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RBS nach Rapid-Hit: "Sind noch weit weg vom Titel"

Marsch musste sich rechtfertigen, Ramalho wurde schon im Training verarscht.

RB Salzburg ist auf dem Weg zum achten Meistertitel in Folge wohl nicht mehr aufzuhalten.

Mit einer weiteren Machtdemonstration, obwohl die Bullen nicht einmal zur Höchstform aufliefen, wies der Bundesliga-Dominator im Spitzenspiel in Wien den SK Rapid mit 3:0 in die Schranken (Spielbericht >>>) und baute den Vorsprung auf den ersten Verfolger auf sieben Punkte aus - nach der Punkteteilung wohlgemerkt.

Die Meisterschaftsentscheidung dürfte damit gefallen sein, doch Salzburg wil bei aller Professionalität davon noch nichts wissen. Vor allem Trainer Jesse Marsch blockt voreilige Gratulationen ab. "Nein, noch nicht. Unsere Arbeit ist noch nicht vorbei, wir haben noch mehr zu tun. Wir haben noch acht Spiele und sind noch nicht genügend Punkte vorne, das uns keiner erreichen kann. Dann kann man gratulieren."

Auch Andre Ramalho, der nicht nur seine Torsperre aufhob, sondern mit seinem Treffer Salzburg früh auf Kurs brachte, hält die Konzentration  bei "Sky" weiter hoch: "Wir sind noch weit weg vom Titel."

Genauer meint er damit? "Wir müssen mindestens drei Spiele verlieren, aber darum geht es nicht. Mathematisch kann jeder rechnen. Es sind noch acht Spiele, es sind noch viele Punkte zu holen. Wir sind noch weit weg vom Titel und müssen bodenständig bleiben. Wir wissen, dass es ein guter Vorsprung auf Rapid ist, aber wir wissen auch, dass viele qualitativ gute Teams in der Liga sind."

Teamkollegen verarschten Ramalho im Training

Dass ausgerechnet der Abwehrchef die Bullen erlösen sollte, war so nicht abzusehen. Denn in dieser Bundesliga-Saison feierte der Routinier seine Premiere als Torschütze.

Das letzte Mal trug er sich am letzten Spieltag der vergangenen Saison beim 3:0 gegen den LASK in die Schützenliste ein. Bei der Torfabrik Red Bull musste sich der Brasilianer dafür schon Hohn und Spott gefallen lassen.

"Das stimmt, ich habe lange darauf gewartet. Die Spieler haben mich schon die ganze Zeit ein bisschen verarscht im Training, weil ich immer wieder Kopfballtraining machen wollte, ich im Training ab und zu Tore geschossen habe, aber im Spiel nicht. Aber ich habe gewusst, dass ich geduldig bleiben muss und irgendwann kommt es. Noch ein besserer Zeitpunkt als heute konnte nicht kommen."

Mit der souveränen Leistung der Bullen, die den Spielstand noch in der Nachspielzeit durch einen Doppelpack von Adeyemi in die Höhe schraubten, zeigte sich Ramalho glücklich, aber nicht gänzlich zufrieden: "Es war ein ganz wichtiger Sieg, ein kämpferischer Sieg."

Trotz Führung und Unterzahl hätte Rapid aber auch mit einem Mann weniger die Kompaktheit gewahrt und nur auf Konter gespielt. "Ein, zwei Mal sind wir ein unnötiges Risiko eingegangen, die Arase-Chance war sehr gefährlich. Aber wir haben das gut gemacht und gezeigt, wie wichtig Standardsituationen sind."

"Ein guter Tag", aber ohne Höchstform

Der Eckball von Junuzovic, den Mwepu per Kopf an die Stange lenkte, Berisha nicht im Tor unterbrachte und Ramalho dann verwertete, war an diesem Abend sozusagen der Dosenöffner auf dem Weg zu einem richtungsweisenden Sieg.

Ähnlich kritisch zeigte sich deshalb auch Trainer Jesse Marsch, obwohl er wusste, welch großer Schritt seinen Jungs gelungen war und dass es sich um einen "guten Tag" handelte.

"Ein wichtiger Sieg für uns. Erste Halbzeit haben wir sehr gut gespielt, zweite Halbzeit haben wir nicht unsere beste Form gezeigt. Aber es ist ein super Moment für uns und ganz wichtig." Lieber hätte es der US-Amerikaner jedoch gehabt, wenn seine Mannschaft früher den Sack zugemacht hätte, als erst in der Nachspielzeit.

"Ich wäre viel glücklicher gewesen, wenn wir das zweite Tor früher machen und dann alle ein bisschen entspannen können. Aber es ist okay." Allerdings bemängelte er sehr wohl, dass man nach dem 1:0 zu nervös und nicht mit der nötigen Qualität spielte, um den Druck noch zu erhöhen - noch dazu mit einem Mann mehr.

Marsch muss sich bei Geschäftsführern rechtfertigen

Deshalb musste sich Marsch nach dem Spiel auch rechtfertigen, denn den Geschäftsführern Christoph Freund und Stephan Reiter gefiel der Auftritt in Überzahl nicht. Mehrmals ließen die Beiden ihrem Ärger auf der Tribüne freien Lauf und schrien ins leere Allianz-Stadion hinein.

Nach dem Schlusspfiff kam es am Spielfeldrand zu einer heftigen Diskussion mit dem Trainer. Dieser spielt die Meinungsverschiedenheit jedoch herunter: "Sie haben nur gesagt, dass es nicht unser bestes Spiel war, das ist auch ein bisschen mein Fehler. Wir reden so viel über Umschaltfußball, aber wenn wir in Überzahl sind und mit mehr Ballbesitz ruhig spielen müssen, denken wir trotzdem immer an vertikales, gefährliches Umschalten. Das ist normalerweise unser Vorteil. Aber die Kritik kann ich schon hinnehmen."

Rapid mittlerweile schon Salzburgs Lieblingsgegner?

Immer wieder wird das Duell zwischen Salzburg und Rapid gehypt, oft hält der Showdown nicht, was er verspricht. Vor allem hat es den Eindruck, als könne RBS gegen die Wiener immer noch eine Schippe drauflegen.

"Ob LASK oder Rapid – unsere Mannschaft ist immer bereit für einen guten Kampf. Das ist ein gutes Gefühl, dass wir verstehen, das Beste zu bringen", gesteht Marsch, aber will nicht verheimlichen, dass man gegen Rapid besonders konzentriert und mit klarer Vision ans Werk geht.

"Ich glaube, wir haben viel Qualität, aber gegen Rapid ist das Ziel immer, sehr intensiv zu spielen - hohes Tempo mit und gegen den Ball, sehr intensiv und aggressiv, umschalten immer sehr vertikal, vielleicht heute zu viel in Überzahl. Ich glaube auch, dass wir sehr gut verteidigen. Wir haben verstanden, dass Rapid die meisten Flanken im Spiel hat in der ganzen Liga - heute waren es nur zwei Flanken. Sie haben die zweitmeisten Torschüsse - heute hatten sie nur drei. Sonst haben sie auch viele Standards. Wir haben also alles von Rapid limitiert", so die für die Grün-Weißen ernüchternde Zusammenfassung.

"Das hat viel mit Konzentration, Taktik und unserer Philosophie zu tun. Vor jedem Spiel wissen wir, dass es immer ein schwieriges Spiel wird und wir immer unsere beste Leistung bringen müssen. Das haben wir oft gemacht."

Die Statistik spricht Bände: Von den vergangenen 20 Bundesliga-Duellen mit Salzburg konnte Rapid nur eines gewinnen, seit sieben Liga-Duellen sind die Hütteldorfer gegen RBS sieglos.

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