Die österreichische Bundesliga hat Thorsten Schick zurück. Nach drei überaus erfolgreichen Jahren bei den Young Boys Bern heuerte der mittlerweile 29-jährige Steirer beim SK Rapid Wien an und soll hier mithelfen, den Rekordmeister wieder aus dem Mittelfeld nach vorne zu hieven.
An die Erfolge des dominanten Schweizer Meisters der letzten beiden Saisonen anzuknüpfen, dürfte in Österreich nicht nur aufgrund des Standings von Red Bull Salzburg eher schwierig werden. Dennoch, oder gerade deswegen, entschied sich Schick bewusst für den Schritt zu Rapid.
Der Flügelspieler hatte nämlich trotz seiner Rolle in der letzten Spielzeit, als es nicht zu einem dauerhaften Stammplatz reichte, sehr wohl ein Verlängerungsangebot bei "YB" vorliegen, wie Schick im Rahmen des Trainingsstarts von Rapid verrät.
"Es war einfach so, dass mich Rapid schon früh kontaktiert hat, Anfang des Jahres haben die ersten Gespräche begonnen. Die haben sich wiederholt, da habe ich die Wertschätzung mir gegenüber gemerkt. Es hat sich in den letzten Wochen auch in Bern gut entwickelt, und so war ich in der glücklichen Situation, auch dort noch ein Angebot gehabt zu haben", so Schick.
"Für mich war aber schnell klar, dass ich nicht noch weitere Optionen abwarte, das ist nicht mein Naturell. Für mich war es fantastisch, dass sich zwei Klubs so um mich bemühen. Die Entscheidung ist dann über Wochen gefallen, es war keine Kurzschluss-Reaktion, sondern lang und gut durchdacht. Ich habe mich bewusst für Rapid entschieden."
Erfolg ist nirgends garantiert
Hier die Chance auf regelmäßige Titel, ja gar auf die Champions League, dort ein paar schwierige Jahre und die zähe Suche nach der sportlichen Bedeutung vergangener Tage. Warum also der Schritt zu Rapid?
"Weil du den garantierten Erfolg nirgends hast. Du weißt nicht, wo sich die Sache hinentwickelt - und ich habe Rapid als spannende und reizvolle Aufgabe empfunden. Als ich in die Schweiz gegangen bin, ist Basel acht Jahre hintereinander Meister geworden, Bern war weit davon entfernt, einen Titel zu gewinnen. Das war damals eine Herausforderung. Und ich scheue keine Herausforderungen", zeigt sich Schick kämpferisch.
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"Ich bin hier von der Qualität in der Mannschaft extrem überzeugt, Rapid hat gute Spieler und ein gutes Trainer-Team. Wenn du hierher kommen kannst und vielleicht ein Teil bist, wenn die Mannschaft wieder nach oben kommt und erfolgreich sein kann - dann kann das hier in Wien fantastisch werden", kommt Optimismus bei ihm noch obendrauf.
Lockeres Training erlaubt sich Schick nicht
Mit zwei Meistertiteln im Gepäck scheint Schick, der um sein Standing bei den Young Boys durchaus kämpfen musste, eine Mentalität des Ehrgeizes mitzubringen.
"Bern war weit davon entfernt, einen Titel zu gewinnen. Das war damals eine Herausforderung. Und ich scheue keine Herausforderungen."
"Ich war in Bern verwöhnt. Es gab nicht viele Spiele, die wir verloren haben. Wenn du daran gewöhnt bist, entwickelst du eine gewisse Mentalität. Im Training ist es um alles gegangen, die Qualität war hoch", so der Steirer.
"Ich habe eine sehr gute Saison mit vielen Scorerpunkten gehabt und es trotzdem nie zum Stammspieler geschafft, das spricht für diese Qualität. Wenn du dann jeden Tag mit solchen Mitspielern trainierst, entwickelst du dich als Spieler weiter: Du kannst dir nicht erlauben, dass du locker trainierst. Diesen Entwicklungsprozess habe ich in den letzten drei Jahren gemacht."
Es würde nicht reichen, einfach nur zu sagen, man wolle jedes Spiel gewinnen - es gehört auf den Platz gebracht.
Die Erfahrung eines Nicht-Herkules
Sturm, Gratkorn, Altach, die Admira, wieder Sturm und nun eben die Young Boys. Schon einige Destinationen für den Grazer, um das Spiel, aber ebenso den Charakter weiterzuentwickeln. Und seine Erfahrung sieht Schick als Kriterium, der durchaus eine Rolle bei seiner Verpflichtung durch Rapid gespielt haben dürfte.
"Ich bin drei Jahre älter geworden, Familienvater, sehe die Dinge anders - vielleicht klarer. Und denke in manchen Situationen mehr nach. Ob das positiv ist, wird man noch sehen."
"Ich bin keine Anfang 20 mehr, ich weiß, worum es geht und was es braucht, um Leistung zu bringen. Rapid hat mich sicher auch geholt, weil ich 29 bin, ein bisschen Erfahrung habe und das in die Mannschaft bringen kann. In den Gesprächen haben die Verantwortlichen gemerkt, dass ich eine gute Mentalität entwickelt habe und versuchen werde, die Mannschaft mitzureißen. Ich bin drei Jahre älter geworden, Familienvater, sehe die Dinge anders - vielleicht klarer. Und denke in manchen Situationen mehr nach. Ob das positiv ist, wird man noch sehen."
Aber: "Ich glaube nicht, dass ich ein Herkules bin und alles allein machen muss."
Tore? Dann doch lieber Assists
Aber welche Rolle kann Schick bei Rapid überhaupt sofort auskleiden? Daheim ist er am Flügel, eher auf der rechten Seite, aber mit der Option, links zu spielen - im Mittelfeld oder der Verteidigung. Alles nicht zwangsläufig Positionen, bei denen akuter Handlungsbedarf bei Grün-Weiß herrschte.
Zumal der Kader kleiner werden soll, mögliche Abgänge gehen über Gerüchte aber noch nicht hinaus. Am ehesten wurde die Verpflichtung Schicks noch als "Backup" für einen Abgang von Thomas Murg interpretiert, auch wenn sich die beiden Spielertypen durchaus unterscheiden.
Wie stark der Konkurrenzkampf letztlich ausfällt: Schick scheut ihn nicht. "Es gibt keinen Verein, wo du immer spielst. Ich wäre froh, wenn die Qualität in der Mannschaft so hoch bleibt und die Abgänge keine Stammspieler betrifft. Ich möchte mich jeden Tag beweisen und aufdrängen. Ich habe mit Spielern zusammen trainiert, die Millionen verdienen, ich weiß, dass man gut trainieren muss."
Ob rechts oder links, vorne oder hinten: Seine Variabilität sieht der 29-Jährige als Stärke. Nur in die Rolle des Goalgetters wird er nicht schlüpfen: "Aber wenn ich Löcher für Mitspieler aufmachen kann, mache ich es gern. Und wenn ich Assists geben kann, ist das für mich fast schöner als ein Tor."
Jemanden, der die Begeisterung für die Vorarbeit mitbringt, hätte Rapid also gefunden. Die Suche nach Vollstreckern muss aber weitergehen.