinflusst sein Streben wie bei keinem anderen. Wohl nur wenige können ein Team so zu Höchstleistungen pushen und das Ego der einzelnen Spieler polieren wie der Deutsche.

Das beste Beispiel dafür: Die magische Nacht an der Anfield Road, als der FC Barcelona nach einem 0:3 im Hinspiel noch mit 4:0 aus dem Stadion geschossen wurde. Dieses Spiel alleine ist schon der beste Beweis dafür, dass die „Reds“ reif sind für den Titel.

Vor allem auch, weil Liverpool erstmals in einem Endspiel unter Klopp von allen Seiten als Favorit gehandelt wird. Das war im Vorjahr noch ganz anders, als Real Madrid praktisch als „logischer“ Sieger hervorging und zum dritten Mal in Folge die Champions League gewann.

„Aus heutiger Sicht ist es vielleicht gar nicht schlecht, dass wir das Finale im vergangenen Jahr verloren haben. Ich bin mir nicht sicher, ob wir heute wieder im Finale stehen würden, wenn wir vor einem Jahr gewonnen hätten“, betont Klopp.

„Ich will das Spiel unbedingt gewinnen – aber nicht für mich“

In der äußeren Wahrnehmung scheint vielen gar nicht bewusst zu sein, dass es schon als Riesenerfolg zu werten ist, dass Liverpool zum zweiten Mal in Folge unter den letzten Zwei steht.

Wenn er jedoch abermals als Verlierer vom Platz schleicht, wird ihm dieser Ruf, keine großen Titel gewonnen zu haben, weiterhin anheften. Das gilt es aus der Sicht des Publikumslieblings zu verhindern.

„Die Welt da draußen erwartet von uns, dass wir das Finale gewinnen. Von mir persönlich erwarten das viele Leute vielleicht noch ein bisschen mehr, weil ich es so oft versucht habe“, weiß Klopp selbst am besten, wie schwer es ist, mit so vielen verlorenen Finali umzugehen.

„Ich will das Spiel unbedingt gewinnen, aber ich will das nicht für mich. Ich will das für meine Spieler und für diesen großartigen Klub“, hielt der Erfolgscoach noch vor der Abreise in die spanische Hauptstadt fest – damit das Thema, je näher es dem D-Day geht, nicht mehr so präsent ist.

Klopps verlorene Endspiele – seit 2011 bis auf eine Ausnahme jedes Jahr

Hätte Klopp alle Finale auch gewonnen, in denen er eine Mannschaft geführt hat, dann wäre er heute hochdekoriert – ist er jedoch (noch) nicht.

Was sofort auffällt: Seit 2011 verlor Klopp jedes Jahr ein Finale. Das waren die verlorenen Endspiele von Jürgen Klopp als Trainer:

2011: Deutsches Supercup-Finale Dortmund gegen Schalke 04

Ausgerechnet gegen Schalke! Dortmund war zwei Monate zuvor sensationell deutscher Meister geworden, doch im Endspiel wollte der Ball aus dem Spiel heraus nicht ins Tor. Nach einem 0:0 ging es ins Elfmeterschießen, dass der Erzrivale aus Gelsenkirchen mit 4:3 für sich entschied. Kevin Großkreutz und Ivan Perisic verschossen ihre Strafstöße.

2012: Deutsches Supercup-Finale Dortmund gegen FC Bayern München

Wieder Meister, zum zweiten Mal in Folge aber wieder kein Triumph im Supercup! Denn da revanchierten sich die Bayern für die Schmach in der Liga. Endstand aus BVB-Sicht: 1:2. Nach elf Minuten war durch Tore von Mario Mandzukic (6.) und Thomas Müller (11.) eigentlich alles gelaufen. Die aufkeimende Hoffnung nach dem Anschlusstreffer von Robert Lewandowski (75.), damals noch im schwarz-gelben Trikot, wurde nicht mit dem Ausgleich gekrönt.

2013: Champions-League-Finale 2013 Dortmund gegen FC Bayern München

Deutsches Finale in London! Es war angerichtet. Endstand im Londoner Wembley-Stadion: 1:2. Und in diesem Finale zeigte das Schicksal seine hässlichste Fratze. Mario Mandzukic sorgte nach einem offenen Schlagabtausch für die Führung (60.), doch nur wenige Minuten später glich Ilkay Gündogan per Foulelfmeter aus (68.). Als alle schon mit einer Verlängerung rechneten, bewies der FCB wieder einmal sein Gespür für Schlussphasen. 89. Minute, Arjen Robben, Traum-Solo und Roman Weidenfeller war geschlagen. Und Klopp schaute wieder durch die Finger.

2014: DFB-Pokal-Finale Dortmund gegen FC Bayern München

Wieder die Bayern, wieder ein Krimi, wieder mit späten Toren, diesmal sogar in der Verlängerung. Im Duell Klopp gegen Pep Guardiola behielt der Katalane die Oberhand. 2:0 für die Münchner nach Verlängerung. In dieser schlugen Arjen Robben (107.) und Thomas Müller (120.+3.) zu. Bitter, und ein weiterer Nackenschlag für Klopp.

2015: DFB-Pokal -Finale Dortmund gegen VfL Wolfsburg

Eine der bittersten Final-Pleiten nach einer absoluten Seuchensaison, in dem sogar Abstiegskampf aufkam und sich Dortmund schlussendlich doch noch als Siebenter für den Europacup qualifizierte. Trotzdem stand man im DFB-Pokal im Finale, und dann: 1:3 gegen Wolfsburg! Dabei sorgte Pierre-Emerick Aubameyang für einen Start nach Maß (5.). Doch bis zur Pause machte die eiskalte Truppe von Dieter Hecking alles klar: Luiz Gustavo (22.), Kevin de Bruyne (33.) und Bas Dost (38.) brachten den BVB mit ihren Toren zur Verzweiflung. Das Ende der Beziehung Jürgen Klopp und Dortmund – die Trennung war schon lange bekannt, dies war aber der emotionale Schlusspunkt.

2016: Europa-League-Finale FC Liverpool gegen FC Sevilla

Beim FC Liverpool begann ein neues Abenteuer! Und ganz Klopp-like, schaffte er das Wunder, die „Reds“ gleich im ersten Jahr unter seinen Fittichen ins Finale der Europa League zu führen. Allerdings war das mit Abstand beste und erfolgreichste Team in diesem Bewerb, der FC Sevilla, eine Klasse für sich: 1:3 aus Liverpool-Sicht im St. Jakob-Park in Basel. Daniel Sturridge sorgte für die viel umjubelte Führung (35.), doch Kevin Gameiro (46.) und ein Doppelpack von Coke (64.,70.) drehten die Partie zugunsten der Andalusier.

2018: Champions-League-Finale FC Liverpool gegen Real Madrid

Wie schon betont, reichte es 2017 nicht für ein Endspiel, 2018 hingegen dann gleich in der Champions League. Mit einer großartigen Serie bahnten sich die Engländer den Weg ins Endspiel, wo das schier übermächtige Real Madrid im Weg stand. Liverpool hätte verhindern sollen, dass die Madrilenen das Triple perfekt machen, doch dazu kam es nicht. Am Ende hieß es 3:1 für Real. In Erinnerung blieben das Foul von Sergio Ramos sowie das verletzungsbedingte Ausscheiden von Mohamed Salah in der 30. Minute – ein Knackpunkt. Mit dem Ägypter wäre vielleicht mehr drin gewesen. So aber glich der Ex-Salzburger Sadio Mane (55.) sofort wieder die Führung von Karim Benzema (51.) aus. Ausgerechnet ein Doppelpack des bis heute in der Kritik stehenden Gareth Bale entschied die Partie (64., 84.) und vor allem dank tatkräftiger Mithilfe von Pannen-Keeper Loris Karius.

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