news

Svindal: "Corona-Sorgen der Sportler sind Luxus"

Aksel Lund Svindal im Interview über große Erfolge und das Leben als "Ski-Pensionist".

Svindal: Foto: © getty

Statt seine Ex-Kollegen bei der Ski-WM in Cortina d'Ampezzo zu besuchen, stattete Aksel Lund Svindal dieser Tage Zell am See einen Besuch ab.

Als Markenbotschafter von Porsche hatte der 38-jährige Ausnahmesportler viel Zeit für Journalistenfragen – und für einen Versuch auf neuem Terrain: Im Skijöring auf einer Eispiste auf dem Zeller Flugplatz. Das kurze Abenteuer des zweimaligen Olympiasiegers, der insgesamt vier Olympia-Medaillen, fünf WM-Titel sowie zwei Gesamtweltcup-Siege und neun Disziplinen-Kugeln eroberte, ging glücklicherweise ohne Sturz aus.

Im Interview mit LAOLA1-Kolumnist Gerhard Kuntschik spricht Svindal über den Luxus der Ski-Sportler, seine bedeutendsten Erfolge und sein Leben als "Ski-Pensionist".

LAOLA1: Sind Sie überrascht, dass es inmitten der Corona-Pandemie eine Ski-WM gibt?

Aksel Lund Svindal: Ja, weil es viel schwieriger wurde, als ich früher gedacht hatte. Ich hätte im vergangenen Frühjahr, im ersten Lockdown, nicht geglaubt, dass diese Zeit über ein Jahr andauern wird. Ich meinte, spätestens im Sommer wäre alles vorbei. Aber wenn man es schafft, mit vernünftigen Regeln etwas durchzubringen, dann soll man es versuchen. Auch für die vielen Menschen im Lockdown, für die es derzeit wenig Abwechslung gibt. Da kann Sport, wenn auch nur über Medien, Freude bringen.

LAOLA1: Glauben Sie, dass Spitzensport unter den aktuellen Bedingungen, mit ständigen Tests, Leben in einer Blase usw., eine zusätzliche Belastung ist?

"Die Belastung für Spitzensportler ist sehr gering im Vergleich zum Leben der "normalen" Menschen da draußen. So gesehen sind die Sorgen der Sportler wohl Luxus. In der Bubble fehlt es ihnen ja an nicht viel."

Svindal: Ja, schon. Aber ich denke, die Belastung für Spitzensportler ist sehr gering im Vergleich zum Leben der "normalen" Menschen da draußen, die von der Pandemie schwer getroffen werden, sei es gesundheitlich, sei es wirtschaftlich mit allen Existenzsorgen. So gesehen sind die Sorgen der Sportler wohl Luxus. In der Bubble fehlt es den Sportlern ja an nicht viel.

LAOLA1: Sind Sie dem Skisport noch verbunden?

Svindal: Ich verfolge die Rennen schon, aber ich will mir nicht die Freizeit am Wochenende komplett blockieren. Da geh ich lieber selbst Skifahren. Ich habe auch keine Absicht, als TV-Kommentator zu arbeiten.

LAOLA1: Werden Sie einen WM-Besuch in Cortina machen?

Svindal: Ich hatte das überlegt, aber in der jetzigen Situation mit dem Reisen und den Grenzkontrollen tue ich mir das nicht an. Ich fahre Ende dieser Woche zurück nach Norwegen.

LAOLA1: Sie leben nicht mehr wie früher auch in Innsbruck?

Svindal: Da war ich schon länger nicht mehr in meiner Wohnung.

LAOLA1: Zu Ihrer Österreich-Beziehung gehört ja auch Red Bull

Svindal: Wir arbeiten schon viele Jahre zusammen, ich glaube, seit 2009. Ich bin kein Red-Bull-Athlet, aber wir machen immer wieder Projekte gemeinsam, mit Thomas Überall und Robert Trenkwalder ist das wie in einer Familie. Da gibt es keinen Zwang sondern wir machen etwas gemeinsam, wenn es sich ergibt.

LAOLA1: Seit wann sind Sie Porsche-Markenbotschafter?

Svindal in Zell am See

Svindal: Seit eineinhalb Jahren. Als Skirennläufer kannst du dich sehr gut in Motorsportler hineindenken. Auf der anderen Seite wird die Autobranche immer nachhaltiger, das ist ein Thema, das auch mich sehr interessiert, weil ich in nachhaltige Start-ups investiere und mich in dieser Richtung engagiere. Wir müssen jetzt auf Dinge achten, die in den vergangenen Jahrzehnten vernachlässigt oder nicht beachtet wurden. Aber mich beeindrucken auch Autoikonen wie der 911er, weil sich dabei Tradition und Innovation treffen. Da gelang ein zeitloses Design, das über Jahrzehnte nur behutsam verändert wurde und trotzdem topaktuell ist.

LAOLA1: Welchen Porsche fahren Sie privat?

Svindal: Den Taycan (erster elektrischer Sportwagen von Porsche, Anm.). Ein unglaubliches Auto.

LAOLA1: Interessiert Sie auch der Rennsport, der Motorsport meine ich…

Svindal: Ja, ich war schon einige Male in Le Mans. Mich fasziniert, wie dabei Topleistungen, stets am Limit, über eine lange Zeitspanne vollbracht werden, welche Zuverlässigkeit da von Mensch und Material erreicht wird.

LAOLA1: Zurück zum Skisport: Welche Ihrer vielen großartigen Erfolge bedeuten Ihnen selbst am meisten?

Svindal: Hmmm, da muss ich wohl mehrere nennen. Der Abfahrts-WM-Titel in Schladming 2013 war etwas Besonderes, auch wegen der Atmosphäre mit 50.000 Zuschauern. Als ich im Ziel war, war ich zu diesem Zeitpunkt eine Sekunde vor dem Nächsten, da wusste ich, das wird etwas (am Ende über eine halbe Sekunden vor Dominik Paris, Anm.). Dann sicher Olympia 2018 mit dem Abfahrtsgold nach einer weiteren schweren Verletzung. Auch das Weltcup-Comeback in Beaver Creek 2008, wo ich ein Jahr zuvor auf der Birds of Prey so schwer gestürzt war und lange im Spital bleiben musste, war für mich top.     

LAOLA1: Waren Sie einmal nach Verletzungen so entmutigt, dass Sie aufhören wollten?

Svindal: Nein, nie. Das ist in einem Rennfahrer drinnen. Aufgeben kam für mich nicht in Frage, aber zum Karriereende hin ändert sich diese Einstellung.

LAOLA1: Wer waren im Skirennsport Ihre besten Freunde, mit wem sind Sie immer noch in Kontakt?

Svindal: Fast alle norwegischen Teamkollegen sind gute Freunde, Marco Büchel ist einer, auch mit Marcel Hirscher halte ich Kontakt, ebenso mit Felix Neureuther und Ted Ligety. Auch mit jüngeren wie Ryan Cochran-Siegle. In anderen Sportarten ist Eishockeystar Mats Zuccarello (spielt für das Rossi-Team Minnesota Wild, Anm.) ein guter Freund. Wenn ich in Amerika bin, schaue ich immer NHL. Aber daheim in Norwegen ist Eishockey nicht so interessant.

LAOLA1: Was machen Sie jetzt beruflich?

Svindal: Wie gesagt, ich investiere in innovative Start-ups und bin auch im Immobiliengeschäft in Norwegen. 

Kommentare