Endstand
2:1
1:0, 1:1
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Jaissle: "Ganz so schlecht ist die Saison nicht"

Für den Coach des FC Red Bull Salzburg liegt die ungewohnte Spannung im Titelrennen der Bundesliga vor allem an der Stärke des SK Sturm Graz.

Jaissle: Foto: © GEPA

Wenn einem Fußball-Verein nach drei Heim-Remis in Folge eine Ergebniskrise untergeschoben wird, ist davon auszugehen, dass bei besagtem Klub die Ansprüche extrem hoch sind.

So geschehen beim FC Red Bull Salzburg. Die als äußerst heimstark bekannten "Bullen" mussten die heimische Red Bull Arena zuletzt drei Mal in Folge ohne Erfolgserlebnis verlassen und ließen unter anderem dadurch die verfolgende Konkurrenz aus Graz auf drei Zähler herankommen.

Dafür, dass der Vorsprung nicht noch mehr zusammenschrumpfte, sorgte am Sonntag ein in Unterzahl erkämpfter 2:1-Heimsieg über den SK Rapid Wien (Spielbericht>>>), der speziell einen Menschen richtig stolz macht: Matthias Jaissle.

"Großes Kompliment, wie wir das als Team mit einem Mann weniger verteidigt haben. Das war große Klasse und in Summe ein verdienter Sieg", strahlt der Deutsche auf der Pressekonferenz nach der Partie.

Ob dieser mit großem Willen eingefahrene Sieg über den Dauerrivalen aus Hütteldorf, gegen den man sich noch vor eineinhalb Wochen mit einem Unentschieden zufrieden geben musste, der Mannschaft den für das Meisterschafts-Finish benötigten Selbstvertrauens-Boost injizierte?

"Ganz so schlecht ist die Saison nicht. Deswegen ist die Brust bei den Jungs auch unabhängig davon recht breit", verneint Jaissle diese Annahme. 

Enges Titelrennen "liegt nur an Sturm"

Tatsächlich befinden sich die Mozartstädter in einer Bundesliga-Saison, in der bereits der ein oder andere Rekord gebrochen und erst ein Spiel verloren wurde. Dass sich das österreichische Titelrennen vier Spieltage vor Schluss dennoch als ungewohnt spannend darstellt, ist laut Jaissle vor allem in der Performance der verfolgenden Konkurrenz begründet:

"Es liegt in dieser Saison in der Tat schlicht und ergreifend daran, dass es Sturm hervorragend macht. Da muss man auch mal ein großes Kompliment an die Konkurrenz richten. Aber wir legen den Fokus auf uns. Wir sind seit dem zweiten Spieltag ungeschlagen, das ist eine Statistik, die zeigt, dass wir nicht alles so schlecht machen."

Auf der Kehrseite der Medaille steht der Umstand, dass Salzburg in dieser Saison nicht in solch eindrucksvoller Art und Weise durch die Meistergruppe marschiert wie in den Vorjahren.

Das resultiert unter anderem freilich daraus, dass das spielerische Niveau im oberen Playoff momentan so hoch wie selten zuvor ist, aber auch aus der Mozartstädter Performance, die in den vergangenen Wochen nicht immer über 90 Minuten so meisterlich und selbstverständlich wie gewohnt war.

Mutiges Rapid-Antreten für Jaissle "keine Überraschung"

Auch gegen den SK Rapid, der in der jüngeren Vergangenheit die ein oder andere empfindliche Niederlage aus der Red Bull Arena davontragen musste, taten sich die weiterhin verletzungsgeplagten Mozartstädter über Phasen der Partie schwer. Bis zum Schluss musste um die drei Punkte gezittert werden.

Speziell zu Beginn bekamen die "Bullen" die hochpressenden Gäste kaum in den Griff. Ob Jaissle von der durchaus aggressiven und offensiven Herangensweise von Rapid, das speziell unter den Vorgängern von Zoran Barisic oftmals mit einer destruktiven Defensivtaktik in Wals-Siezenheim antrat, überrascht war?

"Wir analysieren sehr viele Spiele zusammen mit der Analyseabteilung, und uns ist schon aufgegallen, dass es ein Muster von Rapid ist, den Gegner frühzeitig zu stressen. Rapid ist eine extrem physische Mannschaft, die Zweikämpfe sehr intensiv führt. Deswegen war es für uns keine Überraschung."

Die Hütteldorfer Druckphase wurde ohnehin früh beendet, als Sekou Koita seine Salzburger nach einer schönen Drehung mit einem platzierten Schuss in Führung brachte. Wie so oft in letzter Zeit war es eine individuelle Aktion, die die "Bullen" auf Kurs brachte.

Jaissle: "Capaldo wird sich einiges anhören lassen müssen"

Diesen Kurs verließen die Salzburger daraufhin für rund 50 Spielminuten nicht mehr. Sie spielten Rapid im Anschluss phasenweise an die Wand und wurden nach Seitenwechsel mit dem 2:0 belohnt. Diesmal ging der Geniestreich auf Dijon Kameris Kappe, Koita verwertete den tollen Außenrist-Assist des ÖFB-Nachwuchsteamspielers zum Doppelpack.

Doch auch nach dem 2:0 ließen die Salzburger viel von der Souveränität vermissen, die sie normalerweise auszeichnet. Eine einzige Szene ließ Rapid zurück ins Spiel kommen:

Nach einer strittigen Elfmeterentscheidung zugunsten der Hütteldorfer meckerte Nicolas Capaldo so intensiv und provokant, dass er binnen weniger Sekunden zwei Mal Gelb sah und von Schiedsrichter Manuel Schüttengruber frühzeitig unter die Dusche geschickt wurde. Guido Burgstallers verwandelter Strafstoß brachte Rapid auf 1:2 heran, zu einem Remis reichte es für die Hütteldorfer schlussendlich nicht mehr.

Das argentinische Heißblut Capaldo wird für seine undurchdachte Aktion in die Mannschaftskasse einbezahlen müssen: "Grundsätzlich war es total unnötig. Er muss sich bestimmt noch was von seinem Trainer anhören lassen, auch von von seinen Mitspielern musste er sich einiges anhören. Und den Geldbeutel wird es auch noch erwischen", verrät Jaissle.

Seiwald: "Hätten uns das Spiel leichter machen können"

Schlussendlich blieb Capaldos Aussetzer (mit der Ausnahme, dass er beim schwierigen Auswärtspiel gegen den LASK kommenden Sonntag gesperrt fehlen wird) unbestraft, weil seine zehn Teamkollegen die restliche Spielzeit toll dagegenhielten und Rapid nicht mehr gefährlich werden ließen.

"Wir hätten uns das Spiel natürlich leichter machen können. Wir haben die Aufgabe so angenommen und haben uns am Schluss in jedes Duell reingeworfen. Jeder ist für jeden gelaufen, jeder hat für jeden gekämpft. Von dem her ist es richtig geil, gewonnen zu haben", ist Kapitän Nicolas Seiwald nach der Partie erleichtert.

Dieser "Arbeitssieg", wie der Kuchler es auf den Punkt bringt, tut für die kommenden Wochen "richtig gut".

Ungewohnte Spannung im Titelrennen

In den abschließenden vier Runden stehen nun "vier Finali" (O-Ton Koita) an. Die Meisterschaft könnte sich aber bereits in zwei Wochen entschieden haben, wenn die Mozartstädter die Duelle mit den direkten Verfolgern aus Linz (acht Punkte Rückstand) und Graz (drei Punkte Rückstand) hinter sich gebracht haben.

Was macht diese seit der Einführung der Punkteteilung noch nie erlebte Spannung in der Bundesliga mit den Salzburger Spielern?

Seiwald: "Ich bin es nicht gewohnt, aber es ist trotzdem geil, wenn man die Anspannung vor den Matches in der Kabine spürt. Wir hauen jetzt alles rein."

Das wird mit einem SK Sturm in dieser Form im Nacken auch notwendig sein. Denn auch eine "nicht ganz so schlechte Saison" kann bei den enorm hohen Salzburger Ansprüchen binnen kurzer Zeit zu einer katastrophalen werden, wenn das oberste Saisonziel, die Meisterschaft, erstmals seit 2013 nicht in die Mozartstadt wandern sollte...

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