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Braathen wollte vor Wengen-Sieg schon abreisen

Sensations-Sieger wollte nach dem 1. Slalomlauf schon aus Wengen abreisen...

Braathen wollte vor Wengen-Sieg schon abreisen Foto: © getty

Damit hat niemand gerecht, am allerwenigsten wohl er selbst: Lucas Braathen fährt im Slalom von Wengen sensationell von Rang 29 aus noch zum Sieg!

Dabei rechnete der 21-jährige Norweger nach einem Rückstand von 2,04 Sekunden auf Halbzeit-Leader Henrik Kristoffersen gar nicht mehr damit, im 2. Durchgang der Top 30 überhaupt starten zu dürfen.  

"Ich war nach dem ersten Durchgang schon fast im Zug, bis mir die Trainer sagten, ich habe mich doch qualifiziert", erzählt Braathen im ORF-Interview. Er durfte - sechs Hundertstel sei Dank - noch einmal fahren. 

Ungläubig beobachtete der Norweger dann, wie er im Finale auf dem klassischen Hang am Lauberhorn Platz um Platz gutmachte. Am Ende hatte er nach seinem zweiten Weltcupsieg sogar Tränen in den Augen. 

"Es ist verrückt! Es ist nicht möglich, von Rang 29 ein Rennen zu gewinnen. Der Rückstand war zwei Sekunden. Ich hatte im 2. Lauf ein gutes Gefühl und wusste, das war schnell. Ich weiß nicht, was ich sagen soll", suchte Braathen nach Worten. Siegerliste Slalom in Wengen >>>

In der Vorwoche brach Braathen den RTL in Adelboden ab

Sein Stern ging vor fast genau zwei Jahren in Kitzbühel auf, als er im Slalom am Ganslernhang im ersten Durchgang mit Startnummer 34 völlig unerwartet zur Führung fuhr. Am Ende belegte Braathen Platz vier. Beim Saison-Auftakt 2020/21 feierte er im Riesentorlauf auf dem Rettenbachferner in Sölden seinen ersten Weltcupsieg. 

Im Jänner 2021 dann der erste große Rückschlag: Im Riesentorlauf in Adelboden kommt er kurz vor dem Ziel zu Sturz und zieht sich eine schwere Bänderverletzung im Knie zu. Die Folge: Eine Operation und sechs Monate Pause. 

In der Vorwoche stellte sich Braathen erstmals seit seiner Verletzung wieder dem schwierigen Hang in Adelboden - und brach seinen Lauf just vor der Einfahrt in den Zielhang ab. Der 21-Jährige fühlte sich körperlich nicht bereit. 

"Das war ein schwerer Tag für mich", erklärt Braathen rückblickend nach seinem Sieg in Wengen. "Das war jetzt eine gute Revanche für Adelboden."

Der Brasilianer in Braathen

Wie sein voller Name Lucas Pinheiro Braathen schon verrät, ist er der Sohn eines Norwegers und einer Brasilianerin. 

"Eigentlich hätte ich Fußballer werden sollen" verriet Braathen nach seinem Durchbruch im Weltcup der "L'Equipe". Irgendwie naheliegend, wenn die Mutter aus Brasilien, der Wiege des Fußballs, stammt.

Mit dem Skifahren hat Braathen im Alter zwischen drei und vier Jahren begonnen. Lange Zeit war es nur ein Hobby, vergleichsweise spät, mit neun Jahren, wurde die Rennfahrer-Karriere in Angriff genommen.

Norwegens Hoffnung auf den Gesamtsieg

Braathen besuchte das renommierte Ski-Gymnasium in Oslo. Als 16-Jähriger bestritt er 2016 sein erstes FIS-Rennen, aufgrund der guten Ergebnisse stieg er bereits ein Jahr später in den Europacup auf. Die rasante Entwicklung setzte sich fort: Am 8. Dezember 2018 feierte er im Riesentorlauf in Val d'Isere sein Weltcup-Debüt, bei dem er mit Startnummer 60 als 26. auf Anhieb in die Punkte fuhr. Wenige Tage später folgte sein erster Sieg im Europacup.

Bei der Junioren-Weltmeisterschaft 2019 in Fassatal holte Braathen die Silbermedaille im Super-G und Bronze in der Kombination. Mit insgesamt drei Siegen und drei weiteren Podestplätzen entschied er in der Saison 2018/19 die Riesenslalom-Wertung des Europacups für sich. Sein Debüt im Weltcup feierte Braathen im Dezember 2018 im RTL von Val d'Isere.

Ein Zehn-Jahres-Plan, der aufgestellt wurde, als Braathen zehn Jahr alt war, sah vor, dass er im Jahr 2020 an der Weltspitze steht. Dieser Plan ging spätestens mit dem Premierensieg im Weltcup in Sölden auf und findet nun seine Fortsetzung. 

Der 21-Jährige gilt als eines der größten Talente in Norwegen und ist Hoffnungsträger für die Zukunft, auch in Sachen Gesamtweltcup-Sieg. "Er hat einen fantastischen Zugang zum Sport. Er denkt nicht über das Ergebnis nach, sondern konzentriert sich nur auf das Skifahren", erklärte Norwegens Alpinchef Claus Ryste.

Das hat Braathen auch in Wengen eindrucksvoll unter Beweis gestellt. 

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