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Sturm Graz: Wäre Höjlund das Zünglein zum Titel gewesen?

In den Grazer Jubel schleicht sich der eine oder andere Hättiwari-Gedanke. Und wie kann Sturm diese Saison eigentlich noch toppen?

Sturm Graz: Wäre Höjlund das Zünglein zum Titel gewesen? Foto: © GEPA

"Wir sind international - ihr Weltklasse! Danke"!, ließen Spieler und Staff des SK Sturm Graz ihre Fans nach dem Schlusspfiff per Transparent wissen.

Die Grazer Nordkurve wiederum sagte schon vor dem Ankick des 2:0-Ausstands-Erfolgs gegen den LASK artig "danke für eine geile Saison".

Der Sieg gegen die Linzer war für Christian Ilzer ein "runder Abschluss" für den amtierenden ÖFB-Cupsieger.

"Diese Saison wird in Erinnerung bleiben. Wir haben einen Titel geholt, der ist für die Ewigkeit. Viele, viele schöne Momente, auf die ich zurückschauen kann, haben diese Saison begleitet. Um das alles zu realisieren, werde ich ein paar Tage brauchen. Das wird dann erst im Urlaub kommen, wenn wir die vielen Highlights reflektieren", so der Sturm-Coach.

Legitime Gedanken

Die Grazer Saison war fraglos famos. So famos, dass es wohl legitim ist, dass sich mitunter auch der eine oder andere Hättiwari-Gedanke einschleicht.

Und so famos, dass die Frage, wie man das noch toppen möchte, eine oft gestellte ist.

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Der Hättiwari-Gedanke bezieht sich logischerweise auf den Titelkampf mit dem FC Red Bull Salzburg.

"Ein Titel, Vizemeister, Salzburg lange einen Fight geboten - das ist sehr positiv. Aber natürlich wäre unser Ziel gewesen, die Meisterschaft länger offen zu gestalten, dafür waren allerdings die zwei direkten Duelle einfach zu wenig", trauert Kapitän Stefan Hierländer der historischen Double-Chance ein wenig hinterher.

Ilzers Höjlund-Spekulation

Wie sehr Ilzer für den Meistertitel gelebt hat, ist kein Geheimnis. Dass er noch nicht alle Was-wäre-wenn-Gedanken fallen gelassen haben dürfte, merkt man an Sätzen wie diesen, wenn er eigentlich gerade über die Kader-Politik spricht:

"Wenn man sieht, wie nah wir an Salzburg dran waren, kann man sagen, dass vielleicht Rasmus Höjlund das Zünglein zum Titel gewesen wäre. Das kann man auch aus dieser Perspektive sehen."

Das ist natürlich Spekulation. Fakt ist, dass der Däne Salzburg per Doppelpack die einzige Liga-Niederlage dieser Saison zugefügt hat.

Die sechs Pflichtspiel-Treffer des Ende August zu Atalanta Bergamo übersiedelten Stürmers reichen vereinsintern immer noch zu Rang vier hinter Manprit Sarkaria (15), Emanuel Emegha (10) und Otar Kiteishvili (7).

Noch eines draufsetzen

Letztlich deutet die allumfassende Dankbarkeit der schwarz-weißen Familie jedoch darauf hin, dass Sturm sich unterm Strich den realistischen Preis abgeholt hat. Lässt Salzburg nicht aus, kann man kaum mehr verlangen.

Dies gilt natürlich auch für die Zukunft.

"Letzte Saison Vizemeister, heuer Vizemeister und Cupsieg, und nächstes Jahr? Ich bin gespannt, was wir noch draufsetzen."

David Affengruber

"Letzte Saison Vizemeister, heuer Vizemeister und Cupsieg, und nächstes Jahr? Ich bin gespannt, was wir noch draufsetzen", sagt David Affengruber und meint weiter:

"Ich hoffe, es geht noch mehr, und es wird auch noch mehr gehen. Was am Schluss der nächsten Saison rauskommt, werden wir uns im Sommer hart erarbeiten."

Die kleinen Makel herauspicken

Toppen lässt sich die aktuelle Saison theoretisch natürlich. Hierländer wählt im allgemeinen Feier-Taumel generell die Strategie, auch mal einen Finger in Wunden zu legen - wohl um die Sinne für die kommende Saison zu schärfen.

Der Kärntner wird etwa beim so bitteren Europa-League-Aus gegen Midtjylland fündig: "Daraus müssen wir als Klub schon unsere Lehren für die Zukunft ziehen. So ehrgeizig müssen wir sein, auch in den Phasen, in denen man erfolgreich ist, jene Sachen herauszupicken, die vielleicht kein großer, aber ein kleiner Makel waren."

Mit dem nächsten Anlauf in der Champions-League-Qualifikation wartet im Sommer ein frühes Highlight. Wer weiß, vielleicht gelingt leistungstechnisch auf europäischer Ebene ein ähnlich riesiger Entwicklungsschritt wie von der vorigen Spielzeit zu dieser.

Hierländer schwört den Verein jedenfalls darauf ein, dass man wieder in allen Bewerben eine gute Rolle spielen wolle: "Das größte Entwicklungspotenzial wird sein, sehr gute Leistungen zu komprimieren und auf Top-Niveau zu performen. Es wird wichtig sein, als Team Lösungen zu finden und in allen Bewerben mit den vielen englischen Runden einfach Leistung abzurufen."

Ein Plan für jeden Abgang

Die große Unbekannte ist Stand jetzt noch, wie der Kader für die kommende Spielzeit konkret aussehen wird, was jedoch angesichts der Erfahrungen mit den bisherigen Transferzeiten unter der Anleitung von Geschäftsführer Sport Andreas Schicker nicht unbedingt für einen erhöhten Ruhepuls sorgen muss.

"Wir haben für jeden Abgang einen Plan. Andi und sein Team arbeiten diese Prioritätenliste sehr konsequent ab. Ich bin immer am Laufenden. Die Spieler, die uns verlassen, werden ersetzt werden."

Christian Ilzer

"Wir haben für jeden Abgang einen Plan. Andi und sein Team arbeiten diese Prioritätenliste sehr konsequent ab. Ich bin immer am Laufenden. Die Spieler, die uns verlassen, werden ersetzt werden", verspricht Ilzer.

Wie viele Spieler Sturm neben den bekannten und allesamt freiwillig forcierten Abgängen verlassen werden, ist unklar. Dass die "Blackies" sich nicht wehren, die eine oder andere Million mitzunehmen, ist kein Geheimnis.

"Uns muss auch bewusst sein, welchen Platz die österreichische Liga im internationalen Geschäft hat. Wenn die finanziellen Möglichkeiten enorm drübergehen, muss man Spieler auch ein Stück weit verstehen, wenn sie sich für einen vorzeitigen Abschied entscheiden", so Ilzer.

Vizemeister + Titel = keine Selbstverständlichkeit

"Wir wollen für viele Spieler ein lukratives Sprungbrett sein. Trotzdem begleitet uns schon über die letzten drei Jahre ein stabiler Stamm und eine stabile Hierarchie - und hier herum haben wir uns in dieser Saison in der Breite noch mal entwickelt", unterstreicht der Sturm-Coach.

Wie es ausschauen würde, wenn für ein Mitglied dieses stabilen Stamms um Gregory Wüthrich oder Jon Gorenc Stankovic ein lukratives Angebot hereinschneit, wäre tendenziell spannend.

Wobei im Hinblick auf die kommende Saison ohnehin wieder die Frage ist, woran man Erfolg misst. Ilzer bleibt bei der Devise, dass es darum geht, zuerst einmal das bestmögliche aus dem eigenen Potenzial herauszuholen.

"Wir haben uns die Latte sehr hoch gelegt. Es ist keine Selbstverständlichkeit, jedes Jahr Vizemeister zu werden und einen Titel zu holen. Außerdem gibt es nicht nur Salzburg, das darf man nicht vergessen", so der 45-Jährige, der vor allem an den LASK, Rapid und Austria Wien erinnert.

Auf keinen Fall auf dieser Saison ausruhen

Zudem gebe es diverse weitere Liga-Mitglieder, die sich "über Leihspieler und gute Trainer eingeschworene Mannschaften hinstellen, die uns das Leben richtig schwer machen."

"Daher", schlussfolgert Ilzer, "gilt es alles, was in dieser Saison passiert ist, wertzuschätzen. Diese Leistung lasse ich mir auf keinen Fall kleinreden. Man sehnt sich immer nach dem Nächsten, vielleicht einen 20-Millionen-Spieler zu verkaufen und trotzdem Meister zu werden. Aber meine Sichtweise ist, dass wir wieder das Gefühl haben möchten, dass wir unser Potenzial richtig ausnützen. Dann werden wir sehen, welchen Preis wir verdient haben."

Wenn dann trotzdem zwei, drei Mannschaften besser sind, werde man es akzeptieren müssen. In der zu Ende gegangenen Saison schnappte sich Sturm mit Cupsieg und Quali für die CL-Quali jedenfalls einen hochverdienten Preis.

Ilzer verspricht: "Diese Saison wird mir lange in Erinnerung bleiben, aber wir werden uns auf keinen Fall auf ihr ausruhen."

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