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"Benders haben ein positives Wurschtigkeits-Gefühl"

Kurz vor 22:30 Uhr herrschte am Sonntagabend nicht nur in Deutschland Ausnahmezustand.

Auch in St. Michael in der Steiermark kannte der Jubel keine Grenzen. Wohl fiel dieser nach außen ruhiger aus, doch innen brannte es in Walter Schachner.

Kein Wunder, hatte doch Lars Bender gerade das 2:1-Siegestor für Deutschland gegen Dänemark erzielt. Jener Lars Bender (23), dem der damalige 1860-Trainer 2006 das Profi-Debüt ermöglichte.

Genau wie dessen Zwillingsbruder Sven, der bei Meister Dortmund spielt, aber im Gegensatz zum in Leverkusen tätigen Lars nicht den endgültigen Sprung in den EM-Kader geschafft hat.

„Lars war immer schon der etwas härtere“, erinnert sich der 55-jährige Trainer an seinen ehemaligen Schützling, der in Deutschland bereits zum „coolen Helden“ hochstilisiert wurde.

Im LAOLA1-Interview spricht der nunmehr ehemalige LASK-Coach Schachner über das Emporkommen der Bender-Zwillinge, den vakanten Trainer-Posten in Salzburg und Kevin Wimmer.

LAOLA1: Wie ist es Ihnen beim Siegestor von Lars Bender ergangen?

Walter Schachner: Mein Herz ist aufgegangen, es war ein Wahnsinn. Ich habe mich so gefreut. Das ist bei mir immer so, wenn ich jemanden kenne und der so etwas leistet. Da kriege ich Gänsehaut, wenn ich ihn jubeln sehe. Ich habe beide auch vergangenen Sommer zufällig in Lignano im Urlaub getroffen. Da sind sie mir entgegengekommen, wir haben uns umarmt. Das war einfach ein Traum.

LAOLA1: Warum haben Sie die beiden damals mit 17 Jahren in die Kampfmannschaft geholt?

Schachner: Man hat damals schon bei den Amateuren, die von Marco Kurz trainiert wurden, ihr Talent und ihr Potenzial gesehen. Ich hatte damals auch einige Verletzte und deswegen habe ich sie in den Kader aufgenommen. Lars war der etwas härtere, deswegen hat er auch öfter bei mir gespielt. Das sieht man am EM-Kader (Sven wurde gestrichen, Anm.), da hat der Lars das Eitzerl mehr. Sie haben aber beide in jungen Jahren viel auf sich genommen, kommen ja aus Rosenheim und sind immer von dort nach München ins Training gefahren worden. Damals gingen sie noch in die Schule.

LAOLA1: Lars wurde nach dem Siegestor als cool und abgeklärt beschrieben, wirkte auch so in den Interviews. War das früher auch schon so?

Schachner: Ja, auf jeden Fall. Sie waren früher immer schon so abgezockt, hatten ein positives Wurschtigkeits-Gefühl. Sie haben sich nicht beirren lassen, über nichts aufgeregt, sondern immer gleich nach vorne geblickt. So spielen sie auch. Sie sind nicht die spektakulären Spieler, aber enorm wichtig für ein Team.

LAOLA1: Wie haben Sie die Entwicklung bis heute verfolgt?

Schachner: Ich habe sie immer verfolgt, sie sind ja zu Nationalspielern herangereift. Ich habe natürlich nicht alle Spiele in der deutschen Bundesliga gesehen, aber wenn sie Löw einberuft, dann muss schon eine Qualität vorhanden sein. Da haben sie sich schon weiterentwickelt.

Die Benders mit Walter Schachner auf dem 1860-Foto im Jahr 2006

LAOLA1: Inwiefern hat Sie diese Entwicklung auch überrascht?

Schachner: Insofern, als dass Deutschland ja nicht klein ist. Da gibt es bei 80 Millionen Einwohnern viel Potenzial an Fußballern und es gibt auch viele, die im Stärkebereich der Benders liegen. Aber sie haben sich durchgesetzt, dafür brauchst du auch einen Trainer, der das ein wenig forciert. Beispiel Podolski: Er hat nicht ganz so gut gespielt zuletzt, auch gegen Dänemark trotz Tor nicht, aber Löw weiß, was er an ihm hat. Und das ist wichtig für die Spieler. Löw kann man sowieso nur zu seinen Leistungen gratulieren.

LAOLA1: Wie viel Walter Schachner steckt in dem Tor gegen Dänemark? Haben Sie etwas wiedererkannt, das Sie Ihrem früheren Schützling mitgegeben haben?

Schachner: Nein. Ich denke, es war auch viel Instinkt dabei. Lars ist die ganze Seite runtergelaufen, der Pass war eigentlich nicht für ihn gedacht, das ist dann auch Instinkt. Er wollte da vorne dabei sein und nicht nur hinten absichern. Das war auch schon in der Jugend so. Sie haben beide eine enorme Laufbereitschaft, immer schon gehabt. Lars hat bravourös gespielt, ohne Fehler.

LAOLA1: Kommen wir zu Ihnen: Mit dem LASK haben Sie in Frieden die Zusammenarbeit beendet?

Schachner: Ja, das war eigentlich nur eine Formsache, weil ich mich für die Regionalliga noch zu jung fühle. Wir haben das klipp und klar angesprochen. Ich habe eher Ambitionen nach oben.

LAOLA1: Wie sehr interessiert Sie dann der Trainerjob bei Red Bull Salzburg? Davon war zu lesen.

Schachner: Lesen tue ich auch viel (lacht). Bei der Austria war ich etwa Favorit der Fans. Aber so lange sich niemand bei mir meldet, ist das für mich alles nur ein Gerücht.

LAOLA1: Aber Ihr Angebot, mit Herrn Mateschitz auf einen Kaffee zu gehen, steht?

Schachner: Ja, weil ich gerne einmal mit ihm reden würde. Er ist eine Top-Persönlichkeit in Österreich, er interessiert mich und ich würde gerne auch etwas über seine Philosophie erfahren. Er ist ein toller Mensch, der sehr viel erreicht und ein Imperium aufgebaut hat. Er ist Steirer, ich bin Steirer, das interessiert mich einfach, wie das alles so funktioniert hat. Auf so einen Kaffee gehen, das meine ich damit, auf ein Plauscherl.

LAOLA1: Würden Sie sagen, Sie kämen für Red Bull in Frage?

Schachner: Ich glaube schon, dass mein Name für die Marke okay wäre. Ich habe unseren Fußball auch im Ausland vertreten und das nicht einmal so schlecht. Daher gehe ich davon aus, dass auch ich eine gute Marke bin. Aber das ist nicht das Wichtigste, wichtig ist, dass Salzburg einen Trainer findet.

LAOLA1: Sehen Sie sich realistisch gesehen im Kandidatenkreis?

Schachner: Schwierig. Ich komme immer wieder auf dieselbe Antwort, denn ich kenne die Philosophie nicht. Daher kann ich die Frage auch nicht beantworten. Ich sage einmal so, Red Bull kann auch im Fußball etwas bewegen und könnte höher stehen. Wenn du es in der Formel 1 schaffst, dann geht es auch im Fußball. Man muss es nur richtig angehen.

LAOLA1: Es gab eine Debatte über die Sinnhaftigkeit der Relegation. Wie stehen Sie dazu?

Schachner: Es sollte keine geben, die Meister sollten aufsteigen. Denn bei der Relegation kannst du etwa einen schlechten Tag erwischen, das finde ich, so wie es aktuell ist, nicht gut. Wie die Lösung dafür aussieht, kann ich nicht sagen. Dafür gibt es Gescheitere wie mich, deren Köpfe rauchen (lacht).

LAOLA1: Schließen wir den Kreis mit einem jungen Spieler: Wie stehen Sie zu Kevin Wimmers Wechsel zum 1. FC Köln, der kurz bevor steht?

Schachner: Kevin Wimmer erinnert mich an den jungen Emanuel Pogatetz. Den habe ich 2000 aus Graz zum FC Kärnten geholt. Er hat dann bei mir alle Spiele gespielt, Top-Leistungen gebracht und ein Angebot von Leverkusen bekommen. Ich habe ihm damals geraten, nicht zu gehen und zumindest noch ein Jahr hier zu spielen. Er hat dort Regionalliga gespielt, ließ sich später nach Aarau verleihen, wo er auch weniger gespielt hat. Da war für mich die Karriere an der Kippe. Glücklicherweise ist er dann wieder zu mir zum GAK gekommen (lacht). Was Kevin betrifft: Ich denke, er ist noch nicht so weit. Er hat den Charakter, den Ehrgeiz und die körperlichen Voraussetzungen. Normalerweise kann nicht viel schief gehen. Aber ob ein Jahr Erste Liga in Österreich für Köln reicht? Diese Frage stelle ich mir. Ich wünsche es ihm aber natürlich, denn schließlich wäre ich dann auch stolz. Ich habe viele Junge herausgebracht, das taugt mir, wenn sie im Nachhinein so Erfolg haben. So wie Lars Bender.

 

Das Gespräch führte Bernhard Kastler

LAOLA1: Was macht Red Bull falsch?

Schachner: Das weiß ich nicht, ich bin nicht involviert. Deswegen könnte man das bei einem Kaffee besprechen (lacht).

LAOLA1: Haben Sie einen Plan B? Bis auf Salzburg sind alle Trainer-Posten im heimischen Profi-Fußball besetzt.

Schachner: Mein Plan B sieht so aus, dass ich jetzt einmal in den Urlaub fahre. Dann werde ich auch ein paar Vereine besuchen, in Österreich hospitieren. Viele ausländische Teams kommen ja hierher, Felix Magath etwa werde ich mir anschauen, das steuere ich tageweise von St. Michael aus.

LAOLA1: Ansonsten bleiben Sie derweil verfügbar?

Schachner: Genau. Es kann schon einmal vorkommen, dass man mehrere Monate Pause hat.

LAOLA1: Hat es Sie eigentlich überrascht, dass Karl Daxbacher beim LASK den Job übernommen hat?

Schachner: Ein wenig schon. Karl geht ja doch mehr oder minder von der Austria in die Regionalliga und dort wird es nicht so einfach sein, nachdem die Lizenz entzogen wurde. Bei der Austria hat Karl ja doch alles gehabt. Die Struktur wird beim LASK nicht so professionell sein wie noch in der Ersten Liga. Der Aufstieg ist zudem nicht einfach, die Regionalliga Mitte wird kommende Saison interessant: Pasching, Klagenfurt, GAK, Villach und LASK – da hast du schon einmal fünf Vereine, die um den Aufstieg kämpfen und dann kommt noch die Relegation. Das Punkterl am „i“. Ein sehr weiter Weg.