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Schösswendter: "Tue mir schwer, von 'Karriere' zu sprechen"

In wenigen Wochen beendet der 34-Jährige seine aktive Karriere bei Blau-Weiß Linz und wird dort künftig als Sportdirektor fungieren. LAOLA1 fragt nach:

Schösswendter: Foto: © GEPA

Der FC Blau-Weiß Linz kämpft aktuell um den Aufstieg in die Admiral Bundesliga. Am Wochenende musste man gegen den SV Horn eine bittere Niederlage hinnehmen, die Titel-Ambitionen erhielten einen herben Dämpfer. Die Tabelle der 2. Liga>>>

Coach Gerald Scheiblehner meinte danach nur konsterniert: "So unglaublich kann der Fußball sein". Hautnah miterlebt hat den unerfreulichen Ausrutscher im Titelrennen Routinier Christoph Schösswendter. 

Der 34-Jährige spielt seine letzte Profi-Saison und wird in wenigen Wochen seine aktive Laufbahn beenden. Danach wird er den nach St. Pölten abwandernden Sportdirektor Tino Wawra in dessen Funktion beerben. 

Doch schon jetzt ist Schösswendter voll in seiner neuen Aufgabe angekommen, wie er im LAOLA1-Interview verrät. Die Kaderplanung für die kommende Saison läuft schon voll über ihn und ganz ohne Wawra.

Außerdem schildert er, wie es dazu kam, dass gerade er den langjährigen und erfolgreichen Sportdirektor beerbt. Zudem findet er emotionale und authentische Worte zu seinen letzten Tagen als Profi-Kicker.

LAOLA1: Ab Sommer übernimmst du offiziell als Sportdirektor bei Blau-Weiß Linz. Wie läuft die Vorbereitung auf deinen neuen Job?

Christoph Schösswendter: Die Vorbereitung ist seit dem ersten Tag sehr intensiv. Seit es offiziell ist, wende ich bis einen Tag vor dem Spiel fast jede freie Minute dafür auf, in die diversen Prozesse hineinzufinden. Ich habe da glücklicherweise auch immer die Unterstützung von Tino Wawra, der mich in gewisse Dinge einarbeitet. Neben alledem stehen natürlich auch noch viele Termine mit Agenturen, Beratern und unserem Trainer an, weil die Kaderplanung viel Zeit benötigt. Da wir für die Bundesliga und die 2. Liga planen müssen, ist der Aufwand noch ein wenig größer. Aber wir sind sehr froh, in einer solchen Position sein zu dürfen.

LAOLA1: Das heißt, du bist schon voll in die Planung für die kommende Saison involviert. Wie gestaltet sich die Zusammenarbeit mit deinem Vorgänger Tino Wawra? Wer hat von euch welche Kompetenzen oder entscheidet ihr alles gemeinsam?

Schösswendter: Was die kommende Saison betrifft, hat Tino keinen Einfluss mehr in die Kaderplanung, weil er dann ja nicht mehr hier ist. Das liegt bei Trainer Gerald Scheiblehner und mir in Kombination mit Christoph Peschek. Tino kümmert sich mehr um Vertragsangelegenheiten, Anmeldungen von Spielern und Prozesse wie diese. Das arbeite ich aktuell gemeinsam mit ihm durch. Aber was das Sportliche betrifft, ist er nicht mehr involviert.

"Was die kommende Saison betrifft, hat Tino keinen Einfluss mehr in die Kaderplanung."

Christoph Schösswendter über die Rolle des scheidenden Tino Wawra.

LAOLA1: Im Vorfeld wurden medial ja viele Namen als potenzielle neue Sportdirektoren genannt, nur deiner ist kaum einmal gefallen. Wie lange war es schon ein Thema, dass du Tino Wawra nachfolgst?

Schösswendter: Das war eigentlich von Beginn weg ein Thema. Ich war von Anfang an einer der Kandidaten. Zunächst war es so, dass man mich von Vereinsseite gefragt hat, ob ich mir das vorstellen kann. Es ist ja doch ein großer Schritt, direkt von der Spielerkarriere auf den Posten als Sportdirektor zu wechseln. In der ersten Phase habe ich mich sehr, sehr viel mit Tino ausgetauscht und zwei, drei anderen Leuten aus dem Business, die ich kenne. Dabei habe ich mir einmal grundlegende Informationen eingeholt, um für mich einschätzen zu können, was der Posten als Sportdirektor bedeutet und was da auf mich zukommt. Parallel dazu wurden auch mit anderen Kandidaten Gespräche geführt. Nach relativ kurzer Zeit war dann für mich aber klar, auch dank der Unterstützung von Gerald Scheiblehner und Christoph Peschek, dass es machbar ist. In den Hearings mit dem Vorstand und Christoph Peschek hat sich dann herausgestellt, dass das eine sehr gute Lösung für den Verein werden kann. Ich bin sehr froh und dankbar, dass die Entscheidung am Ende auf mich gefallen ist.

LAOLA1: Mit Fally Mayulu zu Rapid und Matthias Seidl, der zu Sturm gehen soll, stehen euch Abgänge von sehr wichtigen Spielern bevor. Wie will man die kompensieren, insbesondere wenn man aufsteigt?

Schösswendter: Grundsätzlich äußern wir uns zu Transfergerüchten nicht, erst wenn die Tinte trocken ist. Aber neben den beiden darf man außerdem nicht auf Lukas Tursch vergessen, der mit seinem Kreuzbandriss bis Jänner fehlen wird. Da haben wir drei Positionen, die bei uns ganz klar oberste Priorität genießen. Wir haben das Glück, dass der Stamm des Kaders nächste Saison sowohl für die erste, als auch für die zweite Liga Verträge hat. Das Grundgerüst ist also da. Bei den drei genannten Positionen muss man jetzt natürlich schauen, was für die 2. Liga möglich ist und uns weiterhilft, falls es mit dem Aufstieg nichts wird. Sollte es aber klappen, ist die Bundesliga natürlich wieder ein anderes Thema. Da werden wir noch ein bisschen mehr Qualität brauchen. Wir sind derzeit intensiv auf der Suche und haben für uns eine sehr gute Liste aufgestellt mit interessanten Namen, von jungen Spieler bis hin zu solchen mit Bundesligaerfahrung. Aktuell ist es eine Vorbereitung bis hin zu dem Tag, wo wir dann wissen, in welche Richtung es gehen wird. Es ist derzeit natürlich noch schwer, mit einem Spieler in Vertragsverhandlungen für die Bundesliga zu gehen und ihm dann vielleicht in zwei Wochen sagen zu müssen, dass wir nächste Saison doch nicht oben spielen und die Gespräche eigentlich "umsonst" waren. Insofern ist es derzeit die Phase der Vorbereitung mit dem Ziel, dass wir dann bald etwas verkünden können, sobald wir wissen, wo wir nächstes Jahr spielen.

Fally Mayulu zieht es zu Rapid, Schösswendter schmiedet bereits Pläne, um ihn zu ersetzen.
Foto: © GEPA

LAOLA1: Du hast es bereits angeschnitten: In welchen Mannschaftsteilen will man sich bei einem Aufstieg konkret verstärken?

Schösswendter: Aus meiner Sicht ist die wichtigste Position jene des Innenverteidigers. Aufgrund der Verletzung von Tursch und auch, weil ich meine Karriere beende. Da fallen schon einmal zwei Spieler auf dieser Position weg. Da liegt im Moment mein Hauptaugenmerk. Außerdem habe ich noch die beiden Halbstürmerpositionen im Fokus. Wobei wir hier mit Paul Mensah einen Spieler mit enormer Qualität haben. Er hat bisher eine super Saison gespielt. Er ist auch ein paar Mal von der Bank gekommen, aber das hatte nicht unbedingt sportliche Gründe. Das sind zunächst die drei Hauptpositionen, wo wir nach Verstärkungen suchen. Rundherum halten wir je nach Ligazugehörigkeit auch die Augen offen. Da wollen wir in der Breite Qualität dazubekommen.

LAOLA1: Noch drei Spieltage, dann ist deine Karriere beendet. Wie fühlst du dich, wenn du darüber nachdenkst, dass du so ein langer und prägender Lebensabschnitt zu Ende geht?

Schösswendter: Es ist sehr, sehr emotional, das habe ich in den letzten drei Spielen schon bemerkt. Ich bin jetzt in meinem 16. Profi-Jahr, was eine überdurchschnittlich lange Zeit ist. Ich bin sehr froh, dass ich von gröberen Verletzungen verschont geblieben bin und mit meiner Familie alles machen kann, sei es Skifahren oder Bergsteigen. Das Ende ist jetzt in Sicht und die Tage werden immer weniger. Ich spiele Fußball seit ich fünf Jahre alt bin und seit meinem sechsten Lebensjahr im Verein. In meinem ganzen Leben hat es nichts anderes als Fußball gegeben. Ich habe dem alles untergeordnet. Ich war nie einer der Talentiertesten, sondern immer jemand, der Vieles mit der nötigen Einstellung und dem nötigen Biss geschafft hat. Aktuell genieße ich die Zeit als Spieler aber noch extrem, speziell jetzt in dieser Situation, wo wir um den Aufstieg kämpfen. Es ist natürlich sehr schön, dabei mithelfen zu können. Für mich wäre es das Schönste, so aufzuhören. Danach wartet ein ganz anderes Leben auf mich, abseits vom Sport. Ich kann mich glücklich schätzen, diese Chance bekommen zu haben, weiter im Profifußball zu bleiben. Das war mein großes Ziel. Jeder weiß, wie wenige Plätze es für Trainer oder Sportdirektoren gibt. Ich merke Tag für Tag, wie sehr ich für meine neue Aufgabe brenne und dass da die gleiche Leidenschaft vorherrscht, wie als Spieler. Es gibt nichts Schöneres, wenn du nach der Karriere einen Job hast, für den so brennst.

LAOLA1: Gibt es schon Pläne für eine offizielle Verabschiedung bei deinem letzten Spiel?

Schösswendter: Ich habe keine Ahnung, was da geplant ist, aber ich war nie der Typ, der so viel auf sich hält. Für mich ist wichtig, dass bei meinem letzten Spiel meine Familie da sein wird. Mein Vater, mein Onkel, meine Frau - sie waren von Tag eins mit dabei. Mein Vater ist zu jedem Spiel gekommen, seit ich Profi bin. Er ist quer durch ganz Österreich gefahren, egal wo ich gespielt habe. Als ich in Berlin war, ist er mit meinem Onkel und meinem Bruder auch dort hingeflogen. Sie waren immer dabei. Es freut mich, wenn sie zum Abschluss dann alle nochmal da sein werden und wir alle gemeinsam den Haken drunter machen. Ob es eine Verabschiedung gibt oder nicht, ist mir nicht so wichtig. Das Wichtigste ist für mich, dass wir am Ende die Schale in der Hand haben.

Noch zwei Spiele lang hält Schösswendter seine Knochen für die Blau-Weißen hin.
Foto: © GEPA

LAOLA1: Solltet ihr Meister werden: Wäre das dann dein Karriere-Highlight oder gibt es noch etwas anderes, das über dem steht?

Schösswendter: Es wäre auf jeden Fall ein krönender Abschluss, ich denke, das kann man so sagen. Ich bin sehr zufrieden mit dem Verlauf meiner aktiven Laufbahn. Ich tue mir immer ein bisschen schwer, da von einer Karriere zu sprechen. Für mich sind die, die im Sport eine große Karriere gemacht haben, im internationalen Fußball unterwegs. Ich denke da beispielsweise an Zlatko Junuzovic oder Andi Ulmer, die alles abgesahnt und im Nationalteam gespielt haben. Von dem her bin ich da eigentlich nicht der Rede wert. Ich bin extrem froh, dass ich so lange Profi war. Es war überwiegend eine unfassbar schöne Zeit mit richtig geilen Erfahrungen. Aber sollten wir tatsächlich Meister werden, dann wäre es ein Märchen, dessen Ende man nicht schöner hätte schreiben können.

LAOLA1: Was aus deiner Spielerkarriere nimmst du mit in deine neue Funktion?

Schösswendter: Ich habe in den letzten Jahren ja nicht nur Erfahrungen mit Mitspielern gemacht, sondern auch mit vielen Trainern, Sportdirektoren und Angestellten von Vereinen. Es gibt Trainer, von denen du viele gute Dinge mitnimmst, aber natürlich auch welche, wo ich Dinge miterlebt habe, bei denen ich mir gedacht habe: Das würde ich nie im Leben so machen. Das Gleiche gilt auch für den Sportdirektor-Posten. Ich habe dabei einfach bemerkt, dass bei den Vereinen, wo es gut gelaufen ist, die Stimmung richtig gut war und auch die Mannschaft funktioniert hat, ein Trainerteam da war, das genau so gedacht hat. Und da war dann auch ein Sportdirektor da, der für die Mannschaft greifbar war. Der den Spielern auch das Gefühl gegeben hat, dass er für sie da ist. Er hat den Spielern das Gefühl vermittelt: "Ich bin zwar ein Angestellter des Vereins, aber ich bin auch dafür da, euch Spieler weiterzubringen." Am Ende des Tages ist es das Ziel von uns als Verein, jungen Spielern eine Plattform zu bieten und ihnen ein Weiterkommen zu ermöglichen. Da kann ich aufgrund meiner gemachten Erfahrungen für die Spieler sicher eine Hilfe und ein Ansprechpartner sein, wenn es einmal eine schwierige Situation gibt. Bei uns war es im Herbst ja auch so, dass wir uns selbst sehr viel Druck auferlegt haben, weil wir unbedingt Meister werden wollten und dann startest du die ersten zehn Runden sehr bescheiden hinein. Man sitzt dann in der Kabine und hinterfragt sich, was schief gelaufen ist und was man falsch gemacht hat. Ich glaube, da haben wir gezeigt, wie man da heraus kommen kann. So ist auch mein Ansatz in meiner neuen Funktion. Ich weiß natürlich, dass ich in erster Linie auf den Verein schauen muss, dass es dem Verein gut geht und die sportliche Entwicklung passt. Aber ich will auf keinen Fall die sehr enge Zusammenarbeit mit dem Trainerteam und den Spielern zu kurz kommen lassen und diese Menschlichkeit nicht verlieren. Ich möchte so gut es geht ehrlich und offen bleiben. Ich bin jemand, und das ist mir auch schon das eine oder andere Mal auf den Kopf gefallen, der auch ehrlich bleibt, wenn es einmal unangenehm ist. Ich bin davon überzeugt, dass es niemandem hilft, wenn man seinem Gegenüber ins Gesicht lügt. Der Betroffene wird es am Ende des Tages ohnehin einmal erfahren.


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