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Koya Kitagawa: Frust um "Derby-Held"

Der Siegtorschütze im Zweitliga-Derby wartet noch immer auf den Durchbruch.

Koya Kitagawa: Frust um Foto: © GEPA

Frustrierend – ein Wort, mit dem man in Wien-Hütteldorf sicherlich zwei Aspekte treffend zusammenfassend könnte.

Das 2016 eröffnete Allianz Stadion hat acht Wiener Derbys zwischen dem SK Rapid und der Wiener Austria auf Bundesliga-Ebene erlebt. Bilanz: Fünf Remis, drei Siege des ungeliebten Stadtrivalen aus Wien-Favoriten und kein einziger Heimsieg.

Am 9. Februar 2014 feierte Rapid mit einem 3:1-Sieg im Gerhard-Hanappi-Stadion den bislang letzten Derby-Erfolg in Hütteldorf. Marcel Sabitzer erzielte vor einer gefühlten Ewigkeit den Treffer zum 2:1 für die Grün-Weißen.

In den seither verstrichenen acht Jahren konnte Rapid lediglich im Ausweichquartier Ernst-Happel-Stadion zwei Derby-"Heimsiege" einfahren.

Frustrierend eben. Genauso frustrierend wie die Rapid-Karriere des Mannes, der auf anderer Ebene den bisher einzigen Derby-Sieg für Rapid im Allianz Stadion fixieren konnte: Koya Kitagawa.

Derby-Held für Rapid II

Denn Rapids bisher einziger Triumph über eine Mannschaft der Wiener Austria im Allianz Stadion ereignete sich in der 14. Runde der laufenden Saison der Admiral 2. Liga. In seinem bisher einzigen LigaZwa-Spiel erzielte Kitagawa prompt sein erstes Tor zum 2:1-Sieg.

Eine hundertprozentige Torquote also, könnte man meinen. Hier kommt wieder das Wort frustierend zum Vorschein, denn es ist wettbewerbsübergreifend Kitagawas einziges Saisontor.

Abruptes Ende nach gutem Start

Ein Derbysieg im Allianz Stadion, geschweige denn ein 3:0, ist bis heute ein frommer Wunsch.
Foto: © SK Rapid

In 22 Spielen für die Kampfmannschaft des SK Rapid gelang dem Japaner in dieser Saison ein magerer Assist beim Viertelfinal-Aus im ÖFB-Cup gegen Hartberg. Von einem Torerfolg war Kitagawa in dieser Spielzeit zeitweise soweit entfernt wie Rapid von einem 3:0-Derbysieg gegen die Austria im Allianz-Stadion, der 2014 in einem Präsentationsvideo des damals neuzubauenden Stadions prognostiziert wurde.

Dabei begann die Rapid-Karriere des Japaners vielversprechend. Im Sommer 2019 wechselte der achtfache japanische Nationalspieler um 1,5 Millionen Euro von Shimizu S-Pulse nach Wien.

Nach langsamen Heranführen an die Mannschaft legte der Angreifer in seinem zweiten Spiel, dem 3:1-Derbysieg in der 6. Runde, den Treffer von Taxiarchis Fountas zum zwischenzeitlichen 2:1 auf.

Sein erstes Tor gelang Kitagawa in seinem fünften Spiel, in der zweiten Cup-Runde gegen Red Bull Salzburg. Der Stürmer sorgte in der 56. Minute für den Ausgleich zum 1:1, musste allerdings vier Minuten später verletzungsbedingt vom Platz.

Am Ende verlor Rapid nach einem Tor von Kitagawas Landsmann Takumi Minamino in der ersten Minute der Nachspielzeit der Verlängerung mit 1:2 und den eigenen Angreifer durch einen Bänderriss im Sprunggelenk für mehrere Monate. Ein unter dem Strich frustrierender Abend, trotz Erfolgserlebnis für den mittlerweile 25-Jährigen.

Kitagawa am Abstellgleis, Kara startete durch

Daraufhin verlor Kitagawa merklich den Anschluss. In der Hackordnung des damaligen Rapid-Trainers Didi Kühbauer rutschte der Japaner nachhaltig nach hinten. Taxiarchis Fountas war gesetzt, der später nach Ägypten geschasste Aliou Badji die erste Alternative.

Der Abgang des Senegalesen im Jänner 2020 eröffnete Kitagawa eine weitere Chance, sich einen Stammplatz bei Rapid zu erspielen, doch auch diese blieb ungenutzt.

Stattdessen offenbarte sich ein Neuzugang vom SV Horn als absoluter Glücksgriff: Ercan Kara. Während Kara in der restlichen Saison in neun Spielen drei Tore gelangen, schrieb Kitagawa in den restlichen 14 Bundesliga-Spielen im Frühjahr nur zweimal an.

Zu Beginn der Saison 2020/21 keimte Hoffnung auf, dem Japaner würde der Knopf aufgehen. Doch dessen drei Tore in den ersten sechs Bundesligaspielen entpuppten sich als Strohfeuer. Es blieben nämlich seine letzten.

Trotz des ordentlichen Starts in die Spielzeit wurde Kitagawa auf das Abstellgleis gestellt. Die Kombination aus Sturmspitze Kara mit dem dahinter wirbelnden Fountas hatte sich durchgesetzt.

Letztes Tor für Kampfmannschaft vor über 15 Monaten

Das bislang letzte Tor Kitagawas liegt mittlerweile über ein Jahr zurück. Beim abgeschenkten Europa-League-Gruppenspiel bei Arsenal am 3. Dezember 2020 markierte der Japaner den Ehrentreffer bei der 1:4-Niederlage.

Seitdem stand Kitagawa nur mehr 893 Minuten für Rapids Kampfmannschaft auf dem Platz, das Äquivalent von nicht einmal zehn kompletten Spielen. Dass in diesen kein Tor gelang, ist mit Sicherheit frustrierend.

Obwohl Ferdinand Feldhofer nach seiner Amtsübernahme im November dem Japaner gleich in seinem ersten Training persönliche Aufmerksamkeit zukommen ließ, hat Kitagawa auch unter dem Steirer einen schweren Stand.

Dabei hätte Kitagawa die fluide Situation im Rapid-Angriff nach dem Abgang von Ercan Kara Richtung Orlando City für sich nützen können, galt sogar unter Feldhofer als Gewinner der Frühjahrs-Vorbereitung.

Taxiarchis Fountas glänzt bei Rapid aktuell nämlich nicht auf dem Spielfeld, sondern lediglich durch Abwesenheit. Der Grieche möchte scheinbar einen baldigen Wechsel Richtung D.C. United forcieren, wohin der Angreifer im Sommer ohnehin fix wechseln wird.

Während sich Alkmaar-Leihgabe Ferdy Druijf noch einlebt, hat der nunmehrige U21-Teamspieler Bernhard Zimmermann seinen Kollegen im Angriff den Rang abgelaufen. In der Liga stand Kitagawa zuletzt dreimal nicht einmal im Rapid-Kader.

Dabei wäre Kitagawa als technisch beschlagener und schneller Spieler der perfekte Ersatz für Fountas. Der Japaner scheint aber stets ein Händchen für die falsche Entscheidung zu haben.

Der 25-Jährige hat seinen Platz im Kader mittlerweile verloren. "Es ist eine schwierige Situation für Koya. Dieses eine Erfolgserlebnis, das er gebraucht hätte, hat es nicht gegeben", erklärt Trainer Feldhofer im "Kurier". Die Kombination Zimmermann-Druijf habe sich durchgesetzt.

Zeit für Ausreden vorbei

Dass der Angreifer nach über zwei Jahren ohne nennenswerte Erfolge für die Kampfmannschaft endlich durchstarten muss, ist ihm wohl bewusst.

"Das wird eine entscheidende Saison. Ich will zeigen, dass ich mich in Europa weiterentwickelt habe. Es gibt für mich nun keine Ausreden mehr", sagte Kitagawa im Sommer gegenüber der "Krone".

Seitdem ist beim 25-jährigen Jungvater auf dem Platz nicht viel weitergegangen, die einzige Duftmarke setzte der Stürmer im Zweitliga-Derby Anfang November.

Der Japaner nahm in der 72. Minute ein Zuspiel von Marvin Zwickl traumhaft mit und ließ mit einem Solo die Young-Violets-Defensive stehen, ehe Kitagawa den Siegtreffer zum 2:1 erzielte.

Kitagawas Tor im VIDEO (ab 1:04 Minuten):

Der Treffer imponierte den LAOLA1-Usern jedenfalls so sehr, dass er mit überwältigender Mehrheit zum Tor des Monats November gewählt wurde.

Gleichzeitig illustrierte dieses einzige düster schimmernde Glanzlicht eindrucksvoll, welch Potenzial in Kitagawa steckt. Für einen Spieler, der Rapid 1,5 Millionen Euro gekostet hat, ist dabei aber eindeutig zu wenig herumgekommen.

Bislang teurer Fehlkauf

Selbst in Relation zu noch hochpreisigeren Flops wie Arnor Traustasson (2,3 Millionen Euro) oder Ivan Mocinic (2 Millionen Euro).

Kitagawa wird bei Rapid dennoch gebraucht, wohl auch mangels Alternativen. Im Sommer wollte der damalige Altach-Trainer Damir Canadi den Japaner nach Altach holen, was Rapids Geschäftsführer Sport Zoran Barisic verhindert hat.

Zum Zeitpunkt seines Wechsels aus der J1 League in die Bundesliga war Kitagawa erst wenige Tage 23 Jahre alt. Eine Übersiedlung in eine neue Kultur benötigt viel Zeit und Geduld. Rapid hat dem Stürmer, wie bei Japanern im Ausland üblich, einen Dolmetscher zur Seite gestellt. Kitagawas Deutsch macht Fortschritte.

Diese Umstellungen gepaart mit einer Pandemie, die ein junger Mensch in einer gänzlich fremden Umgebung verbringen muss, und inopportunen Verletzungen, warfen Kitagawa nach jedem kleinen Schritt nach vorne gleich wieder um mehrere zurück.

Die Möglichkeit, einen Treffer im Derby - womöglich zum ersten Heimsieg im Allianz Stadion, wie schon für Rapid II - erzielen zu können wird Kitagawa wohl nicht bekommen. Um seiner für Rapid-Verhältnisse hohen Ablösesumme gerecht zu werden, müsste vom Japaner, der noch bis 2024 an die Hütteldorfer gebunden ist, ohnehin noch endeutig mehr kommen.

Sonst sind wohl etliche Personen im Umfeld Rapids frustriert.

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