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Sturm Graz: Der Erfolgslauf 2.0

Sturms Start gleicht jenem der Vorsaison. Was läuft diesmal besser?

Sturm Graz: Der Erfolgslauf 2.0 Foto: © GEPA

Es soll Serienmeister geben, bei denen man den Eindruck bekommen könnte, dass sie Titel weniger ausgelassen feiern, als Spieler und Fans des SK Sturm Graz den 1:0-Sieg am Sonntag gegen den FC Red Bull Salzburg.

Der ersehnte Schlusspfiff verwandelte das ausverkaufte Stadion in Liebenau in ein emotionales Tollhaus.

"Wie ein zwölfter Mann. Bei unseren Fans kommst du dir vor, als hättest du wirklich einen Mann mehr. Wenn du eine super Aktion machst, pushen sie dich - extrem geil! Vor dieser vollen Hütte war der Sieg aufgelegt", strahlt Youngster Dario Maresic.


Vergangener Herbst hilft bei Einordnung

Sechs Spiele, sechs Siege, 18 Punkte - es gibt derzeit auch tatsächlich jede Menge zu feiern beim SK Sturm.

Diese Euphorie ist auch allzu gut spürbar, dennoch geht die nüchterne Einordnung des Erfolgslaufs nicht verloren. Ein Grund dafür mag die Herangehensweise von Trainer Franco "Wir müssen demütig bleiben" Foda sein. Ein anderer der Blick in den Rückspiegel.

Denn der Verweis auf den Traumstart im vergangenen Herbst ist in der steirischen Landeshauptstadt immer wieder zu hören. Neun Siege, ein Remis und nur eine Niederlage standen damals Mitte Oktober nach elf Runden zu Buche - Salzburg konnte sowohl zu Hause als auch auswärts besiegt werden.

Die Moral der Geschichte ist nicht nur Salzburg-Goalie Alexander Walke noch in guter Erinnerung: Sturm schloss die Saison zwar als zufriedenstellender Dritter ab, beklagte auf dem Weg dahin jedoch den Verlust jeglicher Konstanz und musste sich selbst die Frage stellen, ob nicht mehr drinnen gewesen wäre.

In jeder Komponente ein Schritt nach vorne

Entsprechend defensiv geht Sturm den "Traumstart 2.0" an. "Wir müssen weiter arbeiten." "Wir müssen demütig bleiben." "Wir haben noch nichts erreicht." "Wir freuen uns über die Momentaufnahme" - die Floskeln gleichen einander und werden im Moment besonders gerne ausgepackt. Sie stimmen auch alle vollinhaltlich.

"Wir haben in jeder Komponente in unserem Spiel einen Schritt nach vorne gemacht."

Hierländer-Vergleich mit Herbst 2016

In der konkreten Analyse sind jedoch sehr wohl Fortschritte im Vergleich zu 2016 erkennbar. Stefan Hierländer findet etwa, dass Sturm - derzeit mit einer Dreier/Fünferkette statt der gewohnten Viererkette unterwegs - alles in allem ein Stück näher an Liga-Primus Salzburg herangerückt ist.

"Vom Spielerischen her sicher", glaubt der Kärntner, "das Umschaltspiel haben wir nach wie vor gut drinnen, im Aufbauspiel und bezüglich der Positionen, die wir spielen können, sind wir sehr variabel."

Sein Fazit: "Wir haben in jeder Komponente in unserem Spiel einen Schritt nach vorne gemacht und das stimmt mich positiv."

Die Mannschaft soll beisammen bleiben

Warum Sturm vergangene Saison nicht auf den gelungenen Herbst aufbauen konnte, müsse man analysieren: "Es sind natürlich andere Faktoren dazugekommen, die uns zurückgeworfen haben. Aus diesen Fehlern müssen wir lernen. Wir haben im Frühjahr gemerkt, dass wir schon das Zeug gehabt hätten, Spiele zu gewinnen. Aber irgendetwas hat einfach gefehlt."

Einer dieser Faktoren war, dass in der Winterpause mit Uros Matic und Bright Edomwonyi zwei Schlüsselspieler gegen gutes Geld verkauft wurden. Günter Kreissl zittert derzeit, dass ihm nicht schon im Sommer die eine oder andere Stammkraft, die sich in die Auslage gespielt hat, abhanden kommt.

Ob man von Spieler-Seite beim Geschäftsführer Sport vorstellig werden müsse, dass diese Mannschaft in dieser Zusammensetzung bis Juni 2018 beisammen bleiben müsse? "Die bleibt schon so zusammen", grinst Hierländer zuversichtlich.

Ein Spieler, der im vergangenen Herbst ausländische Klubs auf sich aufmerksam gemacht hat, war fraglos Deni Alar. Denkt man an den Erfolgslauf vor einem Jahr, kommt einem unweigerlich die Trefferquote des Stürmers in den Sinn.

Alar übt Selbstkritik

Elf Mal netzte der Steirer damals in den ersten zwölf Runden. So lange es bei ihm lief, lief es auch bei Sturm bestens. Als Alars Ausbeute geringer wurde, schwankten die Ergebnisse der Grazer umso mehr.

In dieser Saison wirken die "Blackies" weniger abhängig von der Treffsicherheit ihres Goalgetters. Dass dieser nur langsam in die Meisterschaft fand, fiel kaum ins Gewicht. Umso erfreulicher für Sturm ist es, dass er nun in drei Liga-Begegnungen in Folge getroffen hat - darunter das Goldtor gegen Salzburg (siehe Video).


"Ich bin einfach froh, dass ich drei Spiele hintereinander getroffen habe, und dass es auch wichtige Tore waren", erklärt der 27-Jährige, der sich aber noch nicht so richtig im Flow des vergangenen Herbsts fühlt.

Bei aller Freude darüber, Sturm zum Sieg gegen die "Bullen" geschossen zu haben, regiert bei Alar durchaus die Selbstkritik: "Ich weiß, dass ich noch besser spielen kann und muss. Ich habe ein paar Fehler gemacht, es gibt noch Luft nach oben. Ich muss zum Beispiel die Bälle besser sichern, damit die Spieler von hinten besser nachrücken können. Das sind Kleinigkeiten, die man verbessern muss."

Gegen Salzburg steht erstmals die Null

Welche Kleinigkeiten oder gröberen Fehler es zu verbessern gibt, hören die Sturm-Kicker sicher regelmäßig von ihrem Trainer. Foda gab seinen Schützlingen nach dem Sieg gegen Salzburg drei Tage frei, um die Akkus für die kommenden Aufgaben aufzuladen.

Bei allem Lob fand der Deutsche im Spiel gegen RBS jedoch auch genügend Ansatzpunkte, die ihm ganz und gar nicht gefallen haben. Sehr gut gefallen hat dem Deutschen indessen, dass Sturm erstmals in dieser Liga-Saison ohne Gegentor blieb:

"Es ist verrückt, dass wir ausgerechnet gegen Salzburg erstmals zu Null gespielt haben."

Franco Foda

"Es ist verrückt, dass wir ausgerechnet gegen Salzburg erstmals zu Null gespielt haben, gegen die spielstärkste Mannschaft in Österreich, die im letzten Drittel extrem kombinationssicher ist."

Sturm stand gerade in der Vorsaison für Kompaktheit, kassierte insgesamt nur 39 Gegentore. Es wäre jedoch ein Irrtum zu glauben, dass der damalige gute Start einer fehlerlosen Defensive geschuldet war. Letzten Sommer spielte man in den ersten sieben Runden nur ein einziges Mal zu null - beim 2:0-Erfolg in Mattersburg am dritten Spieltag.

So richtig in Fahrt kam man in punkto Abwehrleistung damals Mitte September, als bis Mitte Oktober vier Spiele (und gleichzeitig Siege) in Folge lang die Null stand - eine Parallele, die man bei Sturm in diesem Herbst sicherlich mit Handkuss nehmen würde.

Verkörpern, wofür Sturm steht

Foda ("Wir haben 18 Punkte. Das ist schön und gut") wird die Länderspiel-Pause nun nutzen, um an diversen Verbesserungen zu arbeiten. Sich auf den Lorbeeren auszuruhen, wird seinen Spielern nicht vergönnt sein.

Ein zufriedenes Zwischenfazit ist aber erlaubt. "Wenn du gegen die drei Großen Austria, Rapid und Salzburg neun Punkte machst und auch die anderen Spiele gewinnst, sind wir von den Ergebnissen her zufrieden", betont Kreissl, dem jedoch eine zur Sturm-DNA gehörende Komponente besonders wichtig ist:

"Die Leidenschaft. Jeder Verein steht für etwas. Mir ist speziell wichtig, dass wir eine Mannschaft haben, die das verkörpert, wofür Sturm Graz steht, und das sind auch Kampfgeist und Leidenschaft. Was die Mannschaft auf diesem Gebiet bisher geleistet hat, ist ganz großartig."

Oder wie es mit Peter Zulj der neue Taktgeber im Sturm-Spiel ausdrückt: "Gegen Salzburg sind wir ehrlich gesagt um unser Leben gelaufen."


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