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ÖSV-Langlauf-Chef vor Heim-WM selbstkritisch

Tiroler hat seit 15 Jahren im Langlauf das Sagen und übt Selbstkritik:

ÖSV-Langlauf-Chef vor Heim-WM selbstkritisch Foto: © GEPA

Der Langlauf-Spitzensport in Österreich hat sich in den vergangenen Jahren in der Breite nicht weiterentwickelt.

ÖSV-Disziplinen-Chef Markus Gandler gibt sich deshalb selbstkritisch, Erfolge wie etwa jene von Teresa Stadlober seien weniger dem System des Ski-Verbandes, sondern eher Einzel-Initiativen zu verdanken. Abhilfe soll mittelfristig das Konzept von Nachwuchs-Koordinator Trond Nystad schaffen.

Vorläufig muss sich Österreichs Langlauf-Szene aber noch mit recht mageren Aussichten anfreunden.

"In Summe fehlt es uns an der Quantität und deshalb auch an der Qualität, da braucht man nichts beschönigen", stellt Gandler fest und spart nicht mit Selbstkritik.

"Da ist mir in 15 Jahren als Sportlicher Leiter viel zu wenig gelungen, dass wir bei einer Heim-WM nicht mit mehr dastehen, die auch in die Top 10, 15 kommen können", so Gandler vor dem Beginn der Nordischen Titelkämpfe in Seefeld mit lediglich zwei Damen und sieben Herren aus Österreich.

Führen nur noch Privat-Initiativen zum Erfolg?

Erfolgs-Athleten gehen häufig auf Privat-Initiativen und kaum auf systematische Aufbauarbeit hervor. "Das sind Einzelerscheinungen, wo ein Umfeld wie die Eltern oder der Verein im Hintergrund sind. Das passt, aber nie das große Ganze." Dieses Problem betreffe aber nicht nur den Langlauf, sondern auch andere Ausdauer-Sortarten und ÖSV-Disziplinen.

"Ich orte es auch schon bei unseren Alpinen, dass es in kleineren Keimzellen funktioniert und nicht mehr im Großen und Ganzen", meint Gandler.

Am Beispiel der Langlauf-Damen zeigt sich das Nachwuchs-Dilemma besonders deutlich.

Durch die Ausfälle von Nathalie Schwarz (langwierige Virus-Erkrankung) und Anna Seebacher (vorzeitiges Karriere-Ende) stehen nur noch Stadlober und Lisa Unterweger im WM-Aufgebot. Dementsprechend ist in Seefeld auch keine Staffel dabei.

Keine Damen-Staffel bei Heim-WM ist ein Armutszeugnis

"Eine Damen-Staffel war ursprünglich mein Ziel, aber man braucht sich nichts vormachen, wir haben junge Athleten noch nicht so wie wir uns das vorstellen etabliert, das tut mir leid", bedauert Gandler.

Er habe sich vergeblich für ein größeres Damenteam ausgesprochen.

"Das war ein Wunsch von Nystad und mir, aber der Skiverband hat hohe Erwartungshaltungen, ich kann nur die Ergebnisse auf den Tisch legen, die die Athletinnen gebracht haben. Schlussendlich hat man gesagt, das will man da so nicht haben, weil man die Athleten auch schützen will", erklärt Gandler die Entscheidung der ÖSV-Führung gegen Nachwuchs-Athletinnen.

Er habe aber Verständnis, wenn man sage: Es ist für die eine oder andere noch zu früh. Mit mehr Leuten hätte man ohnehin nicht mehr Qualität an den Start gebracht. "Das was da ist, ist das, was der österreichische Langlauf momentan zu bieten hat. Es fehlt keiner."

Norwegischer Top-Trainer Trond Nystad soll Dilemma beenden

Um zukünftig besser dazustehen, versucht er im ÖSV seit drei Jahren das System mithilfe eines Leitfadens des norwegischen Toptrainers Nystad von unten neu aufzustellen.

"Wir haben mit ihm wieder was eingeleitet, vielleicht freut sich einmal mein Nachfolger darüber." Er selbst habe sich als "Prophet im eigenen Dorf" mit seinen Vorstellungen nicht durchgesetzt. "Ich stehe dem System vor, ich weiß, was ich in den Jahren alles probiert habe." Er habe Nystad gebraucht, der alles mit einem Konzept unterlegt und umsetzt.

Dieser Trainingsleitfaden werde an den 13 Nachwuchs-Stützpunkten in Zusammenarbeit mit den dortigen Trainern angewendet. Dazu gebe es drei-, viermal im Jahr gemeinsame Kurse. Es sei erfreulich, dass mittlerweile 400 Kinder nach dem Konzept geschult werden. "Es ist ein Erlebnis, zu sehen, dass es viele Kinder gibt, die das überhaupt tun wollen."

Vielen Nachwuchs-Sportlern fehlt es an den Grundlagen

Viele Nachwuchs-Sportler scheitern aber schon an fehlenden Grundlagen. Er vermisse es, zu sehen, dass die Kinder wie in seiner eigenen Jugend einfach draußen spielen, Wandertouren mitmachen, auf Bäume klettern oder einfach bis tief in die Nacht Fußball-Spielen dürfen.

Derlei komme leider nur noch selten vor. Die fehlenden Grundlagen müssen viele später aufholen, weshalb der Nachwuchs und oft auch die zahlenden Eltern die Geduld verlieren.

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