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Andi Heraf: "Was andere Leute denken, ist mir wurscht"

Der Bregenz-Trainer über sein Engagement bei den Schwarz-Weißen, Auffassungsunterschiede mit Funktionären und das Derby gegen die Rothosen.

Andi Heraf: Foto: © GEPA

Schwarz-Weiß Bregenz trifft am Freitag im Ländle-Derby auswärts auf den FC Dornbirn (ab 20:30 im LIVE-Stream >>>). Mit den Schwarz-Weißen hat Trainer Andreas Heraf (55) die Rückkehr in den Profifußball geschafft. Eine "brutale Aufgabe", wie er selbst sagt.

In Bregenz ist es heiß, die Hitzewelle lässt auch vom westlichsten Bundesland nicht ab. Heraf hat das Vormittagstraining deshalb bereits um 9 Uhr angesetzt. Das Interview mit LAOLA1 führt er mittags, im Schatten der obersten Sitzreihen im Bodenseestadion lässt es sich auch bei 30 Grad aushalten.

Der Bodensee ist in Sichtweite, Kinder planschen im Strandbad, das neben dem Stadion liegt. Der Trainingsplatz hinter der Gegengerade wird gerade gewässert. Dort grünt der Rasen sehr grün, der Trainer wirkt zufrieden.

LAOLA1: Herr Heraf - Vier Spieltage sind seit dem Aufstieg vergangen. Mit zwei Siegen gegen die Vienna und Amstetten ist man super gestartet, musste zuletzt zwei Niederlagen gegen die KSV und Liefering hinnehmen. Was zieht man da als Aufsteiger für eine Bilanz? 

Andreas Heraf: Wenn man die Punkte hernimmt, dann kann man als Aufsteiger vielleicht zufrieden sein und sagen "Sauberer Start in diese neue Ära". Im Nachhinein trauere ich den Punkten nach. Wir waren eigentlich in allen vier Spielen die bessere Mannschaft, hätten alle vier Spiele gewinnen können. Deshalb waren die Resultate etwas enttäuschend. Aber wie gesagt, wir waren auch in den Spielen, die wir verloren haben, die bessere Mannschaft. Das tut ganz gut, als Aufsteiger zu wissen, dass man mit jedem mitspielen kann. Wir zahlen trotzdem - speziell in den letzten beiden Spielen - brutales Lehrgeld für Fehler, die man in dieser Liga nicht machen darf. 

LAOLA1: Wie erklären Sie sich, dass man diese Fehler dann eben doch macht? Zum Beispiel im Spiel gegen Liefering: Da waren es zwei lange Bälle, die dem Gegner für zwei Tore gereicht haben. Mangelnde Routine ist das bei Ihren Spielern wahrscheinlich nicht, oder? 

Heraf: Nein, das glaube ich nicht. Das erste war klar ein individueller Fehler eines Spielers, der einfach seine Aufgabe beim Eckball vergessen hat. Fußball ist ein Spiel des Zufalls. Wer mich kennt, weiß, dass ich versuche, dem Zufall so wenig Möglichkeiten zu geben wie es geht. Den versuche ich speziell bei Standardsituationen auszuräumen. Wir sind in dieser Saison bis jetzt sehr gut damit durchgekommen, außer wenn individuelle Fehler passieren. Und die sind menschlich, leider. Darum ist es schade - aber es passiert. 

Geballte Faust: Aufstieg geschafft, solider Start in die Saison - bislang gab es Grund zur Freude für Heraf
Foto: © GEPA

LAOLA1: Schon vor der Saison hieß es: "In Bregenz, da gibt es ein bisschen Euphorie. In Bregenz, da hat man sich wieder nach Profifußball gesehnt". In den ersten zwei Runden waren insgesamt 3200 Zuschauer im Stadion. So einen Zuschauerschnitt hat man die letzten zehn Jahre hier nie gehabt. Natürlich, da war man auch in niedrigeren Spielklassen. Aber merkt man so ein bisschen, dass eine Euphorie da ist? 

Heraf: Ich kann gar nicht sagen, ob sich die Bregenzer oder die Stadt oder wer auch immer danach gesehnt hat, wieder nach oben zu kommen. Aber man ist es gewohnt. Der Verein hat eine große Tradition. Es ist 18 Jahre her, dass man Bundesliga gespielt hat – klar nimmt man das gerne mit, wenn man aus der Stadt kommt. Euphorie? Das ist ein bisschen zu hoch gegriffen für mich. Aber es gibt eine Neugier und man freut sich mit uns, dass wir es geschafft haben. Euphorie ist nochmal etwas anderes. Aber es bewegt sich etwas und man merkt, dass sich etwas bewegt. 

LAOLA1: Es heißt ja immer, der Sprung von der Regionalliga - gerade von der Regionalliga West, die es so ja nicht wirklich gegeben hat die letzten Jahre - in die 2. Liga, der ist schon groß. Können Sie das bestätigen? 

Heraf: Kann ich bestätigen. Selbst als es die RLW noch gegeben hat, war sie meistens die Schwächste der drei Regionalligen. Umso größer ist der Schritt für denjenigen, der den Sprung nach oben schafft. Aber unser Vorteil ist: Wir haben eine sehr erfahrene Mannschaft - vielleicht nicht, was die Liga betrifft, aber was die Spieler betrifft. Ich habe keine ganz jungen Spieler, für die das komplettes Neuland ist, somit haben sich die Jungs relativ schnell auch angepasst. Und ich habe den Stamm der Regionalliga-Mannschaft mitgenommen. Die wissen, was ich verlange. Somit war dieser Schritt schon groß. Aber nicht so groß, wie man es vielleicht befürchtet hat. 

LAOLA1: Der Stamm ist geblieben. Dennoch hat man - wie fast alle Teams in der Liga - personell wieder viele Veränderungen durchgemacht. Sie haben einige recht erfahrene Spieler dazu gekriegt. War das in diesem Fall auch einfach notwendig? Viele haben ja letztes Jahr schon gemeint: "Mit dem Kader muss Bregenz aufsteigen. Die haben eigentlich einen Zweitliga-Kader."

Heraf: (lacht) Das kann ich ganz klar ausschließen. Unser Kader war definitiv nicht zweitligatauglich. Ich habe es selbst mitbekommen, ganz viele haben gesagt, mit der Mannschaft muss man aufsteigen. Meine Gegenfrage war immer: "Wieso hat man dann in der Eliteliga gegen den VfB Hohenems 1:5 und 0:2 verloren?“ Dann habe ich keine Gegenargumente mehr gehört. Wir waren auch in den Playoffs mit Sicherheit nicht die beste Mannschaft. Der Kader war meiner Meinung nach nicht einmal unter den Top drei. Ich glaube, dass Hohenems, Pinzgau-Saalfelden und Bischofshofen besser aufgestellt waren. Aber wir haben die besten Performances geliefert. Und ob es notwendig war, Erfahrung zu holen? Man darf nicht vergessen, wir sind ein Aufsteiger. Wir haben auch nicht diese finanziellen Mittel, wie viele annehmen. Wir haben uns auf dem Transfermarkt umgeschaut, da kriegst du dann eh nur das, was für dich überbleibt. Ein Spieler, den sonst jemand auch will, wird dir weggenommen, weil der andere mehr bezahlt. Mit den Jungs, die ich gekriegt habe, bin ich sehr zufrieden. Der eine oder andere hat den Schritt wahrscheinlich auch nur gemacht, weil wir uns aus der Vergangenheit kennen und eine Beziehungsbasis da war.

Alter Bekannter von Türkgücü: Heraf holte Keeper Flückinger nach Bregenz
Foto: © GEPA

LAOLA1: Dass Sie überhaupt in Bregenz gelandet sind, kam für viele überraschend. Weil natürlich auch der Rauswurf von ihrem Vorgänger Roman Ellensohn sehr überraschend kam (Ellensohn teilt gegen Ex-Klub aus >>>). Wieso haben Sie sich damals entschieden, nach Bregenz zu kommen?

Heraf: Der Ausgangspunkt war ein sehr, sehr gutes Gespräch - zuerst mit Sportdirektor Predrag Zivanovic und danach mit dem Vorstand. Ich habe gespürt, dass der Verein das große Ziel hat aufzusteigen und dass man mich auf diesem Weg unterstützen möchte. Und dann habe ich mir gedacht: In Vorarlberg war ich vor 20 Jahren schon mal bei Austria Lustenau. Das hat mir extrem gut gefallen, ich habe mich sehr wohlgefühlt in Vorarlberg. Bregenz ist eine wunderschöne Stadt. Von der Lebensqualität her und von den Zielen des Vereins hat es einfach so gepasst, dass ich gesagt habe "He, das machst du und investierst alles, um das große Ziel zu erreichen" - und das ist alles aufgegangen. 

"Euphorie ist ein bisschen hochgegriffen. Aber es gibt eine Neugier und man freut sich mit uns, dass wir es geschafft haben. Es bewegt sich etwas und man merkt, dass sich etwas bewegt."

Andreas Heraf, über den Aufstieg

LAOLA1: Aber überspitzt gesagt: Nach einer lohnenden Aufgabe klingt das nicht. Wenn sie den Aufstieg nicht geschafft hätten, hätte jeder gesagt: "Haha, der Heraf schafft das nicht mit dem Kader." Und wenn sie es schaffen, dann sagt jeder "Ja eh klar, muss er ja." 

Heraf: Das unterschreibe ich so. War mir aber egal. Weil mir das eigentlich wurscht ist, was andere Leute denken (lacht). Aber es war klar, dass der Gedankengang vieler Menschen so ist, die halt keinen Einblick in die ganze Sache gehabt haben. Es war eine brutale Aufgabe und es war sehr, sehr schwierig, am Ende als Meister dazustehen. Umso mehr freut es mich, weil es wirklich eine große Leistung war, von allen. Und es hat großer Arbeit bedurft, das Ganze zu erreichen. Ich musste am Anfang einmal wirklich - ich sage das Wort nicht gerne - aber ich musste "aufräumen". Schauen: Wer ist bereit, für uns auf dem Platz sein Leben zu lassen, um dieses Ziel zu erreichen? Und da waren nicht alle dazu bereit. Erst nach diesem Aufräumen hat sich eine Mannschaft herauskristallisiert, wo ich gewusst habe: Mit der können wir es schaffen. 

LAOLA1: Wenn man sich Ihre letzten Trainerstationen anschaut: Da war der FAC in der 2. Liga, dann Bundesliga bei der SV Ried, 3. Liga bei Türkgücü München. Hat sich das nicht wie ein Rückschritt angefühlt, wenn man dann in den Vorarlberger Amateurfußball geht? 

Heraf: Als Rückschritt habe ich es nicht gesehen. Aber es war eine brutale Umstellung, weil ich plötzlich damit konfrontiert war, dass Spieler arbeiten gehen, wir keinen eigenen Kunstrasen hatten und uns Plätze mit anderen teilen mussten. Das war so, dass ich dann um 20:00 trainiert habe. Und das war für mich unvorstellbar – und ist Gott sei Dank jetzt wieder vorbei. Aber Rückschritt? Nein, ist es nicht. Denn ich habe festgestellt: Es ist egal, ob du in Deutschland im Profibereich oder in Ried in der ersten Liga oder in Bregenz tätig bist - meine Arbeit bleibt immer gleich. Der Aufwand, den ich betreibe, der ist gleich. Und deshalb: Was andere über mich denken oder über den Job des Trainers denken, ist mir eigentlich egal. Ich weiß, welchem Aufwand es bedarf, und den bin ich bereit zu leisten. Und da ist es mir egal, in welcher Liga es ist.

"Was andere über mich denken oder über den Job des Trainers denken, ist mir eigentlich egal."

Andreas Heraf

LAOLA1: Sie sagen, Sie sind hergekommen und haben zuerst mal "aufräumen" müssen. Das ist etwas, was mitunter nicht unbedingt nur gut ankommen kann (Heraf: "Gar nicht!"). Bei Türkgücü konnten Sie wenig dafür, dass das Engagement geendet hat (Anm.: Der Verein war insolvent und stellte im März 2022 den Spielbetrieb ein). Aber davor, beim FAC und bei Ried, war bei der Trennung jeweils von "Auffassungsunterschieden" die Rede. Würden Sie sagen, dass viele Funktionäre mit ihrer Art nicht klarkommen? 

Heraf: Hundertprozentig. Es ist ganz einfach so, dass ich sehr geradlinig bin. Ich höre auch oft, ich sei unbequem. Das ist für mich komplett das falsche Wort. Das Problem ist, das betrifft die heutige Gesellschaft extrem: Man hört die Wahrheit nicht gerne, denn die Wahrheit kann wehtun. Und ich bin jemand, der die Wahrheit knallhart auf den Tisch legt. Weil ich der Meinung bin: Hinten herum, das bringt nichts. Wenn Sie die Trainer-Stationen hernehmen, die Sie jetzt angesprochen haben: Die waren alle sehr erfolgreich. Sie waren alle sehr erfolgreich - wenn man mich machen lassen hat. So wie hier in Bregenz und auch in Ried. Ich habe Ried souverän vor dem Abstieg gerettet und auf den dritten Tabellenplatz geführt. Jetzt ist Ried eine Liga weiter unten. Man wollte nicht auf mich hören und hat einen anderen Weg gewählt. Ich werde mich auch nicht mehr ändern, ich bin 55. Ich werde immer das sagen, was das Beste für eine Mannschaft oder für einen Verein ist.

Ich habe auch dem Verein hier in Bregenz sagen müssen, dass wir mit gewissen Spielern unser Ziel nicht erreichen werden. Und man hat mir vertraut. Am Anfang war man skeptisch, am Ende hat man gesagt "Du hast alles richtig gemacht und du hast recht gehabt". Und das hat mich auch sehr gefreut. Dass das bei manchen nicht gut ankommt, ist selbstverständlich. Wenn man jemandem sagt "Es reicht nicht, um bei uns zu spielen", dann tut das weh. Das verstehe ich. Aber es bringt niemandem was, wenn ich jemanden laufen lasse, nur weil er mir sympathisch ist. Wer mich kennt, weiß, dass ich nur auf Leistung gehe. Das ist Profifußball, Profifußball ist Leistungssport – und der wird an Resultaten gemessen. Das ist auch ein Punkt, wo viele mit mir nicht übereinstimmen.

Im Profifußball zählen für mich Resultate. Wenn du keine Resultate lieferst, bist du schneller weg, als du glaubst. Und wenn mir jemand sagt - das war auch ein Auffassungsunterschied in Ried - dass 5000 Pässe oder 17.000 Flanken oder keine Ahnung wie viel Prozent Ballbesitz wichtiger sind als das Resultat, dann reden wir von einem Auffassungsunterschied. Da ist auch nichts dagegen zu sagen. Es darf jeder seine Meinung haben. Nochmal: Ich war Dritter in der ersten Liga, jetzt ist Ried in der zweiten Liga. Ich denke noch immer, dass meine Auffassung die bessere gewesen wäre.

"Ich habe Ried souverän vor dem Abstieg gerettet und auf den dritten Tabellenplatz geführt. Jetzt ist Ried eine Liga weiter unten. Man wollte nicht auf mich hören und hat einen anderen Weg gewählt."

Andreas Heraf, über die Arbeit bei seinem Ex-Klub

LAOLA1: Fußball ist ein Ergebnissport. Mit Ihnen wird ja oftmals Defensivfußball verbunden. Auf Social Media und in Foren liest man dann den Begriff "Andi Heraf Masterclass", so ein bisschen als sarkastische Metapher dafür, dass man Wert auf die Defensive legt, vielleicht auch zu defensiv ist. Sie haben gesagt: "Mir ist eigentlich wurscht, was andere denken". In der Hinsicht auch? Oder stört Sie das, wenn andere sagen "Der Andi Heraf, der parkt nur den Bus"? 

Heraf: Man muss sich die Spiele anschauen - dann weiß man, dass es nicht so ist. Wir hätten alle vier Spiele gewinnen können, haben auch noch mehrere hundertprozentige Chancen vergeben. Wenn man nur den Bus parkt, kommt man nicht zu solchen Chancen. Was ich für mich in Anspruch nehme, ist das Faktum, dass die Offensive Spiele gewinnt, aber die Defensive Meisterschaften gewinnt. Davon werde ich mein Leben lang nicht abrücken. Und wenn jemand der Meinung ist, dass es schlecht ist, einen Fokus auf die Defensive zu legen, dann hat er von dem Spiel keine Ahnung. Es gehört zum Fußball und zu vielen Sportarten eine Offensive und eine Defensive genauso dazu. In welcher Balance man sich das dann aussucht, ist jedem selbst überlassen. Aber, nein, das stört mich nicht. Das ist mir völlig wurscht. 

LAOLA1: Freitag, fünfte Runde - Vorarlberger Derby in der 2. Liga gegen Dornbirn. Vor einigen Wochen haben Sie bei "Vorarlberg Live" gesagt, sie gehen relativ entspannt in das Spiel. Spürt man jetzt so langsam, dass das Derby ansteht? Der gemeine Vorarlberger ist ja nicht unbedingt jemand, der zu überschwänglicher Euphorie neigt.

Heraf: Es ist relativ entspannt, das wird bei mir so bleiben. Wir wollen jedes Match gewinnen, also wollen wir auch dieses Spiel gewinnen, keine Frage. Ich weiß natürlich, dass Derbys für die Menschen in den Vereinen eine Bedeutung haben. Und somit wird diese Brisanz dann, sobald das Match angepfiffen ist, da sein. Aber es geht nach wie vor um drei Punkte und nichts anderes. Darum werden wir uns ganz normal auf Dornbirn vorbereiten.

Keine Ausreden: Für Heraf zählt im Fußball nur Leistung
Foto: © GEPA

LAOLA1: Gerade auch vor Ihrer Zeit in Bregenz galt der FC Dornbirn für SW Bregenz als eine Art Vorbild, wenn man mal aufsteigt. Halbprofitum - wie zunächst in Dornbirn - ist es dann zwar doch nicht geworden. Würden Sie dennoch sagen, dass der FC Dornbirn, weil der Klub jetzt einfach schon ein paar Jahre in der Liga ist - einen Vorteil hat oder als Vorbild gilt? 

Heraf: Das sind ja zwei unterschiedliche Fragen. 

LAOLA1: Dann machen wir zwei Fragen draus.

Heraf: Vorteil? Hundertprozentig. Weil sie es einfach geschafft haben, sich in der Liga zu etablieren. Was nicht einfach war, weil natürlich die Mittel in Dornbirn auch nicht so sind, dass man sich eine Mannschaft kauft, die locker in der Liga bleibt. Da wird das Ganze dann auch zum Vorbild. Ich denke, dass es schon cool ist, was sie auf die Beine gestellt haben. Weil mit wenig Mitteln in der 2. Liga zu bleiben und eine saubere Saison zu spielen, das verdient Respekt. Und das ist auch unser Ziel, in dieser Saison den Klassenerhalt zu schaffen. Und wenn uns das gelingt, dann hat uns Dornbirn als Vorbild gedient. Wird uns nichts helfen, denn wir müssen unser eigenes Spiel machen. Aber das, was die geschafft haben, das wollen wir auch tun. 

LAOLA1: Den Trainer des FC Dornbirn, Thomas Janeschitz, kennen sie ja schon lange aus dem Verband, sie waren beide als Trainer für ÖFB-Nachwuchs-Auswahlen tätig. Sie hätten wahrscheinlich auch nicht gedacht, dass Sie sich in Vorarlberg in der 2. Liga wieder mal über den Weg laufen werden, oder? 

Heraf: Das war nicht zu erwarten. Aber auf der anderen Seite: Fußball schreibt so seltsame Geschichten und die Welt ist so klein. Man trifft sich immer irgendwo ein zweites oder drittes Mal. Wir waren lange beim ÖFB Kollegen. Wir waren neun Jahre gemeinsam da, haben immer ein sehr gutes Verhältnis gehabt. Und das hat sich auch nicht verändert.

LAOLA1: Hilft es denn im Spiel, wenn man das Gegenüber kennt? Oder ist das ein Ding, was medial immer hochgepusht wird und schlussendlich eigentlich wurscht ist? 

Heraf: Wenn man den gegnerischen Trainer kennt, das bringt nichts. Wenn man die gegnerische Mannschaft kennt, bringt das sogar sehr viel. Da gehe ich immer nach den Gesetzen von Sunzi, "Die Kunst des Krieges". Der sagt: "Wenn du dich und deinen Gegner kennst, dann brauchst du den Ausgang von 100 Schlachten nicht zu fürchten. Wenn du nur dich, aber nicht deinen Gegner kennst, wirst du für jede Schlacht, die du gewinnst, auch eine Niederlage einstecken." Und somit ist es für mich ganz klar, dass du natürlich in erster Linie über dich selbst wissen musst: Was kann ich, was kann ich nicht? Zweiteres ist oft die wichtigere Frage. Aber genauso über den Gegner so viele Informationen wie möglich haben musst. Das ist etwas, auf das ich sehr großen Wert lege. Und darum wird mich Dornbirn nicht überraschen können. Nicht der Trainer und nicht die Mannschaft. Aber die Wahrheit liegt am grünen Gras und die Spieler müssen es richten. 

"Mit wenig Mitteln in der 2. Liga zu bleiben und eine saubere Saison zu spielen, verdient Respekt. Was Dornbirn geschafft hat, wollen wir auch schaffen."

Andreas Heraf, über die Vorbildfunktion des FC Dornbirn

LAOLA1: Für Sie ist es ja nicht das erste Ländle-Derby. Sie waren vor 20 Jahren schon mal da, damals bei Austria Lustenau. Die Gegner hießen FC Lustenau und Altach. Was haben Sie für Erinnerungen an diese Derbys? 

Heraf: Weniger Erinnerungen an die Spielverläufe und Resultate, mehr an die Stimmung. Das war schon gut, das war schon spannend. Ich war natürlich auch noch ein viel jüngerer Trainer. Das war für mich auch etwas Besonderes, mehr als jetzt, von der Gefühlslage her. Man hat das schon gemerkt an so einem Spieltag - das war schon prickelnd. Und ich freue mich schon. Es ist was anderes, wenn man so ein Lokalderby hat. Das werden wir mit Freude angehen. 

LAOLA1: Wenn man sich anschaut vor 20 Jahren, als sie in der 2. Liga bei Austria Lustenau waren - da haben Mannschaften in der Liga gespielt wie der SC Interwetten, Bad Bleiberg, der FC Gratkorn. Exoten, die dann auch irgendwann wieder kein Geld hatten. Würden Sie sagen, in der 2. Liga hat sich seitdem in positiver Hinsicht etwas getan - von den Namen, die jetzt da sind, von der wirtschaftlichen Gesundheit, die jetzt vielleicht eher gegeben ist? 

Heraf: Ja. Das hat auch mit Lizenzierungsverfahren zu tun und mit höheren Auflagen, die die Liga verlangt. Es wird aber immer irgendwelche Überraschungsteam aus irgendwelchen kleineren Ortschaften geben, die dann plötzlich im Profifußball sind - genauso wie Traditionsvereine wie den DSV Leoben oder uns. Dann verschwinden wieder andere von der Bildfläche. Ich glaube, das ist der Lauf der Dinge. Die Vereine und die Liga versuchen natürlich, immer professionellere Bedingungen zu schaffen. Das ist auch gut so, denn das macht den Fußball besser. Vor 20 Jahren ist das ganz anders gewesen. 

LAOLA1: Hier in Bregenz wird in wenigen Monaten gebaut, Austria Lustenau weicht hierher aus, das Stadion wird deshalb bundesligatauglich gemacht. Den SW-Bregenz-Vorstand würde ich grundsätzlich als ambitioniert bezeichnen. Da hört man auch, dass mittelfristig ein Aufstieg schon ein Ziel wäre. Ist es mittelfristig denn realistisch, dass SW Bregenz wieder in der Bundesliga spielt? Oder ist das ein Luftschloss, das noch sehr, sehr weit weg ist? 

Heraf: Das ist im Moment ganz, ganz weit weg. Man darf nicht vergessen, wir haben vor kurzem ein Riesenziel erreicht, dass lange Zeit nicht erreicht wurde. Es ist 18 Jahre her, dass man in der Bundesliga war. Es stimmt schon: Wenn man sich das anschaut, das Stadion, das bundesligatauglich wird, Bregenz als Landeshauptstadt, die Tradition und Bundesliga-Vergangenheit: Es spricht nicht vieles dagegen, dass es wieder einmal Erstliga-Fußball in Bregenz geben kann. Aber das ist im Moment überhaupt kein Thema. Weil, und das muss man nüchtern akzeptieren, Bundesligafußball verlangt ein Budget jenseits irgendwelcher Vorstellungen, die wir im Moment stemmen können. Es ist auch kein Plan ausgefertigt, in wie vielen Jahren wir wieder oben sein wollen, wie das Leoben macht.

Wir versuchen in dieser Saison ganz einfach, die Liga zu halten, versuchen dann wahrscheinlich nächstes Jahr den einen oder anderen Tabellenplatz nach oben zu klettern. Und wenn sich irgendwann mal die Situation ergeben sollte, dass jemand sagt, "Wir unterstützen den Verein" oder "Der Verein hat die Möglichkeit, dies und das und das zu tun" - dann kann man sich Gedanken machen, ob es irgendwann einen Angriff auf die erste Liga rechtfertigt. Aber es braucht riesige Budgets, um so einen Angriff zu starten. Und du hast niemals die Garantie, dass der Angriff auch erfolgreich ist. Darum ist das kein Thema. Null. 


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