Endstand
4:2
4:1, 0:1
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"Zielstrebigkeit reingebracht" - So verlief Cinels Debüt

In Salzburg war in Spiel eins nach der Trennung von Gerhard Struber ein Trainereffekt zu erkennen. So bewerten Onur Cinel und seine Spieler die Premiere.

Foto: © GEPA

Der FC Red Bull Salzburg ist zurück in der Spur.

Nach einer ungewöhnlich langen, nämlich drei Spiele andauernden Sieglos-Serie des Dauer-Meisters meldeten sich die "Bullen" mit einem durchaus überzeugenden 4:2-Erfolg über Austria Klagenfurt (Spielbericht>>>) zurück und bescherten ihrem Interimscoach Onur Cinel damit einen perfekten Einstand an der Seitenlinie.

Sowohl personell, vor allem aber spielerisch präsentierten die Mozartstädter am Sonntag ein deutlich anderes Gesicht als in den missglückten vergangenen Spielen.

Mit fünf neuen Spielern in der Startelf spulte Salzburg diesmal eine über weite Strecken offensiv ansehnliche Partie ab, offenbarte gleichzeitig aber auch Schwächen in der Defensive. Angesichts der sechs Tore sowie der zahlreichen Chancen auf beiden Seiten darf man beinahe über ein Spektakel, welches sich in der Red Bull Arena abspielte, sprechen.

Ob das womöglich daran lag, dass die Mozartstädter Kicker vom neuen Trainer von der berühmten Leine gelassen wurden?

"So würde ich das nicht nennen. Er hat einfach vom Plan her Zielstrebigkeit reingebracht", analysiert Kapitän Andreas Ulmer, der am Sonntag in die Startelf zurückkehrte, sich dabei aber erneut eine Verletzung der zuletzt lädierten Wade zuzog.

Daniliuc: "...und nicht jeder, wie er will"

Ein weiterer "Gewinner" des Trainerwechsels heißt Flavius Daniliuc. Der Winterneuzugang war in den letzten beiden Bundesliga-Spielen nicht erste Wahl unter Gerhard Struber, kehrte dafür am Sonntag als Rechtsverteidiger in die Mannschaft zurück.

"Wir hatten nur eine Woche Zeit, um die Automatismen reinzubekommen, mit dem Ball, ohne dem Ball. Das war sehr, sehr gut gemacht von Onur. Man sieht auch an der Art und Weise, wie wir spielen, dass es einen Impuls nach vorne gab", lobt Daniliuc seinen Coach, den er bereits von dessen Funktion als ÖFB-Team-Assistent kennt, bei "Sky".

Seit Cinels Übernahme blieb wenig Zeit, um am Spielerischen zu arbeiten, so Daniliuc weiter, "es ging mehr um die Mentalität jedes einzelnen Spielers. Dass er rausgeht und in der Struktur alles gibt, und nicht jeder, wie er will".

(Text wird unter dem Video fortgesetzt)

Cinel vermeidet Vergleiche mit Struber

Und wie sah Cinel selbst sein Debüt?

Vorneweg, der Deutsche vermied es am Sonntag tunlichst, jegliche Vergleiche zu seinem Vorgänger anzustellen. Auf die Frage, wie die - vermeintlich im Gegensatz zu den letzten Spielen unter Struber - merklich offensivere Spielanlage am Sonntag zu erklären sei, weicht er etwa damit aus, dass er "keinen Vergleich" habe.

Viel mehr freue er sich, "dass einiges von dem, was wir uns vorgenommen hatten, heute zu sehen war. Vor allem die Schärfe nach vorne, die Anzahl an Torschüssen und Torchancen. Das war top", so der 38-Jährige.

Nicht so top war hingegen "die Restverteidigung und das Ausspielen von Kontersituationen, das gibt es im Detail noch Luft nach oben. Aber für die fünf Tage, die wir gemeinsam hatten, war schon einiges von dem zu sehen, was wir umsetzen wollen".

"Wildes Spiel" oder doch Spektakel?

Auf der Pressekonferenz konkretisiert er: "Nach vorne war es richtig gut, sowohl mit dem Ball, als auch nach Balleroberung. In der zweiten Halbzeit haben wir nach Balleroberung den Ball oftmals relativ schnell verloren. Das lag vor allem daran, dass wir die ein oder andere Konterchance nicht gut ausgespielt haben, die jeweils postwendend zurückkam. Und diese Situationen sind nicht so leicht zu verteidigen."

In der Zukunft wünscht er sich deshalb von seiner Mannschaft, dass sie nach eigenen Umschaltsituationen auch zum Abschluss kommt und dabei im besten Falle ein Tor erzielt. Oder dass zumindest eine Standardsituation entsteht.

"Dann kommt der Ball nicht postwendend zurück. Das war nämlich ein großer Punkt, warum es Konterchancen für Klagenfurt gab und es zu einem wilden Spiel kam", bemängelt Cinel.

Dieses "wilde Spiel" kam gleichzeitig dem Salzburger Spektakelfußball, den man aus dem letzten Jahrzehnt gewohnt ist und der sich von den "Bullen"-Fans sehnlichst zurückgewünscht wird, deutlich näher, als die allermeisten Matches mit Mozartstädter Beteiligung in der jüngeren Vergangenheit.

Schlüsselspieler haben Form wiedergefunden

Spektakulär war es auch deshalb, weil zum einen ein zuletzt formschwacher Luka Sucic sich mit einigen ansehnlichen Außenristpässen, vor allem aber mit einer Top-Leistung zurückmeldete. Oder weil ein Karim Konate, dessen Leistungen zuletzt ebenfalls arg schwankten, mit einem Doppelpack sowie der ein oder anderen wilden Aktion für Aufsehen sorgte.

Wie es Cinel gelang, diese beiden enorm wichtigen Spieler in dieser Kürze wieder in Form zu bringen?

"Dass war ein Produkt davon, dass man als Mannschaft gut spielt. Wenn man als Mannschaft gut spielt, schaut auch jeder Einzelne gut aus. Ich habe bisher wenige Spiele gesehen, wo eine Mannschaft wirklich schlecht spielt und der Einzelne gut aussieht", schwört der Deutsche auf die Macht des Kollektivs.

Überhaupt habe er eine "richtig gute Trainingswoche, in welcher ausnahmslos alle mitgezogen haben", erlebt. 

"War viel entspannter, als ich es erwartete hatte"

Durch den Sieg über Klagenfurt konnte das erste Überholmanöver des SK Sturm pariert und die Tabellenführung zurückerobert werden. Um eben diese wird es am kommenden Mittwoch erneut im Fernduell gehen, wenn die Mozartstädter in Klagenfurt und die Grazer beim SK Rapid gastieren, ehe Ende der Woche das womöglich vorentscheidende direkte Duell zwischen den "Bullen" und den "Blackies" in Wals-Siezenheim ansteht.

Wie es Cinel damit geht, den FC Red Bull Salzburg mitten in dieser seit Jahren heißesten Endphase des Bundesliga-Titelrennens übernommen zu haben?

"Ich war viel entspannter, als ich es erwartet hatte. Ich dachte schon, dass eine gewisse Nervosität aufkommen wird, dem war aber nicht so. Nur die nötige und gute Angespanntheit, die ich sonst auch immer habe", so der Jungtrainer, der unter anderem vor den Augen seines "Chefs" beim ÖFB, Ralf Rangnick, debütierte.

"Letzten Endes ist es immer noch ein Fußballspiel, es kommt auf mich nichts Überraschendes zu", erklärt der Ex-Liefering-Coach cool. Er habe seine Premiere als Cheftrainer eines Bundesliga-Klubs "im Vergleich zu den vorigen Spielen eher sogar einen Tacken mehr genossen".

Ob es für Cinel und Co. auch in den kommenden Wochen etwas zu genießen gibt, wird davon abhängen, ob die Mozartstädter ihre Offensivleistung von Sonntag wiederholen und gleichzeitig ihre defensiven Baustellen beheben können. Nur so kann und wird es mit dem elften Meistertitel in Folge klappen.

Einen Schritt in die richtige Richtung gab es bei Cinels Debüt aber auf jeden Fall zu beobachten.

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