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Bei Sturm Graz muss und wird sich vieles ändern

Neue Spieler! Neuer Trainer? Mehr Energie! Kreissl kündigt neue Impulse an:

Bei Sturm Graz muss und wird sich vieles ändern Foto: © GEPA

Der SK Sturm Graz wird in der Saison 2019/20 ein anderes Gesicht haben.

Denn das mit dem versöhnlichen Abschluss hat irgendwie nur auf dem Papier geklappt.

In der Realität hat die beschämende Performance im Heimspiel gegen Rapid die ohnehin schon vorhandenen Wunden der vergangenen Wochen und Monate eher weiter aufgerissen als durch die fixierte Europacup-Teilnahme geschlossen.

"Ich kann mich keinen Millimeter freuen", gibt Geschäftsführer Sport Günter Kreissl zu Protokoll, "vom Kopf her weiß ich, das hat einen Wert, denn wenn wir uns nächstes Jahr anders aufstellen und anders agieren, sind wir vielleicht noch sehr froh, dass wir es irgendwie drübergebogen haben. Das ist mir vom Kopf her bewusst, aber vom Herzen und vom Bauch ist kein Millimeter Freude in mir."

Wie Sturm in der kommenden Spielzeit aufgestellt sein wird, wird jedoch maßgeblich von Kreissls Kopf abhängen - Bauchentscheidungen sind jedoch keine zu erwarten, Fragen nach potenziellen Konsequenzen bewertete er nach Spielende als "unseriös".

Die richtigen Schlüsse müssten nämlich erst durchgedacht werden. Aber auch aus seinem Statement in der ersten Emotion heraus lässt sich erahnen, dass sich einiges ändern wird.

Das muss es auch.

Sturm mit Niederlage in den Europacup:

(Text wird unter dem Video fortgesetzt)

Kreissl: "Brauchen Menschen mit mehr Energie"

Auffällig: Ein klares Bekenntnis zu Trainer Roman Mählich, der sich gegenüber in Graz jede Menge Skepsis ortet, vermied Kreissl. Dies kann etwas heißen, muss es aber nicht - gerade bei der wichtigsten Personalie im sportlichen Bereich sind Schnellschüsse selten ratsam.

"Wir müssen auf jeden Fall Dinge verändern - egal ob man das jetzt Konsequenzen nennt. Du kannst ja nicht sagen, auf dem baue ich auf, so will ich weitermachen. Du wirst Dinge verändern und neue Impulse setzen müssen. Du wirst Leute brauchen, die wieder Energie geben."

"Es gilt das alles einmal zu überschlafen, und das wird schwer genug, es wird nicht viel Schlaf werden. Obwohl man glauben könnte, es ist eine Erleichterung da - sie ist nicht da. Wir werden uns nächste Woche zusammensetzen und alles durchbesprechen", meint der Sportchef darauf angesprochen, wie fest der Coach im Sattel sitzen würde.

Im selben Atemzug kündigt der 45-Jährige neue Impulse an: "Wir müssen auf jeden Fall Dinge verändern - egal ob man das jetzt Konsequenzen nennt. Du kannst ja nicht sagen, auf dem baue ich auf, so will ich weitermachen. Du wirst Dinge verändern und neue Impulse setzen müssen. Du wirst Leute brauchen, die wieder Energie geben."

"Zuletzt war es schwierig, noch Leute auszumachen, die es wirklich in der schweren Situation tragen können. Von den Spielern angefangen über das ganze Umfeld - es war ein Riesen-Druck da, eine große Unzufriedenheit. Das ist nichts, was dich befreit. Das hemmt dich tendenziell eher. Dennoch: Das ist unser Job. Die Leute, die sagen, deswegen seid ihr so gut bezahlt, haben recht! Wenn man in der Situation ist und weiß, wie es sich anfühlt, ist es nicht angenehm, aber es MUSS einfach mehr rauskommen! Dafür brauchen wir Menschen mit mehr Energie - ob das jetzt Spieler sind oder im Umfeld. Auch meine Person ist gefragt, gewisse Dinge einfach nicht zu akzeptieren, wie sie passiert sind."

Neue Impulse in Trainerstab und Mannschaft

Mehr Energie.

An Energie mangelt es Kreissl nur selten, entsprechend entschlossen präsentiert er sich, Sturm wieder zu jenen Erfolgen wie in den ersten beiden Saisonen unter seiner Anleitung zu führen.

Ob er in Mählich die notwendige Energie ortet, diese Erfolge herbeizuführen, wird sich weisen. Dass der Betreuerstab zu jenen Bereichen zählt, bei denen der Geschäftsführer Sport zumindest neue Impulse überlegt, ist klar.

"Natürlich muss man auch über die Mannschaft nachdenken. In der Gesamtheit ist ein überwiegender Teil nicht an die Leistungsgrenze gekommen - und deswegen gilt es auch jeden einzelnen Spieler zu hinterfragen."

"Neue Impulse reichen von meiner Person über den ganzen Trainerstab. Seit ich hier bin, habe ich immer versucht, den Betreuerstab so professionell wie möglich aufzustellen, auch zu erweitern. Entwicklungscoach, eigene Rehatrainer, Video-Analyse - wir haben in der Struktur sehr viel weitergebracht. Aber man sieht es nicht! Und dann habe ich von diesen Dingen nichts, also muss man das alles hinterfragen, in welche Bereiche man in Zukunft investieren muss."

Kreissl leitet in Richtung Kader über: "Und natürlich muss man auch über die Mannschaft nachdenken. Über jeden einzelnen Spieler. Es gibt Spieler, die auch nach dieser Saison positiv wahrgenommen werden - davon gibt es schon eine Handvoll, bei denen das Feedback durchaus in Ordnung ist. Aber in der Gesamtheit ist ein überwiegender Teil nicht an die Leistungsgrenze gekommen - und deswegen gilt es auch jeden einzelnen Spieler zu hinterfragen."

Europacup-Quali hilft am Transfermarkt

Dass Kreissl die Zusammenstellung des aktuellen Kaders nicht wie erhofft geglückt ist, hat er bereits mehrmals eingeräumt. Auch nach dem Rapid-Spiel betont er:

"Ich übernehme volle Verantwortung für diese nicht gute Saison. Ich habe zwei wunderschöne Saisonen erlebt - jetzt sind Mannschaft und Trainer-Team von mir zusammengestellt, deswegen bin ich in der Verantwortung und deshalb schmerzt es mich auch besonders."

Wie viel Handlungsspielraum der Sportchef für die Kadergestaltung hat, wird wohl auch davon abhängen, wie viele aktuelle Sturm-Kicker - ob freiwillig oder unfreiwillig - den Verein verlassen werden. Frisches Blut wird es aber so oder so geben.

"Wir waren schon tätig, haben aber noch nichts verlautbart", bekräftigt Kreissl bereits finalisierte Deals. Andere Kandidaten wollten wiederum abwarten, ob es Sturm doch noch in den Europacup schafft: "Wir sind schon relativ weit mit verschiedenen Spielern. Es gibt interessante Spieler mit Qualität, die wissen wollten, ob Sturm Graz europäisch spielt. Aus dieser Perspektive hilft uns das sicher."

Dies würde aber eher das Interesse der Spieler bereffen als höhere finanzielle Mittel für Transfers: "Was die Finanzen betrifft, ist Q2 nicht der Burner - noch dazu, da wir zu Hause ein Geisterspiel haben, da ist nicht mit Mega-Einnahmen zu rechnen. Aber du hast gewisse Prämien von der UEFA, die du budgetär einplanen kannst. Und es gibt natürlich die Chance, Q2 zu überstehen - aber nur, wenn wir anders agieren als jetzt."

Eine außerordentlich nicht gute Saison

Von genau diesen Fesseln der nun zu Ende gegangenen Saison gilt es sich in den wenigen Wochen bis zum Vorbereitungsstart in jeglicher Hinsicht zu befreien - ob mit neuem Personal oder ohne.

"Mir ist schon bewusst, dass du nicht jedes Jahr ein super Jahr hast, aber in meiner Bewertung war diese Saison außerordentlich nicht gut - und da rede ich weniger vom Tabellenplatz, sondern mehr von dem, was wir gezeigt haben."

Vielleicht hilft das "nur" auf dem Papier versöhnliche Ende auch, die richtigen Maßnahmen zu setzen und eine Vision zu entwickeln, wofür Sturm Graz 2019/20 und in den Saisonen darauf stehen soll. Denn das Hängen und Würgen gegen Rapid war wohl der letzte Augenöffner von vielen in dieser Spielzeit.

"Es ist jedem individuell vorbehalten, ob er sich freut oder nicht. Für mich persönlich war das Spiel eine Qual, wie die ganze Saison eine Qual war", meint Kreissl, für den die vielen einfachen Fehler nicht nachvollziehbar sind:

"Auf der anderen Seite muss man zu Gute halten: Sie haben zumindest gekämpft bis zum Schluss, um das irgendwie festzuhalten. Man hat gesehen, dass wir uns mit der Situation und dem Druck wahnsinnig geplagt haben. Aber alles, was ich jetzt sage, klingt wie eine Ausrede. Es war nicht gut, wie die ganze Saison nicht gut war - und zwar nicht einmal normal nicht gut. Denn mir ist schon bewusst, dass du nicht jedes Jahr ein super Jahr hast, aber in meiner Bewertung war diese Saison außerordentlich nicht gut - und da rede ich weniger vom Tabellenplatz, sondern mehr von dem, was wir gezeigt haben."

In den vergangenen ein, zwei Wochen wird bei Sturm auch öffentlich mehr Klartext gesprochen, was das Dargebotene betrifft - vermutlich kein Fehler.

"Ich verstehe den Unmut", bekräftigt Kreissl, "der ist nicht angenehm, aber da müssen wir sagen, bei einem großen Verein mit anderen Erwartungen ist es wurscht, wer von wem mit welchen Wörtern geschimpft wird. Es muss uns bewusst sein, dass es massive Kritik hageln kann, wenn wir die Leistungen nicht bringen - und das zurecht."

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