news

Feldhofer: "Wir wollen als Schwarm auftreten"

Rapids neuer Trainer Feldhofer über Gründe, Spielstil, Philosophie und Erinnerungen.

Feldhofer: Foto: © GEPA

Ferdinand Feldhofer ist in Wien-Hütteldorf angekommen!

Am Montagvormittag leitete der 42-jährige Steirer sein erstes Training in offizieller Funktion als Rapid-Trainer, am Nachmittag stand er erstmals Rede und Antwort.

Der ehemalige WAC-Trainer, der zuletzt ein Dreiviertel-Jahr vereinslos war und sich in dieser Zeit mit Hospitationen fortgebildet hat, brennt auf seine neue Aufgabe bei den Hütteldorfern, mit denen er 2005 selbst Meister wurde.

Feldhofer verrät, warum er sich für Rapid und gegen unterschriftsreife Angebote aus dem Ausland entschieden hat, welchen Spielstil er mit seinem neuen Klub prägen wird, welchen Stellenwert die angekündigte durchgängige Spielphilosophie hat und welche Erinnerungen er an seine frühere Rapid-Zeit hat.

Rapid-Trainer Ferdinand Feldhofer über:

...die ersten Eindrücke vom neuen Arbeitgeber Rapid:

Ich freue mich, dass ich da bin. Die letzten Tage waren sehr intensiv, aber auch positiv. Dementsprechend habe ich mich schon extrem auf heute gefreut, auf das erste Kennenlernen mit den Spielern, dem Umfeld, die ersten Gespräche habe ich auch erledigt. Die erste Trainingsseinheit ist unspektakulär. Im Vordergrund stehen die handelnden Personen, die Spieler, der Staff, die Betreuer, das Büro, die Umgebung. Es geht darum, jede Sekunde wahrzunehmen. Gestern war ich absichtlich nicht in Ried, aber aus Respekt den handelnden Personen gegenüber. Das wäre nicht fair gewesen und ist nicht meine Art, mich in den Vordergrund zu drängen. Rapid hat das gestern richtig gut gemacht, dafür ein Lob. Es hat nicht viel gefehlt auf die drei Punkte. Das stimmt mich positiv, wie man aufgetreten ist.

...die Ziele, die sich Feldhofer mit Rapid steckt:

Die Ansprüche sind natürlich sehr hoch. Jetzt gilt es schnellstmöglich, die Top 6 abzusichern. Ich kenne die Situation, die ist nicht so angenehm, deshalb muss es das Hauptziel sein. Das Ziel ist es natürlich auch, die nächsten Spiele positiv zu bestreiten, aber als Rapid will man auch international überwintern. Ich bin gestern in aller Früh nach Belgien geflogen, um den Gegner besser kennenzulernen, die Atmosphäre dort aufzusaugen und Möglichkeiten zu finden. Wir werden nicht alles zerreißen und verändern in kurzer Zeit, das ist auch klar. Aber jetzt geht es mal um Tage und Stunden, jede kleinste Phase ist gut für mich, alles besser kennenzulernen. Mittelfristig geht es darum, in einem täglichen Prozess meine Spielphilosophie, die sich sehr nahe an der aktuellen Idee von Zoki und dem Verein befindet, umzusetzen, immer darauf hinzuweisen und zu implementieren. Wir wollen aktiven Fußball in beide Richtungen spielen und die Leute begeistern und für uns gewinnnen. Darum geht es schlussendlich.

...die Entscheidung für Rapid und gegen unterschriftsreife Auslandsangebote:

Wenn Rapid kommt und man unterhält sich, sieht das Anforderungsprofil und merkt, dass das nahezu ident ist mit der eigenen Sichtweise, wie man spielen und agieren will, es auch zwischenmenschlich mit den handelnden Personen und dem Umfeld passt und die dich unbedingt wollen, dann ist es schwer nein zu sagen.

...seinen Eindruck von Rapid und wo er die größten Probleme ortet:

Ich denke nicht daran, was passieren könnte, sondern ich agiere lieber. Ich habe viele Spiele gesehen, alles analysiert, wir haben uns unterhalten, was möglich und nicht möglich ist. Dementsprechend gehen wir ohne Vorbelastung in die Zukunft. Wir denken einfach positiv und wollen Akzente setzen, damit wir uns verbessern.

...den Trainer und Menschen Feldhofer und wie dieser tickt:

Ich bin ein absoluter Teamplayer, jemand mit dem man über alles reden und diskutieren kann. Ich gehe auf Menschen zu, interessiere mich für die Person dahinter – also nicht nur auf dem Platz sondern auch im privaten Bereich. Ich arbeite einfach gerne mit Menschen zusammen und probiere, meine Wegbegleiter nicht nur sportlich zu unterstützen und zu fördern, sondern auch im täglichen Leben.

...die Erfüllung eines großen Traums trotz schwieriger Ausgangsposition:

Wenn alles perfekt gelaufen wäre, dann würde ich nicht hier sitzen. Der Verein hat sich entschlossen, einen neuen Weg einzuschlagen, der einen roten Faden von unten nach oben haben wird. Sie haben sich etwas für den Posten des Chetrainers überlegt, ein Profil erstellt. Das trifft genau auf mich zu. Wir werden nicht alles in wenigen Tagen verändern, das wäre kompletter Schwachsinn. Nicht nach dem Spiel gegen Ried, zu dieser guten Leistung muss man gratulieren. Es fehlten Kleinigkeiten. Wichtiger ist, dass sich der Verein für eine Art und Weise entschieden hat, aufzutreten und aktiv zu bestreiten – da sind sie auf mich gekommen. Was wir jetzt umsetzen können, ist es, meine Arbeit kennenzulernen, viele Gespräche zu führen, einfach einen gemeinsamen Weg finden, wie wir Erfolge einfahren können. Deshalb bin ich vorerst unterstützend und mit kleinen Inputs vorhanden, mehr wird es dann aber auch nicht sein.

...ihn als 15. Trainer seit 2000 und das Ziel Ausland:

Wien ist anders, sagt man so schön. Und Rapid kommt on top. Ich habe Glück gehabt, das ich das schon erleben durfte. Das ist kein Nachteil. Nicht falsch verstehen, aber mein Ziel ist in meinen Planungen noch nicht erreicht. Ich will mit meiner Art und Weise, meinem Denken, meinen Grundsätzen und meinen Werten hier Erfolg haben. Das hat sich nicht verändert von früher als Spieler zu jetzt, alles andere hat sich komplett verändert. Ich wollte es nie abhängig machen, dass ich wo Trainer werden muss, wo ich gespielt habe. Das ist kompletter Schwachsinn, weil das ein komplett anderes Anforderungsprofil ist. Das Ziel war von mir immer das Ausland, weil ich das als Spieler aus diversen Gründen nie gemacht habe. Ich habe mir das Ziel gewünscht. Oft heißt es, wir österreichischen Trainer sind nichts wert. Aber wenn man im Ausland hospitiert und hört, wie über moderne österreichische Trainer gesprochen wird, sind wir vielleicht doch nicht so schlecht. Die liefern auch, die alle unterwegs sind. Rapid soll sicher nicht meine letzte Station sein, dass will ich schon betonen. Vielleicht bin ich ja seit langem der Erste, von dem Rapid auch wirtschaftlich profitiert.

....das Aus beim WAC wegen einer vermeintlichen Spieler-Revolte rund um Liendl:

Grundsätzlich habe ich die Zeit in Wolfsberg analysiert und reflektiert. Dreifachbelastung, Umbruch – wie wir das damals gemeistert haben. Wir haben den dritten Platz bestätigt, obwohl wir drei Stammspieler verloren haben, im Sommer über zehn Verträge ausgelaufen sind. Ich war nicht nur als Trainer sondern auch mehr oder weniger als Sportdirektor tätig, habe viele Fachgebiete abdecken müssen. Aber wir haben in kurzer Zeit die Abläufe, Abstände, eine Mannschaft mit neuen Spielern kreiert, mit meinen Vorstellungen. Das auch noch erfolgreich – es ist nicht Irgendwas, wenn man die Gruppenphase übersteht und zwei Mal Feyenoord schlägt – das war eine Wahnsinnszeit. Wir haben trotz Corona und Dauerbelastung nie gejammert, wollten das und haben es richtig gut überstanden. Die Trennung verstehe ich. Für viele war es überraschend, für mich weniger. Die Planungen für die Zukunft waren nicht mehr die gleichen vom Verein und mir. Ich habe gesagt, dass es wenig Sinn macht, wenn wir noch zwei Monate warten. Nein, da störe ich vielleicht in der Entwicklung. Das Thema, dass Spieler rebelliert, sich duelliert haben, haben die Medien sehr gerne aufgenommen und Dinge veröffentlicht, die mich amüsiert haben. Wir hatten eine funktionierende Mannschaft, sonst hätten wir nie diese Erfolge gehabt. Da war nicht viel schlecht. Dann sind ein paar Dinge passiert. Wir hatten damals Probleme, zu viele Gegentore, nicht den erhofften Punkteschnitt, nicht viele Torchancen - für mich und das Trainerteam war es dann die Entscheidung, Akzente zu setzen. Ich habe mich nicht für den einfachen Weg entschieden, weil ich nicht zufrieden war mit Platz 5 und 6. Ich wollte rauf. Ich habe dann Entscheidungen getroffen, die sicher nicht einfach waren, aber schlussendlich ist es so zustande gekommen. Trotzdem war die Trennung einwandfrei, es war alles ausgesprochen – mehr war es nicht. Alles andere war mehr Spektakel von den Medien.

... "Mehr als ein Trainer" beim WAC, der lieber alles selber macht oder delegiert:

Ich kann schon gut delegieren. Meine Frau behauptet das, die kann ich ganz gut einteilen. Ich habe auch beim WAC schon ein größeres Trainerteam gehabt, aber hier ist es in einem ganz anderen Ausmaß. Es ist schön, wenn ich dadurch mehr Zeit für die Menschen, Spieler und Angestellten habe, ich mich mit ihnen befassen und sie weiterentwickeln kann.

....über die geplante durchgängige Philosophie, die Rapid gefehlt hat:

Es geht um Wiederkennungsmermale, eine Handschrift, Signatur, die man erkennt. Es wird dauern, ganz klar. Aber wir sind uns alle einig, dass wir das angehen, das Projekt dahinter durchgängig machen, dass langfristig gedacht wird – das hat mich noch mehr überzeugt, das ist sicher auch kein Nachteil. Wie wir dann agieren werden? Natürlich wollen wir Dominanz ausstrahlen, den Gegner bespielen. Mir gehts um Lösungen, es ist nicht immer die beste Lösung nach vier Sekunden aufs Tor zu schießen, da gehört mehr dazu. Dafür ist das Spiel zu komplex. Wir brauchen Lösungen in allen Phasen des Spiels, wir müssen als Schwarm auftreten, einheitlich denken. Dann ist mit dieser Qualität einiges möglich. Ich würde nicht da sitzen, wenn ich von der Qualität der Spieler nicht überzeugt wäre. Gegen Ried war es ein Schritt in die richtige Richtung. Es laufen 15 Verträge aus. Ich glaube, das war auch ein Kriterium, warum die Wahl auf mich gefallen ist, weil ich das jedes Jahr bei den bisherigen Stationen gehabt habe.

...eine positive Einstellung trotz der Hausnummer Rapid, Druck und Störfeuern:

Zuversichtlich macht mich, dass wir gemeinsam denken, eine Idee haben und an einem Strang ziehen. Das stimmt mich eigentlich sehr positiv.

...den sofortigen Einstieg, obwohl die Gefahr besteht, mit einer Derby-Niederlage um dem Europacup-Aus früh "verbrannt" zu werden:

Ich will vorerst nur Inputs geben und beobachten. Weil ich jetzt alles aufsaugen und kennenlernen. In meiner aktuellen Phase ist der Energielevel voll, den Jungs das gewisse Etwas mitzugeben für drei Punkte. Worauf sollen wir warten? Wir kennen unsere Strategie. Jeder Tag, jede Stunde ist eine gewonnene Zeit. Das bringt uns längerfristig mehr, als wenn ich später gekommen wäre.

...Trainer-Guru und Vorbild Ivica Osim, von dem er bei Sturm Graz lernen durfte:

Die Zeiten haben sich geändert, wir haben noch keine Pulsuhren oder GPS gehabt, wir haben einfach länger trainiert. Osim war damals schon seiner Zeit voraus, wie er den Fußball gesehen hat, wir er es uns gezeigt und das eingefordert hat, war schon beeindruckend. Aber er war sicher nicht der Einzige, von dem ich etwas mitgenommen habe. Ich habe viele Profi-und Jugend-Trainer genossen, die einen prägen. Wenn ich an Rapid denke, war Lothar Matthäus da, dann Hickersberger. Ich bin ein Typ, der probiert, von jedem Menschen das Beste mitzunehmen. Das probiere ich einfach umzusetzen.

...über die schönsten Rapid-Erinnerungen inklusive Meister-Tor 2005:

Es gibt unschiedliche, ich habe auch eine schwere Verletzung gehabt. Das passt ganz gut, was ich heute den Spieler gesagt habe. Ich fordere von ihnen schon eine Gewinnermentalität. Die brauche ich einfach, um das zu sein, das zu bilden, woran ich glaube. Ich nenne es einfach „ein Champion zu sein“. Es gibt wenige, die ohne Rückschläge, etwas gewonnen haben. Da gilt es, etwas vorzuleben, das einzufordern. Wenn ich sehe, wie viele Verletzte gerade unterwegs sind – die wären froh zu spielen. Das vergisst man oft, wie schön man es hat, wenn man sein Hobby zum Beruf machen kann und es schätzen lernt. Ich habe es damals auch geschafft nach einer wirklich schweren Verletzung (Anm.: Knöchelbruch, Wadenbeinbruch), wieder zurückzukommen. Das Tor zum Meistertitel 2005 war dann ein unglaublich magischer Moment bei Admira, daran erinnere ich mich schon gerne.

...Spitzensport und wie er das an seine Kinder (Tochter ist Voltigier-Weltmeisterin, Sohn in der U15 der RB-Akademie) weitergibt:

Spitzensport bedeutet Schmerzen, viel Verzicht, viel Aufwand, aber man bekommt auch viel zurück, wenn man täglich was macht, wovon man überzeugt ist. Meine Herangehensweise ist so, dass meine Kinder sehr selbständig entscheiden und ich unterstützend agiere und sie begeleite, erwachsen und selbständige Personen zu werden.

Kommentare