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Ex-Rennläuferin: "Eine österreichische Unkultur"

Ex-Läuferin Helen Scott-Smith spricht über österreichische Trainer und Vergewaltigung:

Ex-Rennläuferin: Foto: © GEPA

Der Missbrauchsskandal im Skizirkus zieht immer weitere Kreise. Nun meldet sich mit Helen Scott-Smith ein weiteres Opfer.

Die Britin, ehemalige Abfahrts- und Riesenslalomspezialistin, erzählt im "Standard" von Belästigungen österreichischer Trainer rund um das Jahr 1976.

"Die Trainer haben sich die 15- bis 20-jährigen Mädchen aufgeteilt. ‚Fresh meat‘ haben sie sie genannt, und da haben sie sich bedient. Das war wirklich eine Geschichte der österreichischen Trainer. Das war eine österreichische Kultur, eine Unkultur", sagt Scott-Smith, die zuvor für die Schweiz fuhr.

"Nicht alle österreichischen Trainer, aber auch nicht nur Einzelne"

"Natürlich waren nicht alle österreichischen Trainer so, aber es waren auch nicht nur Einzelne, es waren mehr", merkt Scott-Smith an. "Vorher, als ich noch in der Schweiz gefahren bin, mit den Schweizer Trainern, ist immer alles okay gewesen. Aber im englischen Team mit den österreichischen Trainern habe ich Angst gehabt. Einer hat mich immer und immer wieder gefragt, ob ich mit ihm essen gehe. Nur du und ich, hat er gesagt. Es war klar, dass er mehr als essen gehen wollte. Da war immer Macht und Verlangen zu spüren."

Scott-Smith kämpfte als damals 15-Jährige im britischen Team um einen Startplatz bei den Olympischen Spielen 1976 in Innsbruck. "Im Herbst 1975 haben mir die Trainer gesagt, dass ich nicht im Olympia-Team für Innsbruck bin. ‚Du hast nicht alles getan, was wir von dir wollten‘, haben sie gesagt. Und ich habe gewusst, was sie damit gemeint haben."

Scott-Smith behauptete sich als junges Mädchen gegen die Männer, wollte nicht um jeden Preis ins Team. Nach dem Ende ihrer aktiven Karriere wird Scott-Smith Journalistin, ist weiter mit dem Skizirkus unterwegs. "Passiert ist mir erst Jahre später etwas, als ich schon Journalistin war. Da ist es dann richtig brutal geworden."

Vergewaltigung durch Servicemann

"Ich war oft bei den Serviceleuten, da hat man die besten Hintergrundgeschichten erfahren. Welcher Fahrer warum welchen Ski bekommt und wie der Ski präpariert wird, das sind entscheidende Fragen", erklärt Scott-Smith.

"Als ich 34 Jahre alt war, bin ich vergewaltigt worden. Vom Servicemann eines österreichischen Skifahrers. Der Tross hielt sich nach den Rennen in Aspen im März 1993 in Denver auf, alle waren im selben Hotel untergebracht, um am nächsten Tag zurück nach Europa zu fliegen. Von den Servicemännern sind etliche in ein Lokal zum Table Dancing gegangen. Kurz nach Mitternacht hat es an meiner Hotelzimmertür geklopft, und ich hab aufgemacht. Er ist über mich hergefallen, es hat nicht länger als zwei oder drei Minuten gedauert."

Warum sie sich erst jetzt offenbart und ihn nie angezeigt hat? "Wer hätte mir geglaubt? Ich hab ja die Türe aufgemacht, mein Fehler, meine Schuld. Es hat wehgetan wie verrückt, es tut jetzt noch weh. Gott sei Dank bin ich nicht schwanger geworden."

Scott-Smith weiter: "Ich wollte das schon lange erzählen, wollte das loswerden. Ich wollte nur nicht die Erste sein. Es ist gut, dass Nicola Werdenigg diesen Mut aufgebracht hat. Ich weiß, dass es viele Frauen im Skisport gibt, die viel durchgemacht haben. Viele haben weit mehr durchgemacht als ich."

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