Im Juli 2012, unmittelbar vor dem Debakel in der Champions-League-Quali gegen Düdelingen, erklärte der damalige Sportchef Ralf Rangnick folgendes: „Wir sind dazu da, die Zukunft zu gestalten. Wichtig ist, mit jungen und hochtalentierten Spielern zu arbeiten. Die beiden Akademien schreien danach, dass die bestmöglichen Spieler von den bestmöglichen Trainern mit den bestmöglichen Trainingsmethoden entwickelt werden. Wir wollen die bestmöglichen jungen Österreicher. Alaba, Arnautovic, ... keiner ist durch die Salzburger Akademie gegangen. Auch wenn sie vielleicht nicht kommen, man muss es zumindest versucht haben.“
Sadio Mane, Naby Keita, Martin Hinteregger, Konrad Laimer, Valentino Lazaro, Hannes Wolf, Amadou Haidara, Xaver Schlager, Stefan Lainer – alleine diese exemplarisch genannten Namen, die nur die Speerspitze der Talente-Förderung der vergangenen Jahre darstellen, belegen den Erfolg der damals von Rangnick implementierten und von Christoph Freund bravourös fortgesetzten Richtungsänderung.
Sieben Jahre nach Rangnicks Antritt kennt so ziemlich jeder Europäer, der sich ein wenig eingehender mit Fußball beschäftigt, den FC Red Bull Salzburg und dessen Philosophie. Vor allem Letzteres ist eine Errungenschaft, die gar nicht hoch genug gewürdigt werden kann. Das gesamte Konzept – von der Transferpolitik über die Durchlässigkeit der Talente nach oben bis zum markanten Spielstil – ist stimmig und griffig.
Nun werden wieder zahlreiche Leistungsträger Angebote von größeren Klubs annehmen. Munas Dabbur und Hannes Wolf sind schon fix, Xaver Schlager, Stefan Lainer und andere könnten folgen. Nichtsdestoweniger wird Salzburg als haushoher Favorit in die kommende Spielzeit gehen.
Ganz einfach auch deswegen, weil der Spielerpool inzwischen eine derart große Anzahl an potenziellen Nachrückern bietet, dass selbst eine hohe Ausfallsquote – die sowieso nicht gegeben ist – nicht mehr ins Gewicht fällt. Mit Erling Haland, Jasper van der Werff, Antoine Bernede und Dominik Szoboszlai stehen schon die nächsten Spieler parat, die der Liga in der neuen Saison den Stempel aufdrücken können – und dieses Quartett wäre locker um sieben, acht Namen zu ergänzen.
Freilich kommt diesmal noch der Abgang von Erfolgstrainer Marco Rose hinzu. Doch Trainerwechsel haben in der Mozartstadt keinen Seltenheitswert. Jesse Marsch wird im ablaufenden Jahrzehnt der achte Chefcoach auf der Bank sein. Seit dem Paradigmen-Wechsel 2012 hat – abgesehen von Peter Zeidler – jeder Trainer Erfolg gehabt.
Zudem ist das Risiko, das mit Marsch eingegangen wird, ein eher geringes. Der US-Amerikaner kennt die Welt von Red Bull mittlerweile wie seine Westentasche, hat im Jänner 2015 in New York begonnen und sich nun eine Saison lang als Co-Trainer in Leipzig auch in Europa akklimatisiert. Der 45-Jährige weiß um die Gegebenheiten bestens Bescheid und hat in Leipzig auch erfahren dürfen, wie damit umgegangen werden muss, wenn nicht alle Kadermitglieder die für Salzburg so immens wichtige Mentalität mitbringen.
Die schlechte Nachricht für alle Nicht-Red-Bull-Fans: Auch im kommenden Jahrzehnt ist ein Ende der Salzburger Vorherrschaft nicht absehbar. Zumal der Verein eine ganz wichtige Sache noch erledigen konnte: Er ist de facto von seinem früheren Geldgeber Red Bull unabhängig geworden. Die Transfererlöse spülen dermaßen viel Geld in die Kassen, dass die Salzburger nicht mehr auf Finanzspritzen von Dietrich Mateschitz angewiesen sind.
Die gute Nachricht für alle Nicht-Red-Bull-Fans: Auch im kommenden Jahrzehnt werden die Klubs ihrer Herzen von topausgebildeten Talenten, die den Sprung zu den Salzburger Profis nicht schaffen, verstärkt und auch der eine oder andere in Salzburg ausgebildete Coach wird sein Wissen auf anderen Trainerbänken dieses Landes vermitteln. Ganz zu schweigen vom Ansehen des österreichischen Fußballs im Ausland und dem Nationalteam, die von der starken Arbeit in Salzburg profitieren.
Und vielleicht schafft es ja auch der eine oder andere vermeintliche Top-Klub, dessen Trophäenschrank nach Zuwächsen lechzt, sich den Bundesliga-Dominator zum Vorbild zu nehmen und eine Philosophie zu entwickeln und vor allem dann auch über eine längere Zeit hinweg durchzuziehen, die diesen Namen auch verdient. Dass das nämlich eigentlich gar nicht so schwer ist, beweist der LASK in jüngerer Vergangenheit.