news

Schimpelsberger: "Hoffe, das Risiko wird belohnt"

Darum zog Schimpelsberger Reißleine beim SKN. Womit er hadert, was er angeht:

Schimpelsberger: Foto: © GEPA

Das Gesicht kennt man doch, werden sich Zaungäste beim Training des Wiener Sport-Clubs wohl denken.

Unter den aktiven Spielern des aktuell Zweiten der Regionalliga Ost trainiert auch Michael Schimpelsberger mit. Früherer ÖFB-Nachwuchs-Kapitän, Holland-Legionär, beim SK Rapid unter Vertrag, mit Wacker Innsbruck die Rückkehr in die Bundesliga geschafft und zuletzt beim SKN St. Pölten - aber nun plötzlich vereinslos.

Der 29-jährige Defensivspieler löste seinen Vertrag beim SKN am letzten Tag der Sommertransferzeit einvernehmlich auf - eine logische, aber auch mutige Entscheidung. "Mir wurde mitgeteilt, dass ich nicht spielen werde, wenn ich bleibe. Und ich wollte nicht nur trainieren, den Vertrag aussitzen, nur aufs Geld schauen und Sicherheit haben, weil ich einfach noch spielen will. Also war es eine rein sportliche Entscheidung, auch von meiner Seite", schildert Schimpelsberger gegenüber LAOLA1 seine Situation.

Anstatt zu vollen Bezügen spazieren zu gehen, verschaffte er sich so die Freiheit, jederzeit woanders unterkommen zu können. "Ich bin der Meinung, das hätte mich sportlich und menschlich nicht weitergebracht. Sollte es nicht funktioneren, kann ich wenigstens sagen, dass ich alles dafür gegeben und auch etwas riskiert habe. Ich will einfach bis Winter die Chance haben, trotzdem einen Verein zu finden. Ich bin fit, bin 29 Jahre alt und davon überzeugt, mit meiner Erfahrung einem Verein weiterhelfen zu können."

Über die Gründe, warum es in St. Pölten nicht geklappt hat, grübelt der universell einsetzbare Verteidiger aber weiterhin.

"Es war von Anfang an wie verhext"

Zuerst war die Transfersperre ein Hemmschuh, dann kam er im Frühjahr nur zwei Mal zum Einsatz. Im August absolvierte er im Cup gegen ATSV Wolfsberg seinen dritten und damit letzten Einsatz in Gelb-Blau. Eine schwierige Situation für den Vater von bald zweijährigen Zwillingen.

"Es war von Anfang an wie verhext, auch mit der Transfersperre. Es sollte einfach nicht sein bei St. Pölten, deshalb war ich der Meinung, dass es besser ist, einen Schlussstrich zu ziehen", erklärt Schimpelsberger. Vom Verein wurde ihm bestätigt, dass man auf andere, jüngere Spieler setzen wolle.

So wird der im Nachwuchs des LASK, der Austria und bei RB Salzburg ausgebildete Linzer erstmals in seiner Karriere mit der Vereinslosigkeit konfrontiert. Die meisten Klubs haben die Kaderplanungen abgeschlossen. Laut dem Profi sei es derzeit sehr ruhig, die Situation alles andere als einfach, da sich Teams noch spontan verstärken oder auf Ausfälle reagieren müssten, damit er eine Chance bekommt.

"Es ist sehr schwer, in Coronazeiten einen Verein zu finden. Es sind ja wirklich viele Spieler ohne Verein. Ich bin schon offen für alles, aber natürlich muss es auch für die Familie passen", würde sich der zuletzt hauptsächlich als Rechtsverteidiger eingesetzte Defensiv-Akteur nicht unbedingt auf ein Abenteuer in einer exotischen Liga einlassen, wo derzeit noch das Transferfenster geöffnet ist.

Schimpelsberger dankbar für Chance beim Wiener Sport-Club

Zwillinge daheim zu haben, war auch für Schimpelsberger eine Herausforderung und eine neue Situation in seinem Leben. Dass darunter die sportlichen Leistungen gelitten hätten, dementiert er jedoch aufs Schärfste.

"Natürlich ändert sich das Leben mit Kindern, aber ich denke auch zum Positiven! Ich habe eine super Unterstützung von meiner Freundin und kann mich voll und ganz aufs Fußballspielen konzentrieren. Mittlerweile sind die Kleinen fast zwei Jahre alt und schlafen die Nächte durch - also gibt es gar kein Problem."

"Das ist alles Vergangenheit, das alles war und ist mein Weg! Ich habe sehr viel gelernt für mein Leben, für meine Persönlichkeit, bin an allen Schwierigkeiten gewachsen und habe auch nie aufgegeben, hart zu arbeiten. Ich bin ein Mensch, der immer versucht, sich weiterzuentwickeln."

Michael Schimpelsberger

Derzeit hat er ungewollt mehr Zeit für den Nachwuchs, denn so oft wie gewohnt trainiert er beim Wiener Sport-Club nicht. Trotzdem hält er sich auf Eigeninitiative fit, um für den Fall eines spontanen Wechsels bereit zu sein.

Dafür ist er den Dornbachern, allen voran Trainer Robert Weinstabl sehr dankbar, zudem lobt er das "sehr professionelle Training". Die Mannschaft sei super sympathisch und es mache echt Spaß, mit den Jungs zu trainieren. "Ich bin froh und dankbar, dass ich die Möglichkeit bekommen habe, mich beim Sport-Club fit zu halten und ein Mannschaftstraining absolvieren zu dürfen, was für mich eine Riesen-Hilfe ist."

Wäre mehr möglich gewesen? "Das alles war und ist mein Weg"

Gerade in Situationen wie diesen kommt Schimpelsberger nicht darum herum, sich Gedanken zu machen, ob in seiner Karriere nicht noch mehr möglich gewesen wäre. Er genoss eine gute Ausbildung, sammelte bei Twente Enschede sogar Champions-League-Erfahrung, spielte mit Rapid in der Europa League und schaffte mit Wacker Innsbruck den Wiederaufstieg.

"Die Frage stelle ich mir immer wieder, gerade natürlich in so einer Situation. Aber im Endeffekt bringt es nichts, sich zu fragen, was gewesen wäre, wenn ich mich nicht so schwer verletzt hätte", spielt "Schimpi" auf seinen Achillessehnen- und Kreuzband-Riss in den Jahren 2013 und 2014 an. "Das ist alles Vergangenheit, das alles war und ist mein Weg! Ich habe sehr viel gelernt für mein Leben, für meine Persönlichkeit, bin an allen Schwierigkeiten gewachsen und habe auch nie aufgegeben, hart zu arbeiten. Ich bin ein Mensch, der immer versucht, sich weiterzuentwickeln und darum hab ich auch den Vertrag mit St. Pölten aufgelöst, weil ich keinen Stillstand wollte und vielleicht für das Risiko belohnt werde."

Momentan kann der Familienvater ohnehin nur abwarten. Sollte sich nichts Passendes finden, wäre er sich auch nicht zu schade, des Fußballs wegen weiter unten zu spielen. Nebenbei wird er nun jedoch auch die ersten Schritte in Richtung "Karriere danach" machen.

"Ich würde sehr gerne in Richtung Spielerberatung oder Individualtrainer für junge Talente gehen. Ich denke, ich kann ihnen aus meiner Erfahrung viel mitgeben - positiv wie negativ." Möglicherweise ist die Trainerausbildung der nächste Schritt. Das ist aber noch offen, so wie alles andere auch.

Kommentare