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Reifen-Gate: Die Chronologie der Ereignisse

Reifen-Gate: Die Chronologie der Ereignisse

Am Donnerstag ist es soweit. Mercedes und Pirelli müssen sich vor dem FIA-Tribunal verantworten. Grund ist der umstrittene Reifentest in Barcelona.

Bevor es soweit ist, rollen wir die Geschichte noch einmal auf.

Die folgenden Ereignisse finden zwischen dem 26. Mai und dem 18. Juni statt.

Die Formel 1 ist das Thema, aber Politik der Hintergrund.

26. MAI, MONACO - VORMITTAG

Mercedes fiebert dem Start des KIassikers im Fürstentum entgegen. Nico Rosberg steht auf Pole Position und hofft in den engen Gassen von Monaco auf den ersten Saisonsieg für die Silberpfeile. Aber vor dem Start spricht niemand über das Rennen, aber alle über Mercedes. Nach dem Grand Prix von Spanien hat das Team rund um Toto Wolff für den Reifenhersteller Pirelli 1.000 Testkilometer absolviert. Eingesetzt wurden Reifen, die für die Saison 2014 vorgesehen sind. „Das verstößt klar gegen das Sportgesetz“, klagt Red-Bull-Racing-Teamchef Christian Horner und kündigt Protest an. „Mercedes hat nichts falsch gemacht. Sie haben die FIA und alle anderen um Erlaubnis gefragt“, behauptet Mercedes-Aufsichtsratschef Niki Lauda.

26. MAI, MONACO - NACHMITTAG

Mercedes siegt im Grand Prix von Monte Carlo, die Schlagzeilen gehören aber dem Reifentest. Motorsportchef Wolff wehrt sich. „Wir haben sicher keinen Vorteil daraus gehabt. Es ist schade für diesen Sport, dass immer alles in den Dreck gezogen werden muss.“ Es stellt sich heraus, dass Pirelli einen Vertrag hat, der dem Hersteller erlaubt, pro Saison 1.000 Kilometer zu testen. Eine Grauzone im Reglement ist geschaffen. Das Rennergebnis in Monaco bleibt unverändert, Red Bull Racing und Ferrari legen aber Protest ein. Auch Ferrari hat Testkilometer für Pirelli absolviert – allerdings mit einem Auto der 2011er-Saison.

26. MAI, MONACO - ABEND

Die FIA nimmt zu den Vorwürfen gegen Mercedes und Pirelli Stellung. Sie betont, dass die Italiener der sportlichen Fairness wegen jedem Rennstall einen solchen Reifentest anbieten muss. „Die FIA hat keine Bestätigung dafür erhalten, dass jedem Team die Chance gegeben worden ist, an diesem Test teilzunehmen“, heißt es in der Stellungnahme. Zudem habe man Mercedes und Pirelli darauf aufmerksam gemacht, dass ein solcher Test eventuell gegen das Team ausgelegt werden könnte.

31. MAI, MAILAND

Pirelli wehrt sich gegen die Vorwürfe und behauptet, dass Mercedes keinen Vorteil aus dem Test in Barcelona gezogen hat. „Den Nutzen hat nur Pirelli und die Formel 1 im Allgemeinen“, sagt Motorsportchef Paul Hembery. „Mercedes hat blind getestet. Sie hatten keine Ahnung, was sie testen“, begründet der Brite sein Statement.

"Wir haben schon am 12. März 2012 alle Teams angeschrieben und ihnen die Möglichkeit angeboten, Entwicklungsfahrten für die Reifengeneration 2014 durchzuführen. Die Resonanz darauf war eher gering und Mercedes war das erste Team, das dann auf uns zukam“, erklärt er weiters das Zustandekommen des Tests.

Für den Streitpunkt der Fahrzeugwahl war allerdings nur Mercedes zuständig. „Wir haben lediglich darum gebeten, dass der Test mit einem repräsentativen Fahrzeug durchgeführt wird. Welches Auto während der Testfahrten zum Einsatz kam, war Bestandteil einer Diskussion zwischen Mercedes und der FIA. Das ist auch aus dem Emailverkehr zwischen dem Team und Pirelli ersichtlich.“

31. MAI, PARIS

Die FIA fordert auch Ferrari auf, eine Stellungnahme abzugeben, da die Scuderia nach dem Bahrain GP mit einem 2011er-Boliden Testkilometer absolviert hat.

1. JUNI, BRACKLEY

Mercedes will bis auf weiteres keine Stellungnahme mehr zur Causa abgeben. „Wir haben uns gewissermaßen eine Nachrichtensperre auferlegt, weil wir bis nächste Woche einen Fragenkatalog beantworten müssen“, sagt Wolff. „Wenn wir jetzt in den Medien kommunizieren, was wir erwarten oder nicht, schießen wir uns selbst ins Knie.“

4. JUNI, MILTON KEYNES

Christian Horner verteidigt Ferrari und ihre Testfahrten in Bahrain. „De la Rosa ist zwar ein aktueller Fahrer, aber sie haben nicht das Auto von 2013 verwendet“, sieht er die Italiener ohne Schuld. Dafür schießt er scharf gegen die Geheimhaltung des Tests von Mercedes. „Es gibt eine bestimmte Herangehensweise, wenn man nicht will, dass andere etwas mitbekommen. Andernfalls hätten sie es öffentlich verkünden können, wie sie es bei all ihren anderen Aktivitäten machen.“

5. JUNI, LONDON

Mercedes und Pirelli müssen sich wegen der Reifentests vor dem Tribunal des Automobil-Weltverbandes FIA verantworten. Gegen Ferrari werden keine Ermittlungen aufgenommen, da kein Verstoß gegen geltende Regeln vorliegt. Die Nachricht erreicht die Silberpfeile kurz vor Mitternacht auf dem Weg nach Montreal zum Grand Prix von Kanada. "Wir begrüßen die Möglichkeit, die vollständigen Fakten des Pirelli-Tests in einer offenen und transparenten Weise darlegen zu können", lautet die Stellungnahme von Mercedes.

7. JUNI, MONTREAL

Der Termin für das FIA-Tribunal wird bekannt. Mercedes und Pirelli müssen sich am 20. Juni in Paris verantworten.

8. JUNI, MONTREAL

„Wir vertrauen dem Tribunal“, versichert Ross Brawn, Teamchef der Silberpfeile. Der Brite übernimmt die Verantwortung, den Test für sein Team abgesegnet zu haben. „Wir hätten den Pirelli-Test nicht gemacht, wenn wir nicht geglaubt hätten, dass wir ihn machen können“, so der 58-Jährige.

Pirelli freut sich auf das FIA-Tribunal. „Wir wollen unsere Situation und unsere Sicht der Dinge darlegen und erklären. Der Sinn eines Tribunals ist es, alle Daten und Fakten auf den Tisch zu legen und anzusehen“, sagt Hembery.

9. JUNI, MONTREAL

Red-Bull-Motorsportdirektor Helmut Marko sieht bei Nichtahndung des Tests seitens des FIA-Tribunals große Probleme auf die Formel 1 zukommen. „Wenn dieser Test ohne Konsequenzen durchgewinkt wird, würden alle Verhandlungen über Kostenbegrenzung über Bord gehen. Das wäre die Öffnung der Büchse der Pandora, die wir dann kaum jemals wieder schließen könnten.“ Am selben Tag beschließen die Sportdirektoren aller Teams, dass Testfahrten während der Saison ab 2014 wieder erlaubt sind. Geplant sind vier Tests zu je zwei Tagen. Sie sollen am Dienstag und Mittwoch nach einem Grand Prix auf der jeweils aktuellen Strecke gefahren werden.

13. JUNI, PARIS

Bernie Ecclestone meldet sich zu Wort. Er glaubt nicht, dass Pirelli etwas Falsches gemacht hat, sondern sieht Mercedes in der Verantwortung. „Wenn man mir Diebesgut anbietet, dann muss ich entscheiden, ob ich es annehme oder nicht. Es obliegt niemandem, mir zu sagen, was ich tun soll. Ich sollte wissen, was ich tun sollte“, erklärt er seine Meinung.

15. JUNI, FRANKFURT

Rufe einflussreicher Mercedes-Aktionäre nach dem Ausstieg des Teams aus der Formel 1 werden laut. „Hier gibt der Konzern dreistellige Millionenbeträge aus, die niemandem etwas bringen“, sagt Michael Muders, Manager bei Union Investment in der „Welt am Sonntag“. „Daimler verkauft unserer Meinung nach kein einziges Auto mehr, weil Mercedes in der Formel 1 vertreten ist.“

16. JUNI, BRACKLEY

Hoffnung für Mercedes. Laut Informationen des „Guardian“ existiert eine E-Mail, in dem Formel-1-Renndirektor Charlie Whiting die ausdrückliche Erlaubnis erteilt, den Test durchzuführen. „Unsere Überzeugung ist, nichts Falsches getan zu haben. Wir haben unsere Unterlagen aufbereitet, mehr können wir nicht machen“, hält Toto Wolff fest.

18. JUNI, BRACKLEY

Weder Motorsportchef Wolff, noch Aufsichtsratschef Niki Lauda werden beim FIA-Tribunal in Paris für Mercedes anwesend sein. Nur Teamchef Ross Brawn, sowie maßgebliche Ingenieure und das Rechtsteam des Rennstalls werden vor Ort sein. „Ich habe ein reines Gewissen“, sagt Brawn.

 

Nun wartet alles auf eine Entscheidung.

 

Andreas Terler