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Pfeifkonzert für Sturm Graz nach "Grottenkick"

Gellendes Pfeifkonzert nach "Grottenkick". Mählich entschuldigt sich für Wutanfall:

Schlusspfiff! Gellendes Pfeifkonzert! Ein fuchsteufelswilder Trainer im Kabinengang!

Nein, so sehen "Sieger" wahrlich nicht aus.

Nicht nur, weil sich der SK Sturm Graz mit einer (beinahe schon obligatorischen) Heimniederlage gegen Rapid für den Europacup qualifizierte, sondern vor allem, weil sich kaum jemand über das Erreichen dieses Minimalziels wirklich zu freuen schien.

"Ich glaube, es waren mehr Leute im Stadion, die wollten, dass wir es nicht schaffen, obwohl wir ein Heimspiel hatten", bedauerte Lukas Spendlhofer.

Sturm mit Niederlage in den Europacup:

(Text wird unter dem Video fortgesetzt)

Siebenhandl zu Pfeifkonzert: "Nicht in Ordnung"

Der harte Kern der Sturm-Fans machte seine Ankündigung wahr und verfolgte das Match teilnahmslos - mit drei Ausnahmen: Nach 15 Minuten dankte man den Rapid-Ultras, nach dem Pausen- und dem Schlusspfiff stimmte man jeweils "Wir wollen Sturm sehen!" an.

Von allen Tribünen setzte es nach dem Schlusspfiff besagtes Pfeifkonzert.

"Wenn wir da um den Rotz kämpfen und durchkommen, kann man kurz einmal applaudieren. Sie müssen uns ja nicht großartig anfeuern oder Standing Ovations machen - alles okay! Aber so ein Pfeifkonzert braucht es auch nicht."

Jörg Siebenhandl

"Für die Leistung ist es nachvollziehbar, darüber brauchen wir nicht zu diskutieren. Wir sind jetzt auch nicht in die Luft gesprungen vor lauter Freude, weil wir es schon einschätzen können. Sicher wäre es schön gewesen, wenn sich ein paar mit uns gefreut hätten. Aber es ist nachvollziehbar", meinte Spendlhofer.

Weniger Verständnis hatte Torhüter Jörg Siebenhandl: "Ich finde das nicht wirklich in Ordnung. Man hätte sich ja kurz mit uns freuen können, danach können sie gerne wieder ihren Unmut äußern. Es ist eh okay, wir wissen selbst, dass wir daheim nicht aufregend gespielt haben. Das braucht uns keiner zu erklären, diesen Unmut verstehe ich auch komplett. Aber wenn wir da um den Rotz kämpfen und durchkommen, kann man kurz einmal applaudieren. Sie müssen uns ja nicht großartig anfeuern oder Standing Ovations machen - alles okay! Aber so ein Pfeifkonzert braucht es auch nicht. Aber wir sind nächstes Jahr dran, dass wir daheim einfach mehr zeigen."

Mählich entschuldigt sich für Wutanfall

Weniger ist auch kaum möglich. Dies dürfte ein Fan Trainer Roman Mählich etwas zu emotional mitgeteilt haben, denn der Sturm-Coach eilte laut schreiend und vor Wut kochend in die Kabine.

"Das war nicht in Ordnung von mir", entschuldigte sich Mählich später, "ich bin normal besonnen, was das angeht, aber da habe ich mich einem Fan gegenüber nicht so verhalten, wie ich das normal tue. Das tut mir im Nachhinein Leid, da ist es mit mir durchgegangen."

Und das Pfeifkonzert von den Tribünen? Das will der 47-Jährige gar nicht vernommen haben: "Da war ich gedanklich schon im Flieger nach Sardinien."

Es regiert der Galgenhumor

Die Leistung gegen Rapid war so schlecht, dass nicht nur der Gegner spottete, sondern im schwarz-weißen Lager Mählich nicht der einzige war, der im Galgenhumor Zuflucht suchte.

"Das Positive ist, dass wir uns in zwei Partien durchgesetzt haben, und dass schönes Wetter war", fasste Stefan Hierländer den halbwegs sonnigen Sonntag zusammen und biss sich ansonsten spürbar auf die Lippen.

"Ich habe wenigstens ein Tor geschossen an meinem Geburtstag, und es hat trotzdem gereicht", erklärte Spendlhofer, der seinen 26. Geburtstag feierte, sarkastisch zu seinem Eigentor.

Ein Grottenkick, den man nicht schönreden kann

"Es ist uns bewusst, dass wir uns die Unterstützung auch nicht verdient haben. Wir haben es einfach mit Kampf geschafft, denn sonst war das einfach gar nichts! Und nicht einmal da weiß ich, ob jeder bereit war für diese zwei Spiele."

Lukas Spendlhofer

Die ernst gemeinte Analyse zur Darbietung im Kampf um Europa fiel indes durchaus schonungsos aus. Spendlhofer, der sich vor einer Woche nach der Niederlage beim WAC in Rage redete ("Wir sind so schlecht"), fand erneut deutliche Worte:

"Wenn man nur die zwei Spiele gegen Rapid hernimmt, ist das Wichtigste, dass wir dabei sind. Das war wieder ein Grottenkick von uns, da brauchen wir nichts schönreden. Das kann man gar nicht schönreden!"

"Wir versuchen während der Saison positiv zu bleiben, Dinge lieber intern anzusprechen als öffentlich irgendwelche Leute zu kritisieren. Das, was die Fans uns gesagt haben, haben wir schon verstanden, das wollten wir noch einmal deutlich so sagen. Es ist uns bewusst, dass wir uns die Unterstützung auch nicht verdient haben. Wir haben es einfach mit Kampf geschafft, denn sonst war das einfach gar nichts! Und nicht einmal da weiß ich, ob jeder bereit war für diese zwei Spiele", klagte der Innenverteidiger.

Spendlhofer: "Es muss sich so viel ändern"

Dass er an seinem Ehrentag Rapid mit einem Eigentor zum 1:0-Sieg schoss, stand irgendwie sinnbildlich für diese Saison: "Der Ball fällt mir auf den Oberschenkel - bezeichnend, dass er dann ins Tor geht in der Situation, in der wir sind. Vor einem Jahr wäre er nicht reingefallen. Aber so ist der Fußball. In der Pause musste ich schauen, dass ich es aus dem Kopf kriege und so tun, als wäre nichts gewesen, denn in dieser Situation darfst du nicht hängen bleiben."

Das Wichtigste sei, dass man das Minimalziel noch erreicht habe, auch wenn das eigentliche Ziel ein anderes gewesen sei. Dies sei mit den Leistungen im Frühjahr jedoch auch nicht zu erreichen gewesen.

"Es muss sich so viel ändern! Auch die Einstellung", forderte Spendlhofer, "wie oft wir eine Führung hergeben... So etwas passiert einer guten Manschaft nicht. Wenn wir eine gute Mannschaft sein wollen, können wir in der Meistergruppe nicht vier oder füf Mal eine Führung hergeben. Das ist auch ein bisschen eine Kopfsache."

Letztlich habe man gegen Rapid wegen des nicht gegebenen Elfmeters nach dem Handspiel von Emeka Eze auch Glück gehabt: "Wenn man spielerisch so außer Form ist, braucht man das Glück auch."

Kredit bei den Fans wieder aufbauen

Spendlhofers Eigentor war nach jenem beim WAC bereits sein zweites binnen einer Woche. "Er ist eiskalt. Er ist derjenige, der mich am öftesten erwischt hat", lachte Siebenhandl, der mit einigen starken Paraden das Europacup-Ticket festhielt.

"Jeder einzelne Spieler von uns sollte sich im Urlaub Gedanken darüber machen, was nicht funktioniert hat, was man besser hätte machen können."

Jakob Jantscher

"Jetzt können wir deppert reden, aber großartig war es trotzdem nicht. Wenn wir ehrlich sind, war das nichts Besonders. Aber wir haben unser Minimaliel erreicht und sind im Europacup", switchte auch der Goalie schnell wieder auf ernst, "wir müssen schon einiges ändern, wenn wir im Europacup eine gute Rolle spielen wollen."

Konkrete Vorschläge, was zu ändern sei, hatte Siebenhandl auch nicht parat. Wichtig sei es jedoch, die eigenen Fans wieder hinter die Mannschaft zu bekommen:

"Wir haben durch unsere Heimspiele bei den Fans viel Kredit verspielt. Es ist unsere Aufgabe, dass wir den wieder aufbauen. Wir müssen nächste Saison in den Heimspielen wieder Siege einfahren. Im Europacup haben wir relativ früh wieder die Chance, die Fans auf unsere Seite zu ziehen."

Mental am Anschlag

Die Heimniederlage gegen Rapid war bereits die sechste in Folge. Diese hatte wenigstens einen Trostpreis parat, weshalb Hierländer der Mannschaft zumindest für den Kampf ein "Riesen-Kompliment" machen konnte:

"Wir haben alles reingehaut. Oft machen die Füße nicht mehr das, was der Kopf will, weil man einfach nicht einmal mehr die Reserve hat. Das haben wir in diesem Spiel gemerkt. Wir waren mehr als über dem Anschlag. Positiv war, dass wir uns durchgesetzt haben."

Für eine Saison-Analyse hatte der Kapitän "keinen Geist. Wir haben eine sehr lange Saison hinter uns - mit zwei Spielen zum Schluss, die mental sehr hart waren. Die ganze Saison war mental auf dem Anschlag. Deswegen ist man im Kopf eher müde."

Jeder muss im Urlaub nachdenken

Möglicherweise auch eine Erklärung für die verkrampften Leistungen einer komplett verunsicherten Mannschaft. Zeit zum Nachdenken hat man in den kommenden Tagen und Wochen im Urlaub - und die sollte man auch nützen.

So forderte etwa Jakob Jantscher: "Jeder einzelne Spieler von uns sollte sich im Urlaub Gedanken darüber machen, was nicht funktioniert hat, was man besser hätte machen können."

Die gute Nachricht: Frei nach den eigenen Fans ist Sturm fertig mit dieser "Scheiß-Saison"...

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